Schon heute gibt es eine Vielzahl von Assistenzsystemen, die erste Schritte in Richtung selbstständig fahrende Fahrzeuge gehen. Die Stichworte dazu heissen Spur- und Abstandhalten beim Bremsen oder den toten Winkel in den Griff bekommen. Der Fahrplan der nächsten Jahre ist klar. Autos sollen miteinander kommunizieren, und der Staupilot, der das Auto bei Stop-and-go-Fahren allein über die Autobahn führt, ersetzte den Stauassistenten. 2020 soll es die ersten serienmässigen Autobahnpiloten geben. Einen Vorgeschmack davon gibt Daimler Benz. Die Verantwortlichen schickten letztes Jahr einen Lkw auf die Autobahn, bei dem man zeitweise auch die Hände ganz vom Steuer lassen kann. Die Zukunft der Mobilität hat begonnen.

Anfang Oktober 2015: Auf der deutschen Autobahn A8 zwischen Denkendorf und dem Flughafen Stuttgart lässt Daimler Trucks den weltweit ersten automatisiert fahrenden Serien-Lkw über die Autobahn rollen. Zusammen mit Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann absolviert Dr. Wolfgang Bernhard, im Vorstand der Daimler AG verantwortlich für Lkw und Busse, die Jungfernfahrt im Mercedes-Benz Actros mit Highway-Pilot-System.

Die Multisensorfusion, das heisst die Kom­bination bewährter Assistenz- und Sicherheitssysteme und Sensoren der neuen Generation, ermöglicht dem Lkw mit Highway-Pilot-System den gesamten Bereich vor dem Fahrzeug ständig zu beobachten und in bestimmten Situationen selbst das Steuer zu übernehmen. Das gibt Dr. Wolfgang Bernhard die Gelegenheit, ohne Risiko die Hände vom Steuer zu nehmen.

Von der Raststätte steuert Dr. Wolfgang Bernhard den Mercedes-Benz Actros auf die Autobahn Richtung Karlsruhe. Sobald sich der Lkw in den fliessenden Verkehr auf der rechten Fahrspur eingeordnet hat, heisst es «Highway Pilot On» und das System bietet an, nun den Fahrbetrieb zu übernehmen. Der Fahrer kann durch Knopfdruck bestätigen. Akkurat hält der Actros die Fahrspur und den optimalen Abstand auf das Fahrzeug vor ihm. Wird der Abstand zu gering oder schert ein Fahrzeug vor ihm auf die Fahrbahn ein, bremst der Lkw ab. Die beiden Fahrzeuginsassen sitzen indessen bequem in der funktionalen und modernen Fahrerkabine und plaudern entspannt.

An der Ausfahrt Flughafen / Messe fordert das System Wolfgang Bernhard wieder auf, das Steuer zu übernehmen und der Lkw wechselt vom auto-matisierten Fahrbetrieb zurück zur manuellen Steuerung – «Highway Pilot Off». Er lenkt den Actros von der Autobahn und fährt im Anschluss direkt wieder auf die A8, diesmal in entgegengesetzter Richtung. Das Szenario ist das gleiche: Der Actros steuert und bremst selbstständig im laufenden Autobahnverkehr.

Nähert er sich einem Hindernis, wie hier auf der A8 einer Baustelle, fordert das System den Fahrer zur Übernahme des Fahrzeugs auf. Liegt die Baustelle hinter dem Lkw, kann der Highway Pilot abermals die Führung des Fahrzeugs übernehmen. Sicher assistiert das System die beiden Insassen bis zur Ausfahrt bei Wendlingen. Dort übernimmt wieder Wolfgang Bernhard den Fahrbetrieb und steuert den Lkw von der Autobahn.

Sicherer als jeder Mensch
Der Mercedes-Benz Actros ist ausgestattet mit dem 12.8-l-Motor, OM 471 und allen bewährten Assistenz- und Sicherheitssystemen wie Mercedes PowerShift 3, Predictive Powertrain Control (PPC), Active Brake Assist 3, Abstandhalte-Assistent, Aufmerksamkeits-Assistent und ein Fleetboard Fahrzeugrechner. Diese Systeme sind verknüpft mit den Sensoren des Highway Pilot – Radar und Stereokamera. Die gesamte Technik des Actros mit Highway Pilot befindet sich also im Fahrzeug, der Lkw benötigt für seine automatisierte Fahrfunktion kein Internet. Das System ist ideal für die Autobahn: Es hält den korrekten Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug und bremst rechtzeitig, wenn ein anderes Fahrzeug vor ihm auf die Fahrbahn einschert. Der Highway Pilot ersetzt den Fahrer nicht, sondern unterstützt und entlastet ihn, indem er ihm monotone Fahrstrecken abnimmt und das nervenraubende Stop-and-go-Fahren im Stau übernimmt. Der Fahrer hat im autonomen Fahrbetrieb jederzeit die Kontrolle über den Lkw und kann in kniffligen Situationen wieder selbst die Führung des Fahrzeugs übernehmen. Die Redundanz in der Sensorik und ausfallsichere Komponenten wie Lenkung und Bremsen garantieren einen extrem hohen Sicherheitsstandard. Sind die Mindestvoraussetzungen für das System aufgrund schlechten Wetters oder fehlender Fahrbahnmarkierung nicht gegeben, fordert der Highway Pilot den Fahrer durch akustische und optische Signale zur manuellen Übernahme auf. Der Fahrer hat für die Übernahme der Fahraufgabe ausreichend Zeit. Erfolgt keine Reaktion des Fahrers, bringt sich der Lkw selbstständig und sicher zum Stillstand.

