Ulrike Stahl ist Rednerin, Autorin und leidenschaftliche WIRologin.

Ich sitze bereits an meinem Abfluggate im Flughafen Miami. Der Flug ist etwas verspätet und es wurde noch nicht geboardet. Alles in bester Ordnung, so scheint es. Bis ich aus dem Lautsprecher höre «Ulrike Stahl. Last call.» Da fällt mein Blick noch einmal auf die Anzeige über dem Counter. Guatemala-City, lese ich – da will ich doch gar nicht hin! Blitzschnell raffe ich meine Sachen zusammen, orientiere mich und sprinte zum richtigen Gate. Der vorwurfsvolle Blick des Servicepersonals und der bereits eingestiegenen Fluggäste zeigt mir, wie spät ich dran bin. Während sich mein Puls – endlich im Sitz angekommen – langsam wieder beruhigt, wird mir klar, was passiert ist. Ich bin dem «Pippi-Langstrumpf-Syndrom» auf den Leim gegangen.

Unser Gehirn macht sich die Welt, wie es ihm gefällt. Und am besten gefällt es ihm, wenn es vorhandene Muster auf neue Situationen anwenden kann. Das spart Energie. Ich habe die Hinweise, dass ich auf dem Holzweg bin, schlichtweg ignoriert oder ausgeblendet, weil ich mir so sicher war, das richtige zu tun. Ein Flughafen ist doch wie der andere.

Was hat das mit konkurrenzlos erfolgreicher Zusammenarbeit zu tun? Wir sind so sehr an Konkurrenz und siloartige Strukturen gewohnt, dass wir leicht die Hinweise darauf übersehen, dass der Markt ganz neue Anforderungen stellt.

Die Aufgaben, vor denen Unternehmen heute stehen, sind weit komplexer und dynamischer. Der Versuch, diesen Aufgaben mit Standardlösungen zu begegnen, erhöht den Aufwand extrem und führt doch nicht zu befriedigenden Ergebnissen. Kundenbedürfnisse werden nicht oder schlecht erfüllt und Innovation dauert einfach zu lange. Natürlich hat das Befolgen vorhandener Regeln angenehme Nebeneffekte. Das gibt Halt und verschafft den Eindruck von Kontrolle. Genau damit bleiben Unternehmen aber auch leicht auf der Strecke.

Prüfen Sie jetzt genau, welche Aufgaben wirklich Standardaufgaben der Norm sind. Da können Sie weiter auf ihr vorhandenes funktionierendes System vertrauen. Alle anderen Aufgaben stellen neue Anforderungen. Einzelkämpfer und Elfenbeintürme sind out. Expertenwissen hat nur Wert, wenn es mit anderem Expertenwissen kombiniert wird. Und das wiederum erfordert neue Ansätze für die Zusammenarbeit: Kooperation zwischen Unternehmen und Raum für mehr Selbstorganisation in Unternehmen. Wer das übersieht, läuft Gefahr, den Anschluss zu verpassen oder im schlechtesten Fall sogar auf der Strecke zu bleiben.

Ulrike Stahl ist Rednerin, Autorin und leidenschaftliche WIRologin. Wie geht erfolgreiche Zusammenarbeit in einem dynamischen Umfeld? Wie entwickeln Unternehmen Strukturen, die Kollaboration und Selbstorganisation fördern? Dazu schreibt, redet und berät sie mit Begeisterung. Sie ist Autorin des Buches «So geht WIRtschaft! Kooperativ. Kollaborativ. Kokreativ.» – laut Handelsblatt eines der besten Wirtschaftsbücher.

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