Der Entscheid der Schweizer Nationalbank (SNB) zeigt weiter Wirkung. Bei vielen sitzt der Schock immer noch tief. Erfolgreiche Unternehmenslenker der exportorientierten Branchen überzeugen jetzt mit cleveren Entscheiden. Sie sichern damit das Unternehmen und dessen Arbeitsplätze.

Seit dem 15. Januar 2015 sitzt der Schock tief bei den exportierenden Schweizer KMUs. Die Branche des Maschinenbaus ist nur ein Beispiel. Der lange garantierte Mindestkurs von CHF 1.20 ist Geschichte. Doch nicht genug der schlimmen Meldungen: Der im März durch die EZB begonnene Staatsanleihen-Grosseinkauf schwächt den EUR zusätzlich. Für die insgesamt 60 Prozent der Schweizer Exporte in die Eurozone wird die Zukunft dadurch ungewisser denn je. Auch Szenarien mit einem EUR-Wert unter einem Franken müssen jetzt ernsthaft diskutiert werden.

Die aktuellen Symptome lassen sich wie folgt beschreiben: Über Nacht sank die Marge um 15 bis 20 Prozent. Kunden aus dem EU-Raum stornieren bereits fix geglaubte Aufträge und Bestellungen oder wollen mindestens über den Preis neu verhandeln. Je weniger strategische und effizienzsteigernde Fitnessprogramme ein KMU in den letzten Jahren durchlaufen hatte, desto schmerzhafter die Massnahmen, die nun notwendig werden. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung tun gut daran, die Komfortzone jetzt schnell zu verlassen: Überleben beginnt im Kopf, umso mehr als bereits ca. 4 000 Arbeitsplätze in der Schweiz verloren gegangen sind.

Die Frage nach den Handlungsoptionen Für viele Unternehmensverantwortliche ähnelt die Lösungssuche einer Gleichung mit drei Unbekannten. Unser Fitnessrad in Abbildung 1 zeigt die anstehenden Herausforderungen auf einen Blick: Ein RTSC (Real Time Strategic Change) ist notwendig, um Umsätze, Margen und auch Liquidität zu sichern oder zumindest zu stabilisieren.

Aktuell werden die folgenden Massnahmen diskutiert: Arbeitsproduktivität steigern, Lohnanpassungen, Automatisierungen, Erhöhung Produktionsanteil Ausland (16 Prozent der Schweizer Firmen denken darüber nach), Standortverlagerungen und Ersatz von Schweizer Lieferanten durch ausländische. Mittelfristig werden diejenigen Unternehmen überleben, die sich radikal auf ihre komparativen Kernkompetenzen im Wettbewerb konzentrieren und Mut zu Produkt-/Dienstleistungs- und Verfahrensinnovationen zeigen. Günstige Finanzierungsbedingungen erlauben die Akquisition von (ausländischen) Partnern, die die eigene Wertschöpfungskette ideal ergänzen.

Die Wertschöpfungskette ist im schlimmsten Fall komplett neu zu erfinden! «Alles aus einer Hand» wird sich in Zukunft weder rechnen noch Abnehmer finden. Insgesamt werden die Geschäftsmodelle integral neu zu definieren sein – haben sie doch den grössten positiven Einfluss auf die Wettbewerbssicherung!

Aus unserer Praxis
Kurzfristig bleiben nur Effizienzverbesserungen, Produktivitätssteigerungen und clevere Kostensparprogramme. Eine kürzlich mittels unserer Methodik APOA© durchgeführte Overhead-Analyse hat folgende Verbesserungen gebracht:
> Nicht wertschöpfende Aktivitäten: Reduziert um 34 Prozent (3 600 Arbeitstage/Jahr)
> Fremdkosten: CHF 2 Mio. über zehn Jahre nachhaltig eingespart
> Produktionsplanung: Neu eine Person mit Stellvertreter anstelle von 14 Personen
> Kernprozessmodell: Analysiert, optimiert und umgesetzt (Schnittstellen geklärt)
> Alle Kostentreiber: Überprüft und reduziert
> Überdotierte Führungsfunktionen: Reduziert zugunsten «produktiver» Arbeiten
> Zwei Service Level Agreements: Optimiert und massiv verbilligt
> Branchen-IT-Lösung: Ausgebaut mit intelligenten Schnittstellen.

Danach war der Unternehmens-«BMI» wieder im grünen Bereich. Jedes Kilogramm weniger erhöht die Lebenserwartung. Je länger man mit dem Fitnesscheck zuwartet, desto teurer und langwieriger wird der Genesungsprozess. Das können sich viele exportorientierte KMUs nicht mehr leisten. Clevere Führungskräfte handeln, bevor der Leidensdruck chronisch wird, und sichern damit ihre eigene Führungsposition. Latente Krankheitsverläufe in Unternehmen, ergänzt durch die Auswirkungen des 15. Januar 2015 sind heute leider oftmals irreversibel. Unsere Methodik APOA© zeigte mittels «Ultraschallbild», wo sich im o.g. Unternehmen ungesunde Fettpolster angesetzt hatten.

Fokussierung notwendig
Überleben werden nur diejenigen KMUs, die extrem fokussierte und spezialisierte Produkte oder Dienstleistungen produzieren und exportieren. Dies bedeutet eine Konzentration und/oder Reduktion der Wertschöpfungskette auf Nischen- und Innovationsprodukte, die mit einzigartigem Humankapital hergestellt werden. Der Kampf um austauschbare Produkte wird an der Preisfront entschieden – genau dort also, wo die Schweiz zunehmend verliert.

Das Sensitivitätsmodell von Frederic Vester kann in der aktuell schwierigen Lage mithelfen, die Massnahmen-Prioritäten korrekt zu setzen. Das Modell – auch Papiercomputer genannt – beurteilt die Wirkungen der Massnahmen auf- und untereinander. Es klassiert die einzelnen Handlungsoptionen in vier Felder. In Abbildung 2 ist das Augenmerk vor allem auf die beiden Felder «kritisch» und «aktiv» zu richten. Die dort erwähnten Massnahmen gelten als Erfolgsfaktoren für die Überlebenssicherung der exportorientierten Betriebe.

Der limitierende Faktor
Exogene Faktoren wie den CHF-/EUR-Kurs können die Schweizer Unternehmen nicht beeinflussen. Er trifft alle genau gleich hart. Einzig die Führungsperformance entscheidet zwischen Überleben oder Redimensionieren unter erschwerten Bedingungen.

Beeinflussbar bleibt vor allem die eigene Unternehmensfitness! Hier entscheidet sich der Kampf um die Zukunft: Clevere Führungskräfte trimmen ihre Betriebe auf Vordermann. Die Schweizer Wirtschaft hat schon des Öfteren gezeigt, dass sie mit neuen, abrupt auftretenden Bedrohungen durchaus umgehen kann und gestärkt aus Krisen hervorgeht! Voraussetzung dazu ist ein «sich neu erfinden».

Unternehmen sind – wie alle sozialen Systeme – auf Bewahrung angelegt. Veränderung ist daher meistens eine Funktion von Dringlichkeit, weniger von Einsicht. Unternehmerische Katastrophen sind immer Folgen von Schmerzvermeidung. Der limitierende Faktor dabei ist der Geschäftsführer respektive der Eigentümer. Warum? Ein KMU kann maximal so schnell wachsen, wie sich der Geschäftsführer selbst verändern kann.

Weitere Informationen: www.consultingworld.ch