von Guido Schilling

Die Auseinandersetzung um die Frauenquote ist eine lange und teilweise unproduktive Debatte. Sie wird aber von der Realität überrollt werden. Denn die Frauen müssen und werden in Zukunft besser vertreten sein an der Firmenspitze – mit oder ohne Quote.

Erstens stehen wir vor einer gewaltigen demografischen Transition, die mit der Pensionierung der ersten Babyboomer schon eingesetzt hat. Der Schweizer Wirtschaft fehlen bald Tausende Führungskräfte. Ausgleichen lässt sich diese Lücke nicht zuletzt durch mehr talentierte junge Frauen, die sich heute noch zu oft aus dem Beruf zurückziehen (müssen), wenn sie ein Kind erwarten.

Zweitens haben die Firmen ein unternehmerisches Eigeninteresse an Diversity an der Spitze: Frauen bringen eine andere Sprech- und Denkweise ins Gremium, sie können verkrustete Traditionen hinterfragen, neue Risiken und Chancen aufdecken. Mehrere Studien weisen darauf hin, dass sich die Vorteile der Gender Diversity in harten Zahlen – Gewinn, Aktienkurs – messen lassen.

Und drittens nimmt der öffentliche Druck auf Firmen nicht ab, ihren Frauenanteil an der Spitze zu erhöhen, im Gegenteil: Während heute die grossen Unternehmen im Rampenlicht stehen, dürfte sich der Blick der Öffentlichkeit künftig auch vermehrt den mittelgrossen Unternehmen zuwenden.

Die Wirtschaft sollte daher, wenn die Frauenquote im Parlament scheitert, eine eigene Initiative lancieren, um Männerclubs an der Spitze aufzubrechen. Ein gutes Vorbild liefert Grossbritannien, das es mit einer freiwilligen Initiative in fünf Jahren geschafft hat, seinen Frauenanteil in den Boards von zwölf auf 26 Prozent zu er­höhen. Dabei stand nicht eine Zahl im Fokus, sondern ein Kulturwandel: Die britischen Unternehmen erhöhten die Anzahl Frauen in ihren Boards nicht, weil sie mussten, sondern weil sie überzeugt davon waren, dass es unternehmerisch richtig war.

Eine solche ambitionierte, freiwillige Initiative wäre auch für die Schweiz der gewinnbringende Ansatz – gerade für KMU: Neue bürokratische Hürden treffen sie proportional stärker, andererseits können sie durch eine beherzte Frauenförderung auch am meisten gewinnen. Wer sich heute aktiv um mehr Frauen in seinem Führungsteam bemüht, kann sich mit einem kleinen Investment einen langfristigen Vorteil aufbauen.

Besonders stark zahlen Massnahmen ein, die jungen Müttern den Wiedereinstieg in anspruchsvolle Aufgaben erleichtern, denn hier geht den Unternehmen heute sehr viel Know-how verloren. Home Office, Jobsharing und Teilzeitarbeit auch für Kadermitarbeiter sind vielversprechende Möglichkeiten. Kleine Unternehmen spüren Pensenreduktionen zwar direkter und stärker, doch können sie flexiblere, individuellere Lösungen schnüren, von denen das Unternehmen wie die Frauen profitieren.

Solche zukunftsorientierten Weichenstellungen kommen in fünf bis zehn Jahren voll zum Tragen, wenn der Markt für Führungskräfte wegen der Demografie austrocknet. Die Vorreiter verfügen dann dank eines nachhaltig aufgebauten, guten Rufs über eine grosse Pipeline an internen wie externen Talenten, die diesen weitsichtigen Unternehmen einen echten Wettbewerbsvorteil bieten werden.

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