Der kräftige Aufwärtstrend der Märkte, an den wir uns seit der Finanzkrise dank der lockeren Geldpolitik gewöhnt hatten, weicht einem schwierigeren Umfeld, in dem Spannungen ökonomischer und finanzieller Art in den Vordergrund treten. Wir präsentieren in den folgenden drei Beiträgen aus dem Hause Henderson Global Investors Positionierungen zu den Themenkomplexen Schwellenländer, Wachstum, China und Europa.

Schwellenländer im Abwärtstrend 
von Glen Finegan 

Brasiliens Krise in Wirtschaft und Politik kann sich durchaus noch weiter zuspitzen, bevor ein Silberstreif am Horizont sichtbar wird. Andererseits trägt sie aber auch dazu bei, dass wir inzwischen dank massiv gefallener Bewertungen wieder attraktive langfristige Anlagechancen bei einzelnen Unternehmen ausmachen.

Die besten brasilianischen Unternehmen sind jene, die auch frühere Kursein­brüche vergleichsweise unbeschadet überstanden haben, die mit ihren Geschäftsmodellen solide Cashflows erwirtschaften und über solide Bilanzen verfügen. Dura­tex ist eines der Unternehmen, auf die diese Kriterien zutreffen. Brasiliens grösstem Hersteller von Holzpaneelen und Sanitärbedarf kommt der inzwischen schwache brasilianische Real zugute, der seine Produkte im Ausland wettbewerbsfähiger macht und den Export ankurbelt.

Der Risikosteuerung gilt auch weiter ein besonderes Augenmerk, wenn wir potenzielle Anlagechancen auf den Prüfstand stellen. Aus unserer Sicht ist es entscheidend, in Unternehmen mit integren Mehrheitsaktionären und Unternehmensvorständen zu investieren, die ihre Minderheitsaktionäre fair behandeln. Deshalb meiden wir gegenwärtig russische Unternehmen und haben unser Engagement an diesem Markt auf null zurückgefahren. Interessante Chancen finden wir dagegen in Indien. Dazu gehören der IT-Outsourcing-Spezialist Infosys und der Hypothekenfinanzierer HDFC, der seinen staatlichen Wettbewerbern auch künftig Marktanteile streitig machen dürfte.

Chinesische Firmen hingegen leiden häufig unter dem Manko, dass die Interessen ausländischer Minderheitsaktionäre nicht mit denen der chinesischen Regierung übereinstimmen. Selbst wenn wir ein gesundes staatseigenes Unternehmen mit vernünftiger Bewertung aufspüren, bleibt die Sorge, es könnte zum «Staatsdienst» verpflichtet werden. Und das könnte auch die Rettung eines weniger gesunden Wettbewerbers einschliessen. 

Unter dem Strich sind wir weiter von der Notwendigkeit einer überaus sorgfältigen Titelauswahl überzeugt. Aber Anlegern mit langfristigem Anlagehorizont und solidem Risikomanagement, zu denen wir uns zählen, bieten sich inzwischen wieder etliche attraktive Investmentchancen. 

Wachstum als Renditetreiber
von Paul O’Connor 

2015 betrachten wir als ein Jahr des Übergangs: An die Ära der durch quantitative Lockerungen (QE) getriebenen Märkte mit hohen Renditen schliesst sich nun eine Phase mit höheren Schwankungen und niedrigeren Renditen an. Dieser Paradigmenwechsel begann bereits im Oktober 2014, als die US-Notenbank ihr QE-Programm auslaufen liess.

Nun, da die Geldschleusen langsam geschlossen werden, gewinnt das Wachstum als Triebfeder der Finanzmärkte zusehends an Bedeutung. In unserem Basisszenario gehen wir davon aus, dass die grossen Volkswirtschaften 2016 ihre allmähliche Erholung fortsetzen. Durchwachsener stellt sich das Bild für die Schwellenländer dar, von denen sich einige stabilisieren, während andere weiter schwächeln und unter immer wieder aufflammenden Finanzproblemen leiden. Insgesamt dürfte sich der Aufschwung in den grösseren Volkswirtschaften jedoch hinreichend etabliert haben, um auch 2016 Turbulenzen in den Schwellenländern die Stirn zu bieten. 

Zwar weist der zugrunde liegende Trend bei Aktien aus unserer Sicht weiter nach oben. Für 2016 rechnen wir jedoch mit niedrigen und stark schwankenden Erträgen. In der aktuellen Zyklusphase, in der die Aktienbewertungen nicht weiter steigen und das Wachstum zum wichtigsten Renditetreiber wird, ist das durchaus normal. In einem Umfeld mit anhaltender Erholung und nachlassendem Rückenwind seitens der Geldpolitik werden die Staatsanleiherenditen 2016 unseres Erachtens weiter langsam steigen und die Kurse fallen.

In unseren Abwärtsszenarien drohen Risiken an zahlreichen Fronten: angefangen von der Liquidität an den Anleihemärkten und die Verschuldung in den Schwellenländern über die Rohstoffpreise und einen steileren Straffungszyklus der Fed bis hin zu geopolitischen Entwicklungen und anderen Risiken. Sie werden die Erholung der Weltwirtschaft nach unserer Einschätzung zwar nicht vom Kurs abbringen, aber im Jahresverlauf doch für Turbulenzen sorgen. Der Volatilitätssteuerung kommt daher eine zentrale Bedeutung zu.

