Die Installation einer ERP-Lösung ist gerade in kleineren Unternehmen, die keine eigene IT-Abteilung haben, eine Herkulesaufgabe. Die Lösungen werden nicht einfach über einen Verkaufstresen oder durch wenige Mausklicks verkauft. Zunächst braucht es viel Vertrauen zwischen den Partnern, welches nur langsam aufgebaut werden kann. Welche weitere Meilen- und Stolpersteine gibt es?

Interview mit Markus Hümbeli von Georg Lutz

ERP ist die «Königs-Software» in einem Unternehmen. Können Sie in zwei, drei Sätzen skizzieren, wann Sie von einem Erfolg sprechen würden?
Mir ist, bei solch einer Frage, die Verknüpfung mit dem Business wichtig. Eine erfolgreiche Implementation liegt dann vor, wenn ich die Wertschöpfungskette einer Unternehmung weitgehend automatisieren kann. Sämtliche Prozesse sollten integriert abbildbar sein. Aus unserer Sicht kann das ­Unternehmen dann Kostenoptimierungen realisieren. In der Vergangenheit war es schwierig zu beweisen, ob die ERP-Systeme wirklich den zusätzlichen Nutzen liefern, der argumentativ vorgetragen wurde. Mit dem Blick aus der Business-Perspektive sind die zu automatisierenden Prozesse besser zu verstehen. Wenn hier klare Fortschritte sichtbar sind, dann ist eine ERP-Lösung wirklich eine Königs-Software.

Wie ist der Erfolg strategisch zu erreichen, ist es ein prozessorientierter ­Ansatz, oder welche Vorgehensweise würden Sie empfehlen?
Es gibt hier die klassischen Ansatzpunkte. Der eine Ansatzpunkt beginnt mit der Grundlage der Finanzsysteme.

Das sind die klassischen Fibu-Programme, mit denen ja auch viele Anbieter angefangen haben.
Ja. Zweitens gibt es den Ausgangspunkt der HR-Systeme. In vielen grösseren Unternehmen steht von Anfang an ein Supply-Chain-Management-Ansatz im Vordergrund.

Es geht um die Flussläufe der Rohstoffe, Halbfertigwaren und Produkte?
Hier sollten wir zunächst in Form einer Frage zum Ausgangspunkt zurückkommen: Was soll das ERP für mein Unternehmen eigentlich leisten? Nehmen Sie die Schweizer KMU, die wegen der Währungssituation mit dem Euro unter einem enormen Wettbewerbsdruck stehen. Hier ist das Thema Innovation ganz oben auf der Agenda anzusetzen. Aus dieser Sicht bekommen Software-Lösungen nochmals eine neue Aufgabe. Ich muss mich als Unternehmensverantwortlicher mit meinen innovativen Produkten durchsetzen. Da sollte ich den Software-Anbieter fragen, wie ich Innovation schnell in meine Prozesse bringe. Dort würde ich beginnen.

Aber es gibt ja noch andere Kriterien?
Klar, aber was nützt mir das beste Repor­ting, wenn ich die Stärken, die in meinem Unternehmen stecken, nicht richtig abgebildet bekomme? Natürlich ist das Thema Innovation in kreativen Prozessen schwierig abzubilden. Kommen wir daher auf die Erfolgsfaktoren zurück. Auf diese würde ich meinen Fokus legen.

Lassen sich die Erfolgsfaktoren ope­rativ aufschlüsseln? Gibt es aus Ihrer Sicht hier zentrale Meilensteine, die zur richtigen Kaufentscheidung führen?
Auch hier kann ich mit einem Klassiker argu­mentieren. Gibt es Referenzbeispiele, wo die Software gut läuft und das Unternehmen wirklich weitergebracht hat? Ich brauche hier das Rad nicht neu zu erfinden. So kann sich auch ein Vertrauensprozess entwickeln, der ein weiterer Meilenstein für den Erfolg ist. Der Kunde will im Entscheidungsprozess die ­anderen Erfolgsmodelle begutachten. Diese Erfahrung machen wir immer mehr.

