Grundsätzlich unterscheidet sich das Schreiben für digitale Medien kaum vom Schreiben für traditionelle Medien. Es gibt allerdings einige zentrale Unterschiede, die im folgenden Beitrag aufgefächert werden.

von Dr. Susan Göldi und Martin Waldau

Zunächst gibt es zwischen klassischen Printmedien und digitalen Medien viele Schnittmengen. Es gelten dieselben Regeln für das Beschaffen von Informationen, deren Ordnung und Gestaltung, wie sie seit der Antike im Rahmen der Rhetorik geprägt, elaboriert und an unseren Schulen trainiert werden. Texte sollen sachlich, prägnant, einfach, strukturiert und anregend sein. Dennoch sind einige Besonderheiten zu beachten. Online schreiben bedeutet: Hypertexten, Anreichern von Text mit Bild, Ton und / oder Film und Effizientes Suchen ermöglichen.

Hypertext und die umgekehrte Pyramide
Ein Online-Text entsteht durch das Aufbereiten von Information als Hypertext. Das bedeutet konkret: Hypertext ist eine Sammlung von textuellen Elementen und / oder multimedialen Objekten, die über Querverweise (Links) miteinander verbunden sind. Lesende können den Text auf unterschiedliche Art und Weise zusammensetzen und lesen.

Anstatt lineares findet progressives Lesen statt. Lesende folgen Schlüsselwörtern, Titeln, Bildern, Audio oder Video. So «bauen» sie sich mit den angebotenen Textbausteinen ihren eigenen Text zusammen, folgen ihrem individuellen Lesepfad und sind damit indirekt an der Textproduktion beteiligt. Satz- und Absatzzusammenhänge ergeben sich wie üblich durch ­Bindewörter und Wortwiederholungen auf der Textoberfläche. Textliche Zusammenhänge ergeben sich über nachvollziehbare Raum-, Zeit- und Sach- / Personenstruk­turen. Wie auch im klassischen Journalismus kommt das Prinzip der umgekehrten Pyramide zum Einsatz – die wichtigsten Informationen nach vorn, gefolgt von zunehmend detaillierenden Angaben.

Der Teaser als Aushängeschild
Auf Webseiten werden Inhalte häufig «an­geteasert». Teaser-Texte sind das Salz in der Suppe im Textbereich und bestehen aus folgenden vier Elementen.

Die Überschrift ist die Visitenkarte des ­Artikels und entscheidet darüber, ob der Beitrag gelesen wird oder nicht. In ihr sollten das Wer und das Was abgedeckt sein. Zahlen, die direkte Ansprache der Lesenden, Tipps und Tutorials sowie Keywords begünstigen ebenfalls das Klickverhalten auf den Beitrag.

Der Lead-Text ist der «Anreger» zum eigentlichen Beitrag und beantwortet meist in zwei bis vier Zeilen die Fragen nach dem Wer, Was, Wo und Wann. Er hat zur Aufgabe, den Lesenden auf kleinstem Raum neugierig zu machen, Image-tragende ­Botschaften zu vermitteln und die Aufmerksamkeit des Lesenden aufrechtzuerhalten.

Ein «Cliffhanger» am Ende des Teasers soll Neugier wecken und zum Klick auf weiterführende Informationen animieren. Ein ­beliebtes Vorgehen ist das Abbrechen des Teasers mitten im Satz auf der zweiten oder dritten Zeile, wodurch Spannung ­erzeugt wird. Wie endet der Satz?

Das Teaserbild – auch Key-Visual – repräsentiert das Thema / den Inhalt des jeweiligen Beitrages. Es soll den Lesenden in den Beitrag «hineinziehen». Darüber hinaus wirkt es sich positiv auf die Google-Bildersuche aus.

Content-Aufbereitung
Während Titel und Teaser durch grösste Textdichte geprägt sind (umgekehrte Pyramide), ist der ausführliche Text weniger dicht, hat eine grössere Tiefe und enthält mehr Zusatzinformationen sowie weiterführende Links (beispielsweise zu Quellen und weiterführender Literatur). Ein weiterer Pluspunkt sind das Verknüpfen mit multimedialen Inhalten (zum Beispiel Filmbeiträge, Podcasts) und das Anbieten einer druckbaren Version, wodurch neben dem progressiven auch das lineare Lesen bedient werden kann.

Sätze von 20 bis 30 Wörtern erstrecken sich in digitalen Medien schnell über viele Zeilen. Das bedeutet: je mehr Zeilen, desto unübersichtlicher der Inhalt des jeweiligen Satzes für den Lesenden und desto schwerer ist es, den Inhalt zu lesen beziehungsweise zu scannen und zu verstehen. Deshalb sollten sich Sätze in digitalen Medien nicht über mehr als zwei bis drei Zeilen ­erstrecken und jeweils nur einen Gedanken ausführen. Gleiches gilt für Absätze. Zehn Zeilen pro Absatz und nicht mehr.

Ganze Texte werden üblicherweise nicht über mehr als zwei bis drei Bildschirmseiten geführt, da mit dem «digitalen Lebensstil» die Aufmerksamkeit beeinträchtigt wird. Der überwiegende Teil der Webnutzenden ­betrachtet in der Regel nur