Anke Dorow ist Geschäftsführerin von Yunike Coaching & Consulting.

Bringen wir es auf den Punkt: Effizienz bestimmt unser Leben. Dabei bietet emotionale Intelligenz viel mehr Möglichkeiten. Es ist eine Krux: die Technologie vereinfacht unser Leben zwar an vielen Stellen, doch gleichzeitig verkompliziert sie auch vieles. Es ist nicht damit getan, ein neues System in eine Organisation einzuführen. Nein, es gehen damit viel weitreichendere organisatorische Veränderungsprozesse einher. Aber oft verlassen wir uns sogar ganz auf die Technologie, anstatt mit ihrer Hilfe selbstbewusste Entscheidungen zu treffen. Heutzutage sind wir zwar digital frei, aber emotional blockiert.

Die Ressourcen weltweit werden immer knapper – allen voran die Ressource Zeit. Deshalb versuchen wir, immer schneller zu werden. Wir gehen nicht mehr zu Fuss, sondern wir fahren Elektroroller. Während der morgendlichen Bahnfahrt beantworten wir schon unsere geschäftlichen E-Mails. Auf den letzten 200 Metern zum Büro trinken wir noch schnell unseren Latte Macchiato to go. Ach, und nicht zu vergessen: Den Kaffee zeigen wir natürlich auch noch gleich in einer Story unseren Followern auf Instagram.

Jede Sekunde unseres Tages füllen wir mit einer Aufgabe. Einfach mal dasitzen und die Gedanken schweifen lassen gibt es für uns nicht mehr – Zeit-Verschwendung!

In meinen Augen hat uns aber dieses ständige Streben nach immer mehr Perfektion mittlerweile an einen Punkt geführt, an dem die Komplexität der Welt für uns nicht mehr beherrschbar ist.

Was ich genau damit meine? Lassen Sie mich kurz ausholen, denn vielleicht kennen Sie das selbst. Nehmen wir an, Sie sollen morgen ein Webinar für Ihre Kunden halten. Und bisher haben Sie das auch immer gerne getan. Eigentlich sind Sie nämlich stark im Präsentieren und im Reden vor einer Gruppe.

Doch plötzlich fühlen Sie sich bei dem Gedanken an das bevorstehende Webinar unwohl, denn Sie haben ja eigentlich so viele andere Aufgaben zu erledigen. Und in die Kamera zu sprechen, während Sie von so vielen Augen stumm durch den Bildschirm beobachtet werden, macht Sie auf einmal irgendwie nervös. Wenn Sie jetzt auch noch daran denken, wie viele weitere Webinare Sie allein in diesem Monat noch halten müssen, kriegen Sie Schweissausbrüche. Sie fühlen sich gestresst. Und Sie werden wütend auf sich selbst, denn Aussetzer können Sie sich einfach nicht leisten. Sie müssen doch funktionieren. Aber diese Erwartung verursacht noch mehr Druck, sie fühlen eine Enge in der Brust und haben das Gefühl, alles würde Sie überrollen. Plötzlich denken Sie nur noch an eines: Flucht.

Kennen Sie das? Zuerst einmal möchte ich Sie beruhigen, das ist ganz normales Verhalten. Verantwortlich dafür ist unser limbisches System, genauer gesagt, die Amygdala. Sie ist die Wächterin unseres Gehirns und scannt die Umgebung dauerhaft nach potentiellen Gefahren. Werden diese identifiziert, egal ob real oder nicht, so gibt sie Signale an die Nebennierenrinde zur Produktion des Stresshormons Cortisol. So wird unser  Vermeidungssystem hochgefahren – darauf reagieren wir mit dem Bedürfnis, zu flüchten oder zu kämpfen. Und plötzlich können wir all die Anforderungen, die der technologische Wandel mit sich bringt – wie Kreativität, Problemlösungskompetenz und Empathie –, nicht mehr erfüllen, obwohl wir das doch früher so gut konnten.

Was also sollen wir tun, um uns in diesen speziellen Zeiten des Wandels sicher durch die Welt zu bewegen? Ich verrate es Ihnen: Wir brauchen mehr emotionale Intelligenz statt immer mehr Effizienz. Emotionale Intelligenz basiert auf Selbstwahrnehmung, Motivation und sozialer Kompetenz. Emotionale Intelligenz beschreibt die Fähigkeit, eigene und fremde Gefühle und Emotionen zu erkennen, zwischen ihnen zu unterscheiden und diese Informationen zu nutzen, um das eigene Denken und Handeln zu leiten. Nur, wenn wir wahrnehmen, was ist, können wir angemessen darauf reagieren. Wenn wir innen ruhig und klar sind, ist egal, was im Aussen passiert. Nur mit einem ruhigen und klaren Kopf können wir gemeinsam in dieser komplexen Welt agieren und zukunftsfähig bleiben. Wie bewusst sind Sie sich Ihres eigenen Denkens und Handelns?

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