Lederwaren aus der Schweiz sind üblicherweise seit Jahrzehnten Geschichte. Bei Lady Lederwaren und der Linie 07 14 ist das anders. Mit heissem Herzen und kühlem Verstand designen die Verantwortlichen in Frauenfeld ihre in Italien produzierten Taschen und Accessoires. Wie funktioniert dieses Modell? Wir führten ein Interview mit der Geschäftsführerin Barbara Tschanen.

Eine Lederwarenfabrik in der Schweiz klingt in der heutigen globalisierten Welt und in einem Hochwährungsland wie der Schweiz wie ein exotisches Wesen aus vergangenen Zeiten. Das ist aber nicht Ihr aktueller Gefühlszustand, oder?
Der Name Lederwarenfabrik stammt aus der Geschichte. Die Lady Lederwaren­fabrik AG wurde im Jahre 1932 durch ­meinen Grossvater, Gustav Carl Meyer, gegründet. Im Jahre 1997 trat ich dann die Nachfolge meines Vaters an. In diesem Zeitrahmen gab und gibt es einige technologische Entwicklungen, die mit Geschick bewältigt werden müssen. Ende der Neunzigerjahre haben wir die Produktion nach Italien ausgelagert. Solch eine Auslagerung war ein fast alternativloses Szenario, da uns sonst die Kosten aus dem Ruder gelaufen wären.

Den Namen Lederwarenfabrik haben wir behalten, da wir weiter Produktionsaufträge für Drittfirmen realisieren dürfen. Forschung & Entwicklung und Design werden weiter hier realisiert. Die Produktion läuft dann in verschiedenen europäischen Ländern. So sind wir in erster Linie ein Handelsunternehmen, haben über die Drittaufträge aber weitere Standbeine.

Können wir die Wertschöpfungskette nochmals an einem Beispiel verdeutlichen?
Die Ideen unserer Linie 07 14 kommen von uns. Auch die Designlinien und der Einkauf der Rohmaterialien realisieren wir von hier, aber die gesamte Produktion ist ausgelagert.

Jetzt haben Sie ja einen hohen Qualitätsanspruch. Wie setzen Sie diesen in anderen Ländern um?
Wir sind mit Partnern seit 20 Jahren zusammen. Wir haben sie ausgewählt, und sie durchlaufen ein Monitoring-Programm. Da waren aber auch Kandidaten dabei, die nicht unseren Qualitätsansprüchen genügen. Mit denen haben wir unsere Zusammenarbeit auch wieder beendet. Aktuell besteht eine Zusammenarbeit mit einem Produzenten aus Italien, der unsere Gürtel produziert. Zudem gibt es drei kleine ­Familienunternehmen auch aus Italien, die unsere Taschen produzieren. Hier besteht wie gesagt eine langfristige Zusammen­arbeit, und wir besuchen sie auch drei, vier Mal im Jahr.

Und sonst ist Kommunikation ja auch einfacher geworden?
Ja, wir haben mit den Verantwortlichen in Italien jeden Tag eine Videokonferenz oder eine Skype-Schaltung.

Unter dem Stichwort Industrie 4.0 wachsen Produktion und IT immer mehr zusammen. Kann man dies auch in Ihrem Hause beobachten?
Die kleinen Familienunternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, sind klassisch handwerklich ausgerichtet. Natürlich gibt es Stanzmaschinen, und man verwendet neue Software- und Hardware-Lösungen im Büro. Im Produktionskern sind es aber Manufakturen, bei denen sehr viel mit der Hand gearbeitet wird. Da wird zugeschnitten oder geleimt. Handwerkliche Kunst vom Feinsten ist bei uns weiter die Grundlage der Produktion. Das liegt auch daran, dass wir im Vergleich zu grossen Mitbewerbern kleine Serien und Sonderfertigungen auf den Markt bringen.

Wir können uns so auch wieder von der Masse abheben und unseren Unikat­charakter herausstellen. Massenunter­nehmen müssen ihre Produktivität laufend steigern, sonst können sie irgendwann nicht mehr am Markt überleben. Bei uns ist das auch ein Punkt, aber sicher einer, der dem Qualitätsaspekt untergeordnet ist.

