Heute sind Messen auch Plattformen, sprich hybride Veranstaltungen.

Die meisten Messen wurden wegen der Corona-Pandemie abgesagt oder digital durchgeführt. Messeveranstalter und Aussteller standen vor enormen Herausforderungen. Im Rahmen der Veranstaltung «Digitaler Exportdialog» der Handelskammer beider Basel hat SG-E den Einfluss der Pandemie auf die Messewelt beleuchtet, die Chancen und Herausforderungen physischer, digitaler und hybrider Messen thematisiert sowie aktuelle Trends aufgezeigt.

Aufgrund der Corona-Pandemie wurden zwischen März 2020 und Sommer 2021 viele Messen annulliert, verschoben oder digital durchgeführt. Jetzt, im Rahmen der vierten Welle, verdüstert sich wieder der Himmel. Das stellt sowohl die Messeveranstalter als auch die Aussteller vor grosse Herausforderungen. Sie müssen schnell mit neuen Angeboten und Formaten auf die veränderten Rahmenbedingungen reagieren, wobei das digitale Business meist nicht ihr Kerngeschäft ist. In den letzten Monaten wurden aber viele digitale und virtuelle Plattformen als Messeersatz ins Leben gerufen.

Diese eignen sich jedoch nicht für alle Branchen in gleichem Masse. Eine digitale Biotech-Messe, bei der die Gespräche und der Eins-zu-eins-Austausch im Vordergrund stehen, kann auch digital funktionieren. Eine Lebensmittel- oder Textilmesse hingegen ist weniger geeignet für ein digitales Format. Man möchte die Produkte oder Stoffe fühlen, riechen und anfassen. Auch Investitionsgüter eignen sich weniger für eine virtuelle Präsentation. Es geht um hohe Summen, um komplexe und grosse Anschaffungen. Solche Geschäfte können nicht einfach virtuell abgewickelt werden.

Vorteile und Grenzen
So haben die vergangenen Monate eindrücklich aufgezeigt, welche Vorteile digitale Messen bieten und wo sie an Grenzen stossen. Zu den Vorteilen zählen eindeutig die Zeit- und Kostenersparnisse. Es ist möglich, gleichzeitig an mehreren Events teilzunehmen oder auch nebenbei zu arbeiten. Reisezeit und -kosten entfallen. Ebenfalls von Vorteil ist die grosse Reichweite, die mit digitalen Formaten erzielt werden kann. Man erreicht Zielgruppen, die man sonst nicht hätte ansprechen können – zum Beispiel Teilnehmende aus China an einer digitalen Messe in Deutschland, die für einen Tag nicht extra angereist wären. Ebenfalls von grossem Wert ist es, dass die Aussteller dank Tracking mehr über ihre Kunden und deren Bedürfnisse erfahren.

Wo die digitalen Formate jedoch an Grenzen stossen, ist beim persönlichen Kontakt und Vertrauensaufbau. Dies ist ohne physische Treffen sehr schwierig. Das gemeinsame Erlebnis fehlt, Zufallskontakte und das informelle, spontane Networking sind nicht möglich – beispielsweise das Bier am Feierabend oder der gemeinsame Kaffee. Auch Produktpräsentationen sind nicht vollumfänglich möglich. Was sich in der digitalen Welt ebenfalls anspruchsvoller gestaltet, ist die Kundenansprache. Besucher müssen zuerst gefunden und zur Interaktion animiert werden. Aussteller sind darauf angewiesen, dass Besucher auf sie zukommen, dass sie zum Beispiel via Chat in Kontakt mit ihnen treten. Ganz anders ist das auf einer physischen Messe: Die Aussteller stehen am Stand oder können auf den Gang hinaustreten und Passanten in ein Gespräch verwickeln.

