Florian Harr ist Principal Consultant bei elaboratum Suisse.

Händler müssen den veränderten Einkaufsgewohnheiten und Anforderungen der Kunden Rechnung tragen. Der Point of Sale (POS) ist dabei genauso wichtig, wie der Online-Shop. Denn die klassische Filiale wird zunehmend zu einem Touchpoint von vielen, über den die Kunden angesprochen und auf die Marke oder auf Produkte aufmerksam gemacht werden. Daten spielen dabei eine essenzielle Rolle. Echtzeit-Daten am POS müssen den Kunden Mehrwert bieten. Sie müssen aber auch den Händlern Vorteile bringen.

Es stellt sich nun die Frage, welche Arten von Daten im Einzelhandel sinnvoll sind? Die Bereitstellung von Echtzeitdaten am POS ist technisch aufwändig. Damit sich der Aufwand lohnt, müssen klare Use-Cases für die unternehmensinternen Prozessanforderungen abgedeckt oder Kundenbedürfnisse befriedigt werden. Sinnvoll genutzt werden können zwei Arten von Daten:

Die Produkt- und Warendaten bilden Verfügbarkeiten im Filialgeschäft ab. Sie ermöglichen aber auch digital verbesserte Beratungsleistungen in Hinblick auf Produktmerkmale, Demovideos, Anwendungen mit Augmented oder Virtual Reality. Zudem können Preisdaten über digitale Preisschilder einfacher beziehungsweise sogar zentral angepasst oder ausgesteuert werden. Mit Bildschirmen können etwa die Inhalte dynamisch und flexibel ausgespielt werden und damit auf das visuelle Erlebnis beim Shopbesuch einzahlen. So können Markenbotschaften transportiert, Kunden in Echtzeit über Verfügbarkeiten von Beständen in anderen Filialen oder online informiert oder spezielle Produktangebote und Eventankündigungen ausgespielt werden.

Kundendaten sind am POS besonders bei der Nutzung eines Bonus- / Loyalty-Programms wertvoll. So stehen Kundeninformationen, wie zum Beispiel Status, Punkte und gebuchte Serviceleistungen in Echtzeit zur Verfügung. Händler können die Kunden im Laden identifizieren und ihnen zum Beispiel einen persönlichen Rabattcode anbieten. Sie können aber auch direkt im Laden Daten erheben und unmittelbar reagieren. Kaufen die Kunden aufgrund eines Wetterumschwungs kurzfristig deutlich mehr Regenschirme, könnte den Kunden ein Angebot für weitere Regenschutzprodukte unterbreitet werden. RFID-Chips an Kleidern geben die Möglichkeit, zum Beispiel über smarte Spiegel in der Umkleidekabine Empfehlungen im Sinne von «Kunden kauften auch» oder «dazu passt» zu geben und so weitere Produkte anzubieten. Auch zentral gespeicherte Daten zu Grössen oder vorhandenen Produkten und deren Kompatibilität, wie zum Beispiel zu digital vermessenen Füssen oder die Sohlenlänge von Skischuhen zur Bindungseinstellung können die Beratungsqualität im Store deutlich steigern.

Echtzeitdaten werden am POS vom Kassensystem, mobilen Beratungslösungen wie iPads, Preiskennzeichnungen und im Wareneingang konsumiert. Dabei fliessen die Daten über verschiedene Kommunikationskanäle. Alle beteiligten Systeme – von der Warenwirtschaft über Logistik, CRM, Kassensystem bis hin zum Loyalty-Programm – müssen miteinander kommunizieren und zudem alle Standorte über eine Breitbandanbindung sowie über die nötige Ausstattung mit entsprechender Hardware (wie Kassensystem oder Tablets) verfügen. Das stellt einen technischen Aufwand und oft auch Hindernisse für die Verwendung von Echtzeitdaten am POS dar.

Immer im Hinterkopf behalten werden muss zudem, dass digitalisierte Prozesse teilweise nicht ohne die Mitarbeiter funktionieren. Nur, wenn diese schon in der Planung der Digitalisierung in ihren Berührungsängsten ernst genommen und entsprechend geschult werden, kann die Umrüstung auf den digitalen Point of Sale gelingen.

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