Interview mit Martin Erb und Matthias Bischof von Georg Lutz

Das klassische Flottenmanagement wird zunehmend durch flexibles und umfassendes Mobilitätsmanagement abgelöst. Ein Mitarbeiter benützt heute unterschiedliche Verkehrsmittel und ein Fahrzeug wird von mehreren Mitarbeitern genutzt. Das gilt es auf betrieblicher Ebene abzubilden. Zudem gibt es neue Antriebstechnologien. Das sind Herausforderungen, die der Anbieter Alphabet im Fokus hat. Wir unterhielten uns mit zwei Verantwortlichen.

Flottenmanagement ist nach meinem Kenntnisstand in kleinen Unternehmen immer noch ein untergeordnetes Thema. Warum lohnt es sich schon für mich, wenn ich nur wenige Firmenwagen habe, hier aktiv zu werden?
Wir können auch für kleine Unternehmen einen interessanten Mehrwert generieren. Lassen Sie mich das an zwei, drei Beispielen verdeutlichen. Zunächst gibt es Hersteller und Importeure, die mit Leasinggesellschaften Grossabnehmer-Vereinbarungen getroffen haben, die nicht auf die Abnahmemenge des einzelnen Endkunden abgestimmt sind. So können auch kleine Firmen von unseren Einkaufskonditionen profitieren. Jeder, der ein Firmenauto fährt weiss, wie mühsam die monatliche Abrechnung der Tankbelege über die Spesenabrechnung ist. Er bindet verschiedene Mitarbeiter ein, es findet keine Wertschöpfung statt, sondern es wird schlicht nur Zeit verbraucht. Da ist es viel effizienter, wenn Sie eine Tankkarte nützen und einmal im Monat eine Sammelabrechnung bekommen. Ein Beleg – eine Buchung.

Welche zusätzlichen Dienstleistungsbereiche und Vorteile kann ich als Kunde erwarten?
Neben dem Fahrzeugeinkauf bieten wir auch sehr interessante Lösungen für Versicherung und Unfallschadenabwicklung an. Darüber hinaus kann sich der Unternehmer über unser Dienstleistungsmodul «Wartung und Reparatur» vor unliebsamen Reparaturkosten schützen und gleichzeitig über unsere Einkaufsvorteile auch für Werkstattleistungen seine Kosten optimieren.

Inzwischen spricht man nicht nur von Flottenmanagement, sondern viel umfassender von Mobilitätslösungen. Welche Entwicklungen hat es hier gegeben?
Es geht um viel mehr Facetten der Mobilität. Am Anfang unserer Branchengeschichte hat man mit Finanzierungslösungen angefangen. Später haben wir realisiert, dass es neben der Finanzierung Sinn macht, verschiedene Dienstleistungen rund um die Fahrzeugnutzung zusätzlich und modular anzubieten. Wir waren damit aber immer noch auf ein bestimmtes Fahrzeug fixiert. Wir wissen jedoch, dass das einzelne Auto des Mitarbeiters nicht sein einziges Fortbewegungsmittel ist. Er fährt mit dem Zug, dem Tram, dem Taxi, fliegt mit dem Flugzeug oder fährt Fahrrad. Oft ist es aucheine Kombination von verschiedenen Fortbewegungsmitteln. Daher gehen wir in unserer Branche einen Schritt weiter und schauen uns die Mobilität in einem Unternehmen ganzheitlich an.

Konkreter bricht Ihr Haus das auf zwei Stichworte herunter. Die Wandlung geht von TCO (Total cost of ownership) hin zu TCM (total cost of mobility). Was bedeutet das für mich als Kunde in der Praxis?
TCO umfasst die erste Evolutionsstufe, um den Verantwortlichen im Unternehmen die Gesamtkosten des Besitzes und der Nutzung eines Fahrzeugs transparent zu machen und dabei auch die internen Prozesskosten zu berücksichtigen. Heute beginnen wir einen Schritt weiter zu gehen und schauen uns alle Formen der Mobilität im Unternehmen und damit auch die gesamten Kosten der Mobilität an.

