Marla Eva Moser ist im Bereich Consulting & Project Management bei aizu communication GmbH tätig.

die Führungsetage wird meist immer noch mit Männern besetzt. Was ist der grund? alexandra hochuli und Flurina stöckli teilen sich die leitung der KiMi Krippen ag. im interview mit kmurundsChau sprechen sie über ihre Karrieren, den Wandel des Frauenbildes in der arbeitswelt und diversität.

Alexandra Hochuli und Flurina Stöckli, Sie beide sind Frauen in führenden Positionen – warum sind Ihrer Meinung nach Frauen in Führungspositionen heutzugtage immer noch untervertreten?
Alexandra Hochuli: Für viele Unternehmer ist leider immer noch die Verfügbarkeit der Mitarbeitenden und potenziellen Führungskräfte entscheidend. Je länger jemand im Büro anwesend ist, desto eher wird vorausgesetzt, dass diese Person für Führungspositionen geeignet ist. Dazu kommt, dass unsere Gesellschaft immer noch die Mutter in der Hauptrolle der Familienversorgung sieht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Mütter – auch in Führungspositionen und wenn sie Teilzeit arbeiten – sehr motiviert sind. Sie schätzen die Abwechslung zur Kindererziehung und darüber hinaus die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Flurina Stöckli: Das kann ich bestätigen. Zudem habe ich in meinen vorangehenden Funktionen leider auch die Erfahrung machen müssen, dass sich Frauen Führungsrollen immer noch viel weniger zutrauen als Männer. Für Männer ist es viel selbstverständlicher, einen Führungsjob anzunehmen, selbst wenn sie – wie das bei neu zu übernehmenden Funktionen fast immer der Fall ist – nicht alle Kompetenzen mitbringen. Frauen tun sich viel schwerer damit, sich auf eine Führungsposition zu bewerben; sie wollen von Vornherein zu 100 Prozent genügen. Da helfen meist nur intensive Gespräche und den Frauen aufzuzeigen, dass sie in ihrer neuen Führungsrolle begleitet und gecoacht werden. An alle Frauen: bitte mehr Mut!

Sie teilen sich gemeinsam die Leitung der KIMI Krippen AG. Warum haben Sie sich für dieses Modell entschieden und was ist an dieser Position besonders?
Hochuli: Das Modell war ein Vorschlag unseres Verwaltungsratspräsidenten. Die Geschäftsführung eines Unternehmens wie KIMI ist eine grosse Verantwortung; wir haben über 350 Mitarbeitende. Ich schätze es, die Leitung mit Flurina zu teilen. Wir ergänzen uns und können gegenseitig von unseren Erfahrungen profitieren. Wir werden uns operativ auf unsere jeweiligen Bereiche konzentrieren, strategisch aber gemeinsam führen. Stöckli: Zu Beginn steht immer die Frage: Wollen wir die Co-Leitung splitted oder shared ausüben? Und für uns war klar, dass wir unsere Kernkompetenzen am besten im Splitted-Modell einbringen können. Strategisch führen wir gemeinsam, das heisst, es bedarf genauer Absprachen und einer klaren Aufgabenteilung. Dazu planen wir unter anderem regelmässig Zeit ein, um uns auszutauschen und anstehende Aufgaben zu besprechen, aufzuteilen und Entscheidungen zu treffen. Wir sind glücklich, dass wir ausserdem auf eine erweiterte Geschäftsleitung zurückgreifen können, in der uns zwei weitere Frauen kompetent unterstützen.

