von Boris Zürcher

Die Schweiz gehört zu den exportkräftigsten und konkurrenzfähigsten Ländern der Welt. Diese Leistung ist bemerkenswert, zumal Kleinstunternehmen, das heisst Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden, in der Schweizer Wirtschaft, neben den typischen KMU, eindeutig dominieren. Die Lage der Weltwirtschaft und insbesondere die Stärke des Schweizer Frankens beschäftigen zurzeit die Schweizer Wirtschaft. Dessen ungeachtet bleibt der Engpass verfügbarer Fachkräfte längerfristig und unabhängig von den konjunkturellen Schwankungen eine zentrale Herausforderung für unsere Wirtschaft.

Dies erstaunt insofern nicht, als die Schweiz als rohstoffarmes Land sich hinsichtlich Innovation und Wertschöpfung seit Jahrzehnten vor allem deshalb erfolgreich an der Weltspitze halten konnte, weil sie auf eine hohe Verfügbarkeit von bestens ausgebildeten Fachkräften zählen konnte. Fachkräfte, und mit ihnen Bildung, Forschung und Innovation, begründen seit jeher die Stärke der Schweizer Wirtschaft.

Die Anstellung von Fachkräften auf unterschiedlichsten Stufen wird aber für viele KMU zusehends schwieriger, da sich der internationale Wettbewerb um gut qualifizierte Fachkräfte akzentuiert und gleichzeitig im Gefolge der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative der bisher relativ leichte Zugang zu ausländischen Fachkräften begrenzt werden soll. Zudem sind auch unsere wichtigsten Handelspartner in Europa mit denselben Problemen einer alternden Gesellschaft konfrontiert – auch sie ergreifen Massnahmen, um ihre Fachkräfte im eigenen Land zu behalten.

Aufgrund dieser Entwicklungen lancierte das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) im Jahr 2011 die Fachkräfte-Initiative (FKI). Ziel der FKI ist es, der rückläufigen Verfügbarkeit von Fachkräften durch Erschliessung bestehender inländischer Potenziale und durch die Steigerung der Produktivität entgegenzuwirken und damit den Fachkräftemangel zu lindern. Als erwünschter Nebeneffekt soll dabei die Förderung der Akzeptanz für ein weiterhin liberales Zuwanderungssystem anfallen.

Der Staat erfüllt verschiedene Rollen und kann über Bildungspolitik, Arbeits- und Sozialpolitik, Migrationspolitik und nicht zuletzt auch als bedeutender Arbeitgeber Einfluss auf die Fachkräftesituation ausüben. Der Fachkräftebedarf ist aber eine Thematik, welche nicht nur die staatlichen Institutionen, sondern die gesamte Gesellschaft betrifft. Gerade wenn das Fachkräfteangebot knapp ist, müssen die KMU an individuelle Lösungen denken wie familienfreundliche Arbeitsbedingungen oder flexible Arbeitsmodelle im Alter. Auch eine systematische Weiterbildung des Personals spielt eine wichtige Rolle, da immer mehr Arbeitskräfte mit arbeitsmarktnahen Qualifikationen gefragt sind. Kurzum: Auch KMU sind aufgefordert, attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten. Dabei verfügen sie über andere, ebenso wichtige Trümpfe wie grosse Unternehmungen: Die Entscheidungswege sind kürzer und der Kontakt zwischen Chef und Angestellten ist direkt. Dies ermöglicht eine grosse Flexibilität, eine rasche Bestimmung der Bedürfnisse auf beiden Seiten und das Finden massgeschneiderter Lösungen für den jeweiligen Fall. Die Erfahrungen zeigen zudem, dass Kleinstunternehmen auch im Verbund mit anderen Betrieben Lösungen hervorbringen können.

Wir sind zuversichtlich, dass die absehbaren negativen Effekte der demografischen Alterung durch eine proaktive Haltung und innovative Strategien bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen gelindert werden können. Eine der deutlichsten Stärken der KMU in der Schweiz ist ihr drängender Erfindergeist. Dieser wird ihnen auch bei der Entschärfung des Fachkräftemangels hilfreich sein.

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