Etwa zwei Drittel aller Unfälle im Strassenverkehr sind Auffahrunfälle und Unfälle durch unbeabsichtigtes Abkommen von der Fahrspur. Häufig sind Müdigkeit, Ablenkung und Fahrfehler die Ursachen. Darin ist der Highway Pilot jedem Menschen überlegen. Er ist wach, konzentriert und gelassen. Ohne Ausnahme, rund um die Uhr, sieben Tage die Woche.

Transport von morgen
Das steigende Transportaufkommen hat einen enormen Einfluss auf die Veränderung der Verkehrswelt. Daimler als Pionier der Automobilbranche übernimmt Verantwortung und arbeitet stetig an Wegen, den komplexen Herausforderungen von Verkehrsdichte, Engpässen und Kostendruck in der Transportbranche zu begegnen.

Gerade Fernverkehrs-Lkw sind prädestiniert für autonomes Fahren. Es ermöglicht eine erhebliche Effizienzsteigerung der Transportbranche, insbesondere durch die Reduzierung der Total Cost of Ownership. Eine Erhöhung der Verkehrssicherheit und Senkung des Kraftstoffverbrauchs sind gerade im Fernverkehr enorm wichtige Aspekte.

Ein Fernverkehrs-Lkw fährt im Jahr durchschnittlich 130’000 km. Der autonom fahrende Truck unterstützt den Fahrer, indem er ihm monotone Fahrtstrecken und mühsames Stop-and-go-Fahren im Stau abnimmt. Durchgeführte Tests der Daimler-Forschung zum Fahrerzustand während des automatisierten Fahrbetriebs haben gezeigt, dass der Fahrer durch diese Entlastung nachweislich langsamer ermüdet. Seine Aufmerksamkeitsrate ist gegenüber der Fahrt im konventionellen Actros um rund 25 Prozent erhöht, wenn er die Möglichkeit hat, sich anderen Tätigkeiten zu widmen.

Konnektivität gewinnt mehr Bedeutung
Die Nutzung von digitalen Netzwerken im Verkehr steht erst am Anfang einer grossen Entwicklung. Konnektivität bedeutet nicht nur Kombination aller Assistenz-, Sicherheits- und Telematiksysteme mit den neuen Sensorsystemen, sondern auch intelligente Vernetzung der Fahrzeuge untereinander und mit der Verkehrsinfrastruktur. Wenn ein Lkw frühzeitig über Verkehrsereignisse informiert wird, die weit vor oder hinter ihm liegen, kann entsprechend reagiert werden. Im autonomen Fahrbetrieb passt sich das Fahrverhalten so an die Eigenschaften der vorausliegenden Strecke an. Durch den homogeneren Verkehrsfluss sinken Kraftstoffverbrauch und Emissionen. Gleich­zeitig werden die Transportzeiten kalkulierbarer und die Aggregate der Lkw durch die gleichmässige Fahrweise geschont. Dadurch verringern sich auch wartungs- und reparaturbedingte Standzeiten des Lkw. Eine Entlastung der Verkehrsinfrastruktur und die Optimierung des Warenflusses sind wichtige Voraussetzungen für unsere Kunden, um auch in Zukunft erfolgreich unterwegs zu sein.

Schritt für Schritt zum autonomen Fahren
Bereits im Juli 2014 liess Mercedes-Benz seinen Future Truck 2025 auf einer Teststrecke bei Magdeburg fahren, und im Mai letzten Jahres sorgte die Weltpremiere des Freightliner Inspiration Truck für Aufsehen. Daimler präsentierte damit den ersten hoch automatisiert fahrenden Lkw mit Strassenzulassung. Sowohl beim Future Truck 2025 als auch beim Inspiration Truck handelt es sich um Konzeptfahrzeuge, die mit weiteren Funktionen ausgestattet sind. Mirror-Cam, drehbarer Sitz und integriertes Tablet sind Elemente, die im Actros mit Highway Pilot nicht vorhanden sind. Begründet liegt dies darin, dass das Fahrzeug nach dem Automatisierungslevel 2 (teilautomatisiertes Fahren) zugelassen ist. Das bedeutet, dass der Highway Pilot dem Fahrer in bestimmten Situationen sowohl bei der Längs- als auch Querführung des Lkw assistieren kann. Der Fahrer muss allerdings ständig das Fahrzeug und die Verkehrssituation überwachen und jederzeit dazu in der Lage sein, die Steuerung des Lkw wieder zu übernehmen. Aus diesem Grund sind Nebentätigkeiten wie zum Beispiel die Nutzung eines Tablets während der automatisierten Fahrt derzeit nicht zugelassen. Auf der Teststrecke in Magdeburg hat der Future Truck 2015 bereits die Automatisierungsstufe 3 (hoch automatisiertes Fahren) abgebildet: Das heisst, das System erkennt selbstständig die Systemgrenzen und fordert entsprechend den Fahrer zur Übernahme der Fahraufgabe auf. Und auf dieser Automatisierungsstufe muss der Fahrer das System nicht mehr dauerhaft überwachen und könnte sich während der Fahrt auch Nebentätigkeiten widmen.

Daimler Trucks setzt auf die ständige Entwicklung von Mobilitätslösungen der Zukunft und übernimmt bereitwillig die Führungsrolle für automatisiertes Fahren im Lkw, betont Dr. Bernhard: «Unser Anspruch lautet ‹Shaping Future Transportation›. Mit der heutigen Premiere lösen wir dieses Versprechen einmal mehr eindrucksvoll ein. Mit dem ersten autonom fahrenden Serien-Lkw gestalten wir die Zukunft des Transports.»

Weitere Informationen: www.daimler.com