Zermatt gilt als eine der erfolgreichsten Alpendestinationen in der Schweiz. Ein starker Gästemix, der legendäre Glacier Express und selbstverständlich das Matterhorn machen das Walliser Bergdorf zu einem beliebten Reiseziel. Doch auch in Zermatt bereitet man sich auf die Zukunft vor. Daniel Luggen ist seit 2007 Direktor von Zermatt Tourismus und verfolgt eine klare Strategie. Ausländische Investoren findet man hier kaum, das Bergdorf am Fusse des bekanntesten Viertausenders der Schweiz will vor allem eins: Eigenständigkeit.

Autorin: Isabelle Riederer

PRESTIGE BUSINESS: Die Tourismusbranche ist im Wandel. Wie sehen Sie diesen Wandel und was kommt auf Zermatt in den kommenden Jahren zu?

Daniel Luggen: Die Welt ist in Bewegung, entsprechend muss auch der Tourismus ständig reagieren und agieren. Die grossen Herausforderungen liegen in den Bereichen der Nachhaltigkeit, aber auch die Wettbewerbsfähigkeit muss gestärkt werden. Intern beschäftigen uns auch Themen wie die Nachfolgeregelung in der für uns so wichtigen inhabergeführten Hotellerie sowie die genügende Rekrutierung guter Fachkräfte. Als Tourismusdestination gelingt die Lösung dieser Themen nur übergeordnet und gemeinsam. In Zermatt haben wir schon seit vielen Jahren eine Strategiegruppe bestehend aus den verschiedenen Leistungspartnern der Destination. Gemeinsam werden die Stossrichtung und die Entwicklung der Destination Zermatt–Matterhorn definiert und Lösungen für die aktuellen und zukünftigen Themen gesucht.

Wie wichtig ist der Tourismus als Wirtschaftszweig in Zermatt? 

Zermatt ist Tourismus. Nahezu jedes Business ist direkt oder indirekt mit dem Tourismus verbunden. Das Bewusstsein der Bevölkerung für den Tourismus ist entsprechend hoch.

Spielen dabei auch Bergbahnen für Sie eine zentrale Rolle? 

Eines unserer wichtigsten Geschäftsfelder ist der Wintersport. Hier nehmen die Bergbahnen die wichtigste Position ein. Sie sorgen für eine ausgezeichnete Infrastruktur, welche Zermatt zu einem der besten Skigebiete weltweit macht. Aber auch im Sommer steigt ihre Bedeutung dank der Erschliessung der Berge für Wanderer und Mountainbiker. Dank der Weitsicht unserer Vorfahren befinden sich die Zermatter Bergbahnen nach wie vor und mehrheitlich in einheimischen Händen – und dies erlaubt es uns, den Betrieb und den Ausbau der Bergbahnen im Sinne der ganzen Destination zu gestalten.

Apropos Sommer, viele Wintersportdestinationen bemühen sich das ganze Jahr über, Gäste anzulocken. Ist Zermatt heuer schon eine Ganzjahresdestination?

Eines unserer wichtigsten Ziele ist es, die Auslastung über 365 Tage hoch zu halten, um so die Investitionen besser amortisieren zu können und für unsere Mitarbeiter attraktive Ganzjahresjobs zu schaffen. Wir verfolgen zwei Stossrichtungen: Zum einem streben wir einen internationalen Gäste-Mix an, um die saisonalen Spitzen zu brechen. Unsere Zauberformel lautet hier 40/40/20: 40 Prozent Schweizer, 40 Prozent Europäer und 20 Prozent Gäste aus Übersee. Zum anderen versuchen wir mit der Angebotsgestaltung, die Hauptsaisonzeiten Sommer und Winter auszudehnen. Das erreichen wir einerseits mit längeren Öffnungszeiten, aber auch mit attraktiven Events wie dem Zermatt Unplugged oder den neu im Oktober/November stattfindenden Ski-Weltcup-Abfahrten für Damen und Herren.

Sie haben eingangs bereits die Nachhaltigkeit angesprochen. Wie setzen Sie sich mit diesem Thema in Zermatt auseinander? 

Der Klimawandel findet direkt vor unserer Haustür statt – Beispiel Gletscherschmelze. Entsprechend hoch ist bei uns die Sensibilität für einen nachhaltigen Tourismus. Wir verzichten absichtlich auf reisserische Aussagen, bis wann wir klimaneutral sein werden: «Handeln statt sprechen» ist unser Motto, weshalb wir zahlreiche Massnahmen vorantreiben, welche unsere Klimabilanz verbessern. Ein grosser Vorteil ist sicher, dass Zermatt autofrei ist. Aber auch in der Abfallbewirtschaftung und Energieversorgung – über 80 Prozent des verbrauchten Stroms kommen heute schon aus erneuerbarer Produktion, hauptsächlich aus Wasserkraft. Zudem heizen immer mehr Hotels und Restaurants mit umweltfreundlichen Systemen wie Wärmetauschern oder Pellets aus dem heimischen Wald. Die Beschaffung der Lebensmittel wird regional und saisonal angepasst. Die ökologische Nachhaltigkeit ist das eine, wir versuchen aber auch ökonomisch und sozial nachhaltig zu agieren. Nur so, davon sind wir fest überzeugt, kann die erfolgreiche Tourismusgeschichte unserer Destination von den zukünftigen Generationen weitergeschrieben werden.

Entstehungsmythos des Matterhorns

Einer Sage nach soll das Matterhorn in allerfrühester Zeit zu einer Bergkette gehört haben, die einheitlich höher war und gegen Süden abbrach. Der Riese Gargantua aus dem Aostatal, so ist es überliefert, wollte eines Tages auch einmal die Landschaft jenseits des Plateaus sehen, machte einen grossen Schritt und stand sogleich mit einem Fuss in der Schweiz. Doch oh Schreck, dieser eine Schritt brachte sogleich die Felsen rings um den Riesen zum Einsturz. Von dem gewaltigen Massiv blieb nur, was der Riese zwischen seinen Beinen hatte schützen können – das Matterhorn.