Wie eng die Welt der Fahrzeuge und die Welt der IT mittlerweile miteinander verwoben sind, macht ein Blick in die Messehallen rund um den Globus deutlich. Nur, was wird sich wann und wie in den Businesswelten durchsetzen?

von Fabian Kehle

Auf den Auto-Shows ist die Vernetzung heute eines der dominierenden Themen. Im vergangenen Jahr widmete sich beispielsweise die IAA in einer ganzen Halle dem Thema «New Mobility», erstmals waren Google und die Deutsche Telekom als Aussteller zu Gast. Und die Fahrzeughersteller zieht es immer häufiger zu den grossen Technologietreffen – zum Beispiel zur Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas, wo sie mittlerweile viele Produktneuheiten vorstellen. Auf all den Messen geht es also nicht mehr nur um Zukunftsvisionen und Konzeptfahrzeuge. Die Vernetzung des Autos mit -seiner Umwelt ist längst Realität, nahezu alle Anbieter haben etwas im Portfolio.

Diese Entwicklung wird sich auch auf die KMU auswirken, die in der einen oder anderen Form Fahrzeuge unterhalten – sei es in einem Fuhrpark oder als Dienstwagen einzelner Mitarbeiter. Dass die Dynamik im gewerblichen Kontext noch grösser sein dürfte als im privaten Umfeld, lässt eine aktuelle Untersuchung aus Deutschland erahnen: 59 Prozent der befragten Dienstwagenfahrer gaben an, dass für sie beim Kauf des nächsten Autos Connected-Car-Services ein entscheidender Faktor sind. Bei den privaten Fahrern waren es nur 30 Prozent.

Aus unserer Sicht tun KMU daher gut -daran, sich schon heute mit der vernetzten Mobilität auseinanderzusetzen und zu prüfen, wo für sie die Chancen liegen und welche Risiken gegebenenfalls bestehen. Um hier einen ersten Überblick über das fragmentierte und komplexe Feld zu bekommen, lohnt es sich, einige Unterscheidungen vorzunehmen. So fällt es später leichter, die richtigen Schlüsse für die eigene Strategie zu ziehen.

Internet ins Auto versus Auto ins Internet
Wenn es darum geht, das Internet ins Auto zu bringen, sind die Hersteller heute schon sehr weit. Im Grunde ist das Fahrzeug dabei nichts anderes als ein Smartphone, über das bestimmte Dienste ausgespielt werden: Über das Infotainmentsystem lässt sich im Internet surfen, oder es können -E-Mails abgerufen werden, aus den Lautsprechern kommt über Spotify gestreamte Musik, und im Navi erscheinen auch die persönlichen Points of Interest. Selbstverständlich lassen sich ebenso Business–Anwendungen ins Auto bringen. Nachdem viele Unternehmen in den vergangenen Jahren ihre Mitarbeiter mit mobilen End-geräten ausgestattet haben – idealerweise basierend auf einer mobilen Strategie –, ist die Integration des Fahrzeugs nur der nächste logische Schritt. Das Beispiel Servicemitarbeiter verdeutlicht den Trend. Er erhält heute alle Informationen zu den -anstehenden Wartungsaufträgen auf sein Tablet. Ist das zentrale CRM-System auch mit seinem Auto verbunden, können ihm die Termine, Adressen und Routen automatisch im Cockpit angezeigt werden. Achtgeben sollten die Unternehmen vor -allem darauf, dass sie bei der Entwicklung solcher Apps nicht über das Ziel hinausschiessen: Denn während die Adressdaten im Auto genau richtig sind, werden Ser-vicemitarbeiter dort mit den technischen Spezifikationen einer zu reparierenden -Maschine kaum etwas anfangen können.

Das Auto selbst zum Teil des Internets zu machen, ist deutlich anspruchsvoller. Gemeint ist damit, die Zustandsdaten, die ein Fahrzeug heute schon für die Diagnose erzeugt (der Standard für die Fahrzeugdiagnose OBD-2 gliedert sich in fünf Gruppen: elektrische Diagnosen, Sensor-diagnosen, Aktordiagnosen, Systemdiagnosen und Komponentendiagnosen), in Echtzeit zu übermitteln und dann weiter zu nutzen. Zunächst werden diese Möglichkeiten die Hersteller nutzen – etwa um den Verschleiss eines Fahrzeugs zu analysieren und den Fahrern rechtzeitig einen Termin beim Autohaus vorzuschlagen. Solche und weitere fahrzeugbezogene Informationen sind auch für die Car-to-x-Kommunikation erforderlich; sei es für den Austausch zwischen Fahrzeug und Infrastruktur (etwa Verkehrsleitsysteme oder das Garagentor daheim) oder zwischen Fahrzeug und Fahrzeug. Für Unter-nehmen werden mit dem Auto im Internet zahlreiche interessante Szenarien realisierbar. Echtzeitdaten zum Zustand von Nutzfahrzeugen können etwa dazu dienen, eine vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) umzusetzen – und ungeplante Ausfälle zu vermeiden. Wenn die Fahrzeuge auf einem Betriebsgelände mit Schranken, Toren oder Aufzügen kommunizieren, lassen sich viele Prozesse weiter automatisieren. Zudem -werden ausgefeilte Sicherheitskonzepte möglich.

