Wirtschaftliche Aspekte stehen bei der Bewältigung der Covid-19-Krise derzeit im Fokus, und Notmassnahmen, die die Existenz von besonders betroffenen Unternehmen und damit Arbeitsplätze sichern, stehen verständlicherweise an erster Stelle. Ökologische und soziale Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung wurden teilweise aus der öffentlichen Diskussion verdrängt. Die beiden Wirtschaftsverbände öbu und swisscleantech warnen in einem gemeinsamen Positionspapier jedoch: Eher früher als später werden diese fundamentalen Themen wieder an die Oberfläche drängen1. Das Zeitfenster, um gangbare Schritte gegen die Klimakrise und weitere ökologische und soziale Bedrohungen zu unternehmen, schliesst sich schnell. Dabei können die Massnahmen für eine nachhaltige Wirtschaft auch den Weg aus der Covid-19- Krise weisen.

Die Pandemie zeigt, dass sich Volkswirtschaften besser gegen Krisen wappnen und widerstandsfähiger werden müssen. Das Gleiche trifft auf die sich anbahnenden globalen Krisen durch den Verlust an Biodiversität und den Klimawandel zu. Klimataugliches Wirtschaften und nachhaltige Entwicklung werden zur Notwendigkeit, wenn es darum geht, eine resiliente Wirtschaft zu fördern. Denn: Märkte sind zwar gut dazu geeignet, wirtschaftliche Effizienz zu schaffen. Sie sind jedoch nicht geeignet, Widerstandsfähigkeit («Resilienz») gegen gesellschaftliche Schocks zu schaffen, auch das hat die Covid19-Krise gezeigt.

Die Krise wird zu einer spürbaren Rezession führen. Diese Aussichten werden politische Akteure dazu bewegen, Konjunkturprogramme zu verlangen – Programme, die öffentliche Investitionen und den Konsum steigern. Diesen stehen swisscleantech und öbu eher skeptisch gegenüber. Die beiden Wirtschaftsverbände haben in ihrem gemeinsamen Positionspapier Massnahmen veröffentlicht, die stattdessen verstärkt werden müssen, um eine zukunftsfähige Wirtschaft zu fördern.

Dazu gehört unter anderem die Stärkung der Kreislaufwirtschaft und der nachhaltigen Lieferketten dank Innovationen und guter Rahmenbedingungen. Lokal verfügbare Produkte und Rohstoffe mit kürzeren, flexiblen Lieferketten steigern die Resilienz des Wirtschaftssystems und reduzieren Abhängigkeiten. Dies fördert die lokale und regionale Wirtschaft, reduziert den CO2-Ausstoss und den gesamten Rohstoffverbrauch. Alle Konjunkturmassnahmen sollten darauf geprüft werden, ob sie die Anforderungen an eine klimaneutrale nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens erfüllen. Im Rahmen der Wirtschaftshilfe dürfen keine Infrastrukturen geschaffen oder langfristig gefördert werden, welche die Abhängigkeit zukünftiger Generationen von fossilen Brenn- und Treibstoffen verstärken.

Der Bund, die Kantone und private Unternehmen fördern bereits heute mit Blick auf ihre Nachhaltigkeits- und Klimaziele diesen Strukturwandel. Sogenannte «Corona-Massnahmen», die die Konjunktur stabilisieren sollen, müssen mit diesen Strukturreformen verknüpft werden.

In der Covid-19-Krise ist entschiedenes Handeln gegen eine weltweite Bedrohung und solidarisches Handeln über Generationen kurzfristig möglich geworden. Dies wird den Klimaschutz jedoch nicht direkt stärken. Die aktuellen Massnahmen beruhen auf ausserordentlichem Recht und sind kurzfristiger Natur. Das Engagement bezüglich der Nachhaltigkeitsziele strebt aber gerade an, solche Notfallszenarien – welche auch aus dem Klimawandel, aus dem Umgang mit Süsswasser, drohen – möglichst zu vermeiden. Anders als bei der Covid-19-Pandemie sind diese Auswirkungen schleichend, aber nicht weniger bedrohlich. Deshalb ist entschiedenes Handeln auch hier von höchster Priorität.

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