von Andrew Bosomworth

Bei ihrer jüngsten Zins-Sitzung übertraf die Europäische Zentralbank (EZB) sogar die hohen an sie gerichteten Erwartungen. Mit einer weiteren Liquiditätsbereitstellung über gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte wie Targeted Longer-Term Refinancing Operations (TLTROs), weiteren Zinssenkungen und einer Ausweitung des Anleihen-Kaufprogramms setzte sie nochmals alle Signalflaggen.

Dabei bestand die Herausforderung für die Währungshüter darin, ihre Politik weiter zu lockern, ohne damit den Banken zu schaden. Mit ihren Beschlüssen Mitte März 2016 haben die Zentralbanker diese Aufgabe mit Vorsicht – und nach unserem Dafürhalten mit Erfolg – gelöst, indem sie die schädliche Wirkung abgeschwächt haben, die negative Zinssätze üblicherweise auf Finanzinstitute ausüben. Denn die Entscheidungsträger der EZB wissen sehr wohl, dass eine Zentralbank einen gut funktionierenden Bankensektor benötigt, damit ihre Geldpolitik auch effektiv sein kann. Während sie den Zinssatz für die Einlagefazilität auf -0.4 Prozent gesenkt haben, ermöglichen sie den Instituten im Gegenzug eine Kreditaufnahme über (TLTROs) zu einer sehr geringen Verzinsung von bis zu -0.4 Prozent und haben den Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte auf null herabgesetzt.

Der EZB-Entscheid sandte drei Signale aus. Erstens sind negative Zinssätze als geldpolitisches Werkzeug effektiv ausgeschöpft. Zweitens werden Anleihenkäufe und Massnahmen zur Kredit­lockerung in Zukunft die Schwerstarbeit bei der Anreizpolitik leisten müssen. Und drittens richten die Währungshüter ihren Fokus zur Ankurbelung des Wachstums eher auf den inländischen Kreditkanal als auf einen schwächeren Euro.

Wir gehen davon aus, dass die EZB monatlich etwa vier Milliarden Euro an Anleihen von Nicht-Finanzunternehmen erwerben wird. Durch eine Aufnahme von Unternehmensanleihen in ihre Liste zulässiger Staats- und Agency-Anleihen, Covered Bonds und forderungsbesicherter Wertpapiere (ABS) bewegt sich die Zentralbank nun entschieden im Bereich der Kreditlockerung.

Auch wenn wir konstatieren müssen, dass die marginale Wirksamkeit der Geldpolitik nachlässt, glauben wir keinesfalls, dass der EZB die Munition ausgegangen ist. Es gibt nach wie vor grosse Mengen ausstehender Vermögenswerte, die sie theoretisch erwerben könnte. Und da sie nun schon einmal mit Unternehmensanleihen begonnen hat, sind Blue-Chip-Aktien gegebenenfalls auch nicht mehr weit entfernt.

Die Märkte der Eurozone schlossen am Tag der EZB-Sitzung uneins: mit höheren Renditen auf Staatsanleihen, marginal höheren Inflationserwartungen, einem stärkeren Euro, verengten Kreditspreads und niedrigeren Aktienkursen. Dabei ist die Reaktion am Zinsmarkt unseres Erachtens eher auf das Signal zurückzuführen, dass die Zinspolitik ausgeschöpft ist. Wir halten es nicht für ein Zeichen, dass die Phase des geringen Wachstums und der niedrigen Inflation vorüber ist.

Die Inflationsprognosen der EZB sind eine ernüchternde Ermahnung, dass weitere Anreizprogramme erforderlich sein könnten. Die konjunkturelle Erholung bleibt anfällig für negative externe Schocks, und es würde nicht überraschen, wenn zusätzliche Lockerungsmassnahmen vonnöten wären.

Die Beschlüsse der EZB sind zudem wahrlich keine Hilfe für Anleger, die auf der Suche nach Rendite und Einkommen sind. Unserer Ansicht nach dürften diese ihren Fokus noch stärker auf Staatsanleihen aus Peripherieländern, Unternehmensanleihen und Hochzinsanleihen richten. Zugleich geht der Schuldenabbau in der Eurozone weiter, und insbesondere die Banken müssen ihre Problemkredite loswerden. Für aktive Anleger stellen diese Trends, bei sorgfältiger Risikoanalyse, auch eine Gelegenheit dar.

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