Evolutionsstufen gehen
Es ist also vieles schon in der Praxis umgesetzt und wird in Zukunft Realität sein. Die Flotten, die KMU heute unterhalten, ermöglichen das aber noch nicht. Und kaum ein Unternehmen wird von heute auf morgen alle Fahrzeuge austauschen. -Daher ist die Vernetzung der gewerblichen Mobilität eher ein evolutionärer Prozess, der mehrere Stufen durchläuft. Der beginnt mit zunächst vollkommen unvernetzten Autos, für die es Nachrüstlösungen gibt. Das sind zum Beispiel Boxen, die über -einen Mobilfunkstandard eine Verbindung zum Internet herstellen können. Gleich-zeitig ist diese Hardware mit Technologien ausgestattet, die die Fahrzeugumwelt -erfassen – den Standort, Bewegungen, Schall oder Licht – und die mit der OBD-2-Einheit via Bluetooth verbunden sind. So wird es möglich, Daten aus dem Auto via Web an ein zentrales System zu übermitteln, wo sie weiterverarbeitet werden – je nach Zweck.

In den kommenden Jahren werden Fahrzeuge zur Regel werden, die schon von Werk aus mit allen Connectivity-Technologien ausgestattet sind. Allerdings werden die Automobilhersteller noch einige Zeit lang versuchen, das Ökosystem zu kon-trollieren: Anwendungen, die auf dem -Betriebssystem des Autos laufen, werden vom Hersteller selbst oder von wenigen -externen Partnern kommen. Auf die Daten aus dem Auto werden Aussenstehende kaum zugreifen können. Das hat für die KMU zum einen zur Folge, dass ihre Auswahl an Anwendungen eingeschränkt ist und speziell für sie realisierte Lösungen – wie bei Smartphones und Tablets üblich – die Ausnahme bleiben. Auch der limitierte Zugriff auf die Fahrzeugdaten wird zunächst einige Szenarien verhindern. Zum anderen wird es eine Herausforderung sein, eine Flotte zu managen, die aus Fahrzeugen -unterschiedlicher Hersteller besteht – und damit auch eine Vielzahl von Systemen -bedeutet. Bei den mobilen Endgeräten müssen nur drei Welten – Android, iOS und Windows Phone – integriert werden. Und schon das bereitet häufig Schwierigkeiten. Deshalb wird es – wann auch immer – -zuletzt einen offenen Standard und eine gemeinsame Datenplattform der Hersteller geben, über den alle Fahrzeuge und Anwendungen integriert werden können. Bevor das so weit ist, müssen die OEM aber erkennen, dass ihnen eine solche Offenheit mehr nutzt als schadet.

Cui bono?
Für die KMU sollte der Nutzen einer vernetzten Mobilität dagegen schon heute klar erkennbar sein. Sie profitieren prinzipiell auf zwei Ebenen. Erstens kommen sie einem Wunsch vieler Mitarbeiter nach, wenn sie auf Connected Cars setzen. Damit fördern die Unternehmen die Zufriedenheit ihrer -Angestellten und stärken so die Bindung. Wichtiger aber noch ist der Einfluss, den die Vernetzung auf zahlreiche Geschäftsprozesse haben kann. Das betrifft nicht nur die Bereiche, in denen die Mitarbeiter durch die Connected-Car-Dienste unterstützt werden; etwa durch die Integration der Kundenadressen in die Navigation. Auch nachgelagerte Aufgaben können erleichtert werden, im besten Fall wird beides kombiniert. So wie beim automatisierten Tankvorgang: Wenn das Fahrzeug an die Zapfsäule fährt, verbindet es sich mit dem System der Tankstelle. Die Abrechnung erfolgt dann online – ohne dass der Fahrer zur Kasse muss. Alle Daten werden auch an das ERP-System des KMU gesendet. Belege nachträglich manuell zu erfassen, ist so nicht mehr notwendig. Auf ähnliche Weise kann auch eine Fahrtkostenabrechnung erfolgen, wenn ein Mitarbeiter mit seinem privaten Auto geschäftlich unterwegs war – vorausgesetzt, er fährt ein Connected Car.

Weitere Informationen:
www.mhp.com