Es gilt aber nicht, den dritten Schritt vor dem ersten zu machen?
Richtig. Ich muss zunächst wissen, was für mich wichtig ist. Wir als Anbieter haben ein Verständnis vom Markt und den Produkten, der Kunde muss aber wissen, wo er hin will. Das kann zum Stolperstein werden. Wenn der Kunde nicht weiss, wo er hin will, können wir das mit Technologie nicht lösen. Das gilt im Übrigen nicht nur für uns, sondern für alle Anbieter. Wenn ich den Kunden ­verstanden habe, kann ich in ein Evolutions- oder Auswahlverfahren gehen. Anschliessend kann ich über den Tellerrand hinausschauen und den Anbieter fragen, wie weit ich sämtliche relevanten Prozesse umsetzen kann. Aus der reinen Papierperspektive kauft heute kaum noch jemand eine ERP-Lösung. Und das ist auch richtig so. Gerade beim Thema Cloud bekommt der Vergleich eine noch wichtigere Bedeutung.

Nur um die Dimension nochmals klarzumachen. Es geht beim Thema ERP um wertschöpfende und unterstützende Prozesse. Können Sie dies ­erläutern?
Bei wertschöpfenden Prozessen geht es um die Abbildung des gesamten Produktezyklus inklusive Supply Chain. Der Blick reicht von der Idee über die Produktion bis hin zur Lieferung. Dann geht es auch in Spezialsituationen, die aber wichtig sind, wenn ich beispielsweise ein Produkt vom Markt nehmen will. Auch da muss heute ein ERP eine Antwort liefern.

Bei den unterstützenden Systemen ist das Thema Finanzen auch heute noch immer zentral. Hier gilt es zu erfassen, was alles im operativen Bereich passiert. Nur so habe ich eine exakte Grundlage, auf der ich Entscheidungen treffen kann. Auch beim Thema HR gilt es, am Ball zu bleiben. Intelligente Menschen sind für mein Unternehmen ein wichtiges Kapital. So wichtig Automatisierungen sind, hier helfen sie oft nicht weiter. Es reicht heute nicht mehr zu wissen, dass dies eine wichtige Mitarbeiterin ist, die Verantwortlichen sollten auch wissen, was es heisst, wenn eine solche Mitarbeiterin das Unternehmen verlässt. Gerade in KMU ist dies eine sehr wichtige und integrative Frage. Das Beispiel verdeutlicht, dass man über die Prozesse auch Auswertungen fahren lassen muss.

Gerade bei KMU gibt es viele Insel­lösungen, die im Laufe der Jahre angewachsen sind. Wie geht Ihr Haus mit dieser Herausforderung um?
Es gibt bei KMU limitierte IT-Budgets. ­Daher wurden diese Insellösungen geschaffen und bestehen heute noch.

Wie komme ich da raus?
Die Frage lautet wie folgt: Habe ich jemanden, der mir das Ganze als Service darstellen kann? Das heisst, beim betreffenden Kunden ist nichts installiert, es geht nur um die Frage, wie die Prozesse sauber abgebildet werden müssen. Wenn wir von Insellösungen sprechen, gibt es zwei Möglichkeiten, entweder Sie lösen das alte ­Modell auf einen Schlag ab. Oder, so das zweite Szenario, Sie lösen die einzelnen Komponenten ab. Die zweite Vorgehensweise ist deutlich risikoärmer.

Unser Ansatz erfordert einen sauberen, ­integrierten und modularen Aufbau. So beginne ich beispielsweise mit dem Finanzsystem, da es Sinn macht, und sattle dann das HR-Modul und später das Innovationsmanagement um. Wo kann ich es mir leisten, erste Erfahrungen zu sammeln und Values zu generieren? Dann kann ich eine Applikation abschalten und den nächsten Schritt der Integration tun.