Es gibt in den Unternehmen selbst unterschiedliche Wege mit den Mobilitätskosten umzugehen. In der Regel ist jemand für den Fuhrpark verantwortlichund eine andere Stelle kümmert sich um die restlichen Mobilitätslösungen und verhandelt Konditionen mit Fluggesellschaften, der Bahn oder Mietwagenfirmen. Dieses sogenannte Travelmanagement war häufig organisatorisch vom Fuhrparkmanagement getrennt.

Das klingt nicht gerade professionell.
So würde ich das nicht sagen. Die meisten Veränderungen in Unternehmen verlaufen eher evolutionär. Und wir beobachten, dass die Unternehmen die Nähe der Themen zunehmend erkennen und die Verantwortlichkeiten auch intern zusammen führen.

Und bei diesen Entwicklungen unterstützten Sie uns? Läuft dies mit «On demand-Lösungen», bei denen unterschiedliche Verkehrsmittel und geschäftliches mit privaten Anforderungen sich verbinden lassen?
Zunächst muss im Vorfeld betont werden, dass wir uns hier noch eher am Anfang einer Entwicklung befinden. Es gibt nach wie vor keine vollintegrierte Mobilitätslösung, die alle Bereiche optimal vernetzt und die verschiedenen Anbieter verlinkt. Die Branche beginnt gerade damit, das Thema auf ihren Entwicklungsschirm zu nehmen.

Der Ursprung der Vernetzungsidee kommt aus Frankreich. In Paris nutzen viele Mitarbeiter von Firmen öffentliche Verkehrsmittel, aber auch Taxis. Gerade die Nutzung von Taxis ist vergleichsweise teuer. Ich denke auch die Unternehmer in der Schweiz wissen, wovon ich spreche.

Wer in Paris oder Zürich unterwegs ist, kann dies nachvollziehen…
Ja, aus solchen Situationen haben wir mit unseren Kunden gemeinsam ein neues Angebot entwickelt – Alpha-City 1), ein Corporate-Car-Sharing. Sie nutzen Fahrzeuge nach Bedarf. Poollösungen sind in Unternehmen aber eher unbeliebt, weil sie hohe administrative Aufwände verursachen und häufig auch nicht sehr effizient sind. Dazu nur einige Stichworte: Fahrberechtigung, Reservierung, Schlüsselverwaltung, Fahrzeugpflege, Reparatur.

Allen dafür eine intelligente Lösung zu bauen, die diese Nachteile ausschaltet, ist mit heutigen Technologien möglich. Die von uns angebotenen Poolfahrzeuge können schlüssellos eingesetzt werden. Die Freigabe von Fahrberechtigungen, die Reservierung und die Kostenverrechnung erfolgt über eine Onlineplattform die mit den Fahrzeugen über UMTS-Verbindungen «kommuniziert». Der Mitarbeiter benützt als Schlüssel eine Chipkarte, die nur ihn legitimiert, das Fahrzeug während des gebuchten Zeitraums zu öffnen und zu starten. Für die Themen rundum wie Tanken, Schäden und Wagenpflege wurden ebenfalls intelligente undprozesssichere Lösungen entwickelt, die über die Onboard-Unit im Fahrzeug gesteuert werden.

Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt. Oft stehen solche Fahrzeuge lange ungenutzt auf einem Parkplatz. Unsere Lösung ermöglicht es, die Auslastung der Fahrzeuge durch private Nutzung verbessern zu können – natürlich gegen Entgelt. Das Entgelt muss so attraktiv sein, dass die Mitarbeiter auch davon Gebrauch machen. Die Abrechnung mit den Mitarbeitern übernehmen wir. Die Einnahmen fliessen an das Unternehmen zurück. Das ist gerade im urbanen
Umfeld ein spannendes Angebot.