Wie sind Sie zu den Positionen gekommen, die Sie heute haben? Welche Hürden mussten Sie dafür überwinden?
Hochuli: Nun, ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch, hatte aber nie das Bedürfnis, Karriere zu machen. Wichtig war mir, mit meiner Arbeit was zu erreichen; persönlich und auch für das Unternehmen. Mein Ziel war es immer, mich weiterzuentwickeln und interessante Menschen kennenzulernen, Probleme zu lösen und Innovation voranzutreiben. Hürden habe ich immer als Herausforderung gesehen. Zum Beispiel war mein Schulenglisch nicht berauschend, also habe ich mich laufend in internationalen Unternehmen beworben, damit ich die Sprache regelmässig sprechen musste. Ich bin der Meinung, dass man mit harter Arbeit, Leidenschaft und ein bisschen Glück fast alles erreichen kann. Und Rückschläge gehören auch dazu. Stöckli: Mir erging es damals sehr ähnlich. Zudem wurde ich von vielen vorgesetzten Personen gefordert und auch gefördert. So führte mich mein Weg Schritt für Schritt auf die Führungsebene; zuerst ein kleines Team, dann einen Bereich und schliesslich die oberste Hierarchiestufe. Für mich war die Sinnhaftigkeit der Arbeit immer wichtig und dass ich voll zu den Produkten und Dienstleistungen meiner Arbeitgeberinnen stehen kann. Das erlebte ich sowohl bei meinen vorangehenden Funktionen in den kantonalen Verwaltungen als auch jetzt bei KIMI. Auf meinem Weg musste ich aber auch einiges einstecken. So habe ich beispielsweise feststellen müssen, dass ich ein paar Mal als optimale Kaffeekocherin angesehen wurde oder mir Bettgeschichten mit der Führungsetage unterstellt wurden. Das fand ich immer interessant, denn einem Mann würde so was nie nachgesagt.

Wie sind Sie im Laufe Ihrer Karriere mit dem Thema «Geschlecht» umgegangen? Hat sich Ihre Sicht auf die Situation verändert?
Hochuli: Es gibt viele Frauen, die ich sehr schätze und die ein grosses Potenzial haben. Aber auch genauso viele Männer. Für mich hat das Geschlecht im Berufsleben nie eine Rolle gespielt. Ich finde es wichtig, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die ähnliche Werte vertreten und zusammen etwas erreichen wollen – egal, ob Mann oder Frau. Die Berufe in der Kinderbetreuung sind überwiegend weiblich geprägt. Es wäre wunderbar, wenn verschiedene Berufe geschlechterspezifisch einen Ausgleich schaffen könnten – und sich mehr Männer für den Beruf Fachmann Betreuung interessieren würden. Stöckli: Ich habe in meiner Karriere bisher sehr viel mit Männern gearbeitet, teilweise auch in reinen Männerbereichen. Das Geschlecht war vor allem noch zu Beginn meines Berufslebens manchmal ein Thema. Daher bin ich sehr froh, dass die Gleichberechtigung in der Zwischenzeit die Firmen viel mehr durchdrungen hat, auch wenn es für meinen Geschmack immer noch zu wenig ist. Bei KIMI haben wir eine Frauenquote von 98 Prozent. Ich bin sehr stolz, wie gut wir Frauen zusammenarbeiten, wie wir gemeinsam unsere Ziele erreichen und uns gegenseitig unterstützen.

Welche konkreten Massnahmen trifft KIMI Krippen, um Diversität zu leben?
Welchen Nutzen von Diversität sehen Sie als Co-Geschäftsführerinnen?
Hochuli: Uns ist es wichtig, dass bei KIMI alle Kinder die Möglichkeit auf einen Betreuungsplatz haben, egal, welche Herkunft, sozialer Stand der Familie, körperliche und geistige Voraussetzungen. Bei uns steht das Kind als Individuum im Mittelpunkt und so sehen wir in der Vielfalt eine Bereicherung. Auch freuen wir uns, dass sich immer mehr Männer für den Beruf Fachmann Betreuung interessieren und wir mittlerweile mehr männliche Auszubildende bei KIMI haben als noch vor ein paar Jahren, leider aber immer noch ein sehr geringer Anteil.

Was würden Sie einer jungen Frau mit Führungsambitionen, die am Anfang ihrer Karriere steht, raten?
Stöckli: Sei mutig und trau dir was zu, gehe deinen Weg mit deinen Werten und lass dich nicht verbiegen. Sei neugierig und höre auf ehrliche Rückmeldungen, das ist der beste Weg, um zu lernen. Hochuli: Mach das Beste aus dem, was dir gegeben wird, lerne Herausforderungen zu nutzen, kämpfe für deine Werte und Ziele. Versuche in allem, auch das, was du nicht gern machst, eine Leidenschaft zu entdecken und bleib dir dabei selber treu.

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