Jetzt gibt es ERP auch «in the Cloud». Warum kommen hier gerade KMU in das ERP-Spiel?
Es ist gerade für kleinere Unternehmen ein sehr wichtiges Modell, da es die Kosten, genauer zunächst die Vorlaufkosten, unglaublich optimiert.

Geht das noch genauer?
Ich muss bei einer klassischen Lösung neue Hardware anschaffen, ich muss eine Software installieren und in das Netzwerk einpflegen. Dann brauche ich einen Berater oder IT-Experten. Dies sind alles Kosten, die ich zu Beginn bezahlen muss. Der ­Nutzen stellt sich aber zu einem späteren Zeitpunkt ein.

Bei einer Cloud-Lösung sind diese Vorlaufkosten vergleichsweise kaum existent. Ich brauche nur einen Partner, der für die Konfiguration verantwortlich ist.

Heute habe ich im Businessleben in einigen Branchen viel mit regulatorischen Bestimmungen zu tun, die sich auch öfters verändern. Da muss ich auch reagieren ­können. Da hilft ein System, welches regelmässig Updates erfährt. Ich als Kunde muss mich nicht um einen Upgrade kümmern. Der Cloudprovider macht dies für mich, und ich muss nur noch die Testphase aus Business-Sicht erledigen.

Inwieweit hilft hier der Plattform-Ansatz von Oracle?
Wir haben für sämtliche Bereiche Lösungen, die wir auf einer Plattform zusammen anbieten. Neben dem klassischen ERP geht es auch um Kundenbetreuung und Marketing.

Die grosse Herausforderung besteht ja beim Thema Integration. Auch hier nützt uns ein Plattformansatz. Kunden können hier agiler handeln. Die Plattform befähigt den Kunden, verschiedenste Prozesse zu integrieren, oder die Integration ist bereits vorhanden.

Auch hier bitte ich um ein Beispiel?
Nehmen wir das Beispiel des Dokumentenmanagement. Das können Sie im Rahmen des Finanz- oder des HR-Themas realisieren. Beide haben die Aufgabe, Dokumente zu verwalten. Jetzt kann man das unter jedem einzelnen Thema realisieren, bringt es dann aber nicht zusammen. Auf der Plattform können Sie für unterschiedliche Bereiche auswählen, sind aber im gleichen System. Ich will eben nicht vier unterschiedliche Dokumentenmanagement-­Systeme, sondern eine Lösung. Es gibt aber auch Kunden, die wollen mit uns nur ein Front-Office-Bereich realisieren. Auch dies ist möglich.

ERP-Lösungen werden meist für den Handel oder die Produktion angeboten. Zudem gibt es auch auf Branchen zugeschnittene Lösungen. Wie ist Oracle hier aufgestellt?
Wir gehen von einem Standard aus, und dann gibt es spezifische Lösungen. Manchmal braucht es dann auch Partner, die aber in unsere Plattform integriert werden. Die Plattform hat eine Entwicklungskomponente auch für unsere Partner. So haben Lagerverwaltungslösungen einen Standard, können aber individuell passend ausgebaut werden. Wenn aber ein hoher Marktbedarf da ist, werden wir das selber entwickeln.

Es gibt gerade in der Schweiz viele grosse und auch einige kleine Anbieter. Wie wollen Sie sich in diesem Markt in den kommenden Jahren positionieren? Sie sind ja ein grosser Player, der im Normalfall, historisch gesehen, grosse Kunden bevorzugt.
Cloud, ERP und KMU sind für uns ein spannender Dreiklang. Wir sehen hier für uns ein grosses Potenzial. Wir gehen jetzt den Markt mit Vorort-Beraten an und haben uns, in diesem Bereich, massiv verstärkt. Im Rahmen von Cloud-Lösungen sind wir als grosser Anbieter jetzt auch wettbewerbsfähig.

Weitere Informationen:
www.oracle.com