Seit Januar letzten Jahres steht die Schweizer Wirtschaft aus den bekannten Währungsgründen wieder vermehrt unter Druck. Wenn der Brexit kommt, rollt die nächste Aufwertungswelle auf die Schweiz zu. Irgendwann erhöht man nicht mehr seine Wettbewerbs­fähigkeit durch Anpassungsdruck, sondern die Situation kippt. Massive Auslagerungen und Arbeitslosigkeiten könnten ein Szenario sein. Wie sehen Sie die Situation?
Die aktuelle Situation ist sehr herausfordernd. Wir erleben selbst Umsatzeinbrüche bei unseren Fachhändlern, die sich direkt auch bei uns niederschlagen. Es wird da keine Entspannung geben. Das wird pickelhart. Vor allem, wenn dann noch solch ein Ereignis eintritt, welches Sie mit dem Brexit angedeutet haben. Wir sind immer konzentriert dabei, uns weiter zu optimieren. Personell haben wir da aber keine weitere Luft für Ausdünnungen. Das ist hier ausgereizt. Wir sind ein KMU mit 330 Stellenprozenten, und die brauchen wir auch, wenn wir die Qualität halten wollen.

Wo setzen Sie den Handlungsbedarf, der ja da ist, ein?
Wir wollen unsere Produkte erlebbarer für unsere Kunden machen. Wir wollen aufzeigen, wer hinter der Marke steht. Das sind Schweizer Frauen, die kreativ in der Schweiz agieren und das auch weiter­machen wollen. Das heisst, wir sind auch direkt in Augenhöhe bei unseren Kundinnen und Kunden. Es gibt nicht einen ausgelagerten Verkauf. Das ist eindeutig unser Erfolgskonzept.

Sie sitzen nicht in einer Teppichetage?
Nein, da sind wir viel zu bodenständig.

07 14 ist das zentrale Label aus Ihrem Hause. Wie verlief die Geburt? Der Ausgangspunkt war wohl 08 / 15, ein Synonym für langweilige Alltagserfahrungen. Da wollen Sie wohl das Gegenteil kommunizieren. Marketingtechnisch gefragt: Was für eine Story wird hier erzählt?
Ich habe das Glück, am 14. 07. Geburtstag zu haben. Das spielt da auch rein. Zentral ist aber der Punkt, dass wir über die Assoziation von 08 / 15 zu 07 14 uns vom Standard abheben wollen. Wir sind mehr als normal. Das setzen wir auch in unseren Kommunikationsstrategien um.

Können Sie uns da ein Beispiel verraten?
Wir haben eine neue Serie mit dem Titel «Bodyguard» am Start. Zentrales Element dabei ist der Einsatz von reflektierendem Stoff. «Mach Dich sichtbar» lautet die Botschaft. Die Kunden bekommen so einen echten Mehrwert.

Ein Stilelement, unsere Öffentlichkeitsarbeit, ist eine weisse Schaufensterpuppe. Sie begleitet uns auf Messen und Events und ist meist nur mit einer Tasche und einem Gürtel bestückt.

Über welche Verkaufskanäle agiert Ihr Haus?
Wir verkaufen 70 Prozent über den Fachhandel. Dann haben wir einen eigenen Store in Frauenfeld und einen Online-Shop. Über Online verkaufen wir eher Schnäppchen und Geschenkartikel aus Leder. Wir haben aber weiter sehr viele Kunden, die das Produkt direkt sehen und auch anfassen wollen.

Sie haben sehr viele Mitbewerber auf dem Markt. Können wir am Schluss des Interviews die Kernbotschaft, die die Frage beantwortet, wie Sie sich im Markt positionieren wollen, nochmals zusammenfassen?
Uns ist es ein Anliegen, qualitativ hochwertige Produkte mit vielen Funktionen zur Verfügung zu stellen. In der Kommunikation steht das Swiss-Design und Made in Italy im Vordergrund. Das ist ein Bedürfnis beim Kunden, und wir merken das auch beim Kaufentscheid. Unsere Kunden wollen nicht mit dem üblichen Markenstrom im mittleren und höheren Preissegment schwimmen und setzen Zeichen, ihre Individualität auch zu leben. Wir machen in erster Linie Taschen von Frauen für Frauen, da wir die Bedürfnisse kennen. Eine Kundin oder ein Kunde von uns schätzt die Funktionalität und ­Verarbeitung unserer Taschen. Das beginnt schon bei Kleinigkeiten.

Dürfen auch wir hier noch ein Beispiel erfahren?
Eine Tasche soll unterstützen. Beispielsweise haben wir an jeder Tasche unsere Anhänger mit unserem Logo platziert. Das ist ein Adressanhänger, wo vorne eine ­Metallplakette mit unserem Label ist und auf der Rückseite sich ein Steckfach befindet. Wir empfehlen, da das Parkticket aus der Tiefgarage zu platzieren, da dies doch gerne verlegt wird.

Weitere Informationen:
www.0714.ch