China im Wandel
von Charlie Awdry 

Chinas Wirtschaft leidet unvermindert unter den widerstreitenden Bedürfnissen nach Reformen auf der einen und Schuldenabbau auf der anderen Seite. Auch der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit im verarbeitenden Gewerbe bremst die Konjunktur. Zwar schreitet der Umbau voran. Aber die sinkenden Rohstoffpreise machen deutlich, welchen Einfluss die «alte Wirtschaft» nach wie vor hat. Bedauerlicherweise schlägt sich die dynamische «neue Konsumwirtschaft» in den offiziellen Wachstumszahlen bislang noch nicht angemessen nieder. Wegen der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage müssen wir uns daher wohl auf mehr Schwankungen in den Märkten gefasst machen.

Hinsichtlich der Anlageargumente für China hat es zuletzt zwei wesentliche Veränderungen gegeben. Zum einen befindet sich der Renminbi auf Abwertungskurs, was neue Nachteile für in Sterling und US-Dollar anlegende Investoren mit sich bringt. Zum anderen erscheint die Reformagenda von Präsident Xi weniger überzeugend, denn inzwischen ist ein Punkt erreicht, an dem die Kommunistische Partei mehr Kontrolle abgeben muss. Die Folgen der Konjunkturabkühlung in China beobachten wir sehr genau. Unser Augenmerk richten wir darauf, wie sich das langsamere Wachstum  auf die Schuldendienstfähigkeit der lokalen Regierungen und insbesondere der staatseigenen Unternehmen auswirkt.

Seit Langem ist uns bewusst, dass die chinesischen Aktienmärkte mehr als andere von Emotionen, Klatsch und Nachrichten getrieben werden, was sie ohne Zweifel irrationaler macht. Unsere Maxime lautet daher unverändert: In Zeiten anhaltender Schwankungen und Hiobsbotschaften zahlt es sich aus, im Stillen gut geführte Unternehmen anzusammeln, die in Panik geratene Anleger wahllos abstossen. Hierzu zählen wachstumsstarke Qualitätsunter­nehmen aus den Konsumbranchen, von denen viele aus unserer Sicht attraktiv bewertet sind und die neben niedriger Verschuldung mit hohen Gewinnmargen und Cashflows auf sich aufmerksam machen. 

Qualitätswerte in Europa wählen
von Tim Stevenson 

Der Jahresauftakt hat die europäischen Aktienmärkte auf eine harte Probe gestellt, was angesichts der an Panik grenzenden Reaktion vieler Anleger vielleicht eine zu euphemistische Umschreibung ist. Im Zentrum der jüngsten Turbulenzen steht China, wo sich die Probleme in Politik und Wirtschaft zuletzt spürbar zugespitzt haben. Während man den offiziellen Zahlen zum Bruttoinlandprodukt (BIP) inzwischen kaum noch traut, wird wohl niemand mehr bestreiten, dass den meisten Industrieunternehmen das Wasser bis zum Hals steht. Sorgen bereiten auch die niedrigen Ölpreise. Die dürften zwar gut für Europa sein, was die Märkte aber nicht sonderlich beeindruckt. Ihr Augenmerk richtet sich vielmehr auf die Probleme bei den Staatsfonds, die gerade den Aktienanteil in ihren Portfolios zurückfahren. Und während man in Europa wohl an der äusserst entgegenkommenden Geldpolitik festhalten wird, mehren sich die Anzeichen, dass die quantitative Lockerung (QE) schlicht und ergreifend nicht hält, was man sich von ihr versprochen hat.

Im Zusammenspiel war das genug, um die Aktienkurse bei mitunter kräftigen Schwankungen innerhalb einzelner Handelstage in den Keller zu schicken. In diesen stürmischen Zeiten ist Geduld eine wichtige Tugend, wie wir immer wieder betonen. Aus unserer Sicht fällt es den Märkten rund um den Globus schwer, sich auf eine vermutlich längere Phase mit weltweit schwachem Wachstum einzustellen. Zwar bleibt die Inflation niedrig, aber zur Problembekämpfung werden die Zentralbanken voraussichtlich noch grössere Geschütze auffahren. Einerseits teilen wir grundsätzlich die geäusserten Zweifel an der Wirksamkeit dieser Massnahmen, die aber gleichwohl gewisse Erfolge zeitigen könnten. Eine echte Stütze sind die Dividendenrenditen, und früher oder später dürften die Märkte zur Rally ansetzen. Aus unserer Sicht haben wir es jedoch mit einem deutlich schwierigeren Umfeld für alle Aktienmärkte zu tun – die europäischen eingeschlossen.

Für die eher nervösen Anleger unter Ihnen dürften das mangelnde Vertrauen in die Banken und die weltweit zunehmend unsichere politische Lage das Ganze nicht besser machen. Aber ein Trost ist sicher, dass Qualitätsunternehmen sich in der Regel so entwickeln, wie man es von ihnen erwartet. 

Weitere Informationen: www.henderson.com