Elektrofahrzeuge stehen in den Startlöchern. Fast jeder Automobilhersteller hat ein Produkt im Angebot. Der Marktdurchbruch lässt auf sich warten. Warum?
Die Kosten sind immer noch zu hoch. In der TCOBetrachtung können Sie für die Kosten eines Elektrofahrzeuges bei vergleichbaren Leistungen häufig noch zwei konventionelle Autos betreiben. Und da sind die Energiekosten schon berücksichtigt. Das liegt heute zum Teil auch noch daran, dass die sich im Angebot befindlichen Elektrofahrzeuge eher Umbauten konventioneller Fahrzeuge sind, was Nachteile für das Fahrzeugkonzept und auch die Produktion hat. Das Kostenproblem geht einher mit eingeschränkter Nutzungsfähigkeit. Die Reichweiten sind immer noch deutlich unter denen vergleichbarer Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Bei wirklich für den Elektrobetrieb komplett neu entwickelten Fahrzeugen wird sich das verbessern. Der Erfolg von Tesla ist dafür ein erster Beleg. Auch BMW ist mit Blick auf die neuen Fahrzeug BMW i3 und i8 sehr zuversichtlich.

Und trotzdem bekommen Sie noch eine positive Wendung?
Auch die Rahmenbedingungen werden sich verändern. Die Energiekosten für Verbrennungsmotoren werden sich signifikant erhöhen und die Kosten für die Umweltschädigungen zunehmend eingepreist werden. Zweitens wird sich das Nutzungsverhalten der Kunden verändern. Das Thema Eigentum von Fahrzeugen hat schon heute in der jüngeren Generation in urbanen Zentren einen tieferen Stellenwert als früher. Da sind wir wieder bei «On Demand-Lösungen». Hier kann die Elektromobilität punkten, da die Kosten besser verteilt werden können und auch das Nutzungsprofil besser aussieht. Car-Sharing-Modelle und Elektromobilität passen aus unserer Sicht gut zusammen.

Und auch wir als Flottendienstleister müssen unser Angebot erweitern. Im Herbst dieses Jahres werden wir auch in der Schweiz unser Angebot um das Dienstleistungsmodul AlphaElectric erweitern. Ein speziell auf den Einsatz von Elektrofahrzeugen konzipiertes Angebot. Die Markteinführung in Deutschland Mitte April hat ein grosses Medienecho – auch über die Grenzen hinweg – ausgelöst.

Wie sieht Ihre Marktpräsenz in der Schweiz aus? Es gibt ja einige Mitbewerber auf dem Markt. Viele verbinden Sie mit BMW. Wie sehen Sie hier ihre Perspektiven?
Die Domäne Flottenmanagement wurde früher Anbietern zugeschrieben, die nicht herstellergebunden waren. Meist kamen Sie aus der Finanzbranche. Dann haben Fahrzeughersteller erkannt, dass die Kundenbedürfnisse im Flottenbereich über bisherige Konzepte nicht mehr zeitgemäss bedient werden können. Es geht um mehr Kundennähe. BMW hat dies sehr früh erkannt. Daraus ist auch Alphabet entstanden. BMW Financial Services gab es lange vor Alphabet im BMW-Konzern. Sie haben auch schon immer Grosskunden betreut. Aber das Angebot war nur auf «gross» und «BMW» fixiert. Der Kunde möchte aber seinen Mobilitätsservice aus einer Hand und mit Angeboten, die über BMW hinausgehen. Und dieser Kundenwunsch steht im Zentrum unseres Denkens und Handelns. Unser Anspruch ist es, die Kunden professionell, markenübergreifend und wettbewerbsfähig zu bedienen. Gesellschaften mit Bankenhintergrund stehen heute vor der Frage, ob Gebrauchtwagenrisiken in die Bilanz einer Bank gehören. Mehr und mehr Banken beantworten diese Frage derzeit eher mit Nein. Für Fahrzeughersteller ist das ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Das Geschäft, so meine Prognose, wird sich mehr und mehr in Richtung fahrzeugherstellernahe Gesellschaften verlagern.

weitere Informationen: www.alphabet.ch