Die Messe der Zukunft
Bei S-GE ist man überzeugt: Das Messeformat der Zukunft wird hybrid sein. Das Beste aus der physischen und der digitalen Welt wird kombiniert und zu einem Gesamterlebnis gemacht. Zum Beispiel physische Messestände vor Ort und virtuelle Live-Messerundgänge für Teilnehmende, die nicht anreisen können. Oder Hilfsmittel wie Apps, die Besuchern helfen, sich auf der physischen Messe zurechtzufinden, und Online-Plattformen für das «Matchmaking», die den virtuellen und physischen Kontakt der Besucher untereinander ermöglichen. Vermehrt genutzt werden auch die digitalen Möglichkeiten für Workshops und Schulungen. Darüber hinaus können Aussteller ganzjährig auf der Online-Plattform des Messeveranstalters präsent sein. Dies führt nicht nur zu mehr Visibilität für Aussteller, sondern auch dazu, dass sie das ganze Jahr über in Kontakt mit ihrer Community sein können. Auch S-GE hat auf die veränderten Rahmenbedingungen reagiert und den Virtual SWISS Pavilion entwickelt, wo sich Schweizer Aussteller und Besucher aus der ganzen Welt treffen können, um sich auszutauschen und neue Produkte, Dienstleistungen und Trends vorzustellen.

Chancen und Herausforderungen
Digitale Messen bieten den Veranstaltern nebst der grösseren Reichweite, der Erschliessung neuer Zielgruppen, der Teilnahmemöglichkeit trotz Reiserestriktionen und der Einsparung von Ressourcen vor Ort auch eine ganzjährige Visibilität in der Community. Möchten Unternehmen jedoch alle Kanäle seriös bearbeiten, ist der Zeitaufwand nicht zu unterschätzen. Darüber hinaus erfordern hybride Veranstaltungen neue Konzepte und andere Skills.

Digitale Inhalte müssen anders aufbereitet werden als ein Messestand. Und die Mitarbeitenden vor Ort können nicht auch noch den digitalen Teil präsentieren. Für diese Aufgabe muss sich jemand explizit Zeit reservieren. Auch die Zeitverschiebung und die aufgrund der Pandemie veränderte Messe-Logistik müssen beachtet werden. Auf gewissen Transportwegen ist die Nachfrage grösser als das Angebot der Spediteure. Das bedeutet nicht nur eine längere Vorlaufzeit und frühzeitigere Planung, sondern auch höhere Preise.

Trends der veränderten Messewelt
Wir stellen eine rückläufige Globalisierung in der Messewelt fest. Anstelle von Weltleitmessen werden vermehrt kontinentale oder aktuell sogar regionale Leitmessen geplant. Statt eines jährlichen Treffens an einem Ort der Welt trifft man sich heute eher drei Mal pro Jahr auf den unterschiedlichen Kontinenten. Der Megatrend Digitalisierung macht auch vor Messen wie oben beschrieben nicht Halt. Zudem wird vermehrt auf Nachhaltigkeit geachtet. Ein weiterer Trend ist die Erlebnisorientierung auf Messen. Das heisst bei Fachmessen nicht, dass das Oktoberfest kopiert werden muss, aber die Besucher wünschen sich eine angenehme Messe. Sie möchten vor oder nach dem Rundgang auf der Messe in einer netten Lounge mit funktionierendem WLAN ungestört arbeiten und einen guten Kaffee trinken können. Es sind kleine, aber wichtige Dinge, die den Messebesuch attraktiv machen. Messen entwickeln sich zudem von der reinen Produktschau zunehmend zu Dialogplattformen. Nicht nur die Aussteller möchten mit den Besuchern in Kontakt treten, sondern die Besucher möchten sich auch untereinander austauschen. Deshalb wird dem Matchmaking und entsprechenden Plattformen je länger je mehr Bedeutung beigemessen. Oft werden kleinere Flächen gebucht und die Unternehmen reisen mit weniger Personal an, da Spezialisten auch virtuell zugeschaltet werden können.

Chancen im internationalen Messewesen
Switzerland Global Enterprise (S-GE) ist seit 1927 die offizielle Schweizer Organisation für Exportförderung und Standortpromotion. Im Auftrag von Bund (Staatssekretariat für Wirtschaft SECO) und Kantonen leistet S-GE einen Service Public und unterstützt jährlich über 5 000 Schweizer KMU bei ihrem internationalen Geschäft. Dazu baut die Non-Profit-Organisation auf ein einzigartiges nationales und globales Partnernetzwerk und betreibt gemeinsam mit dem eidgenössischen Department für auswärtige Angelegenheiten EDA 27 Aussenstellen (Swiss Business Hubs und Trade Points) in 31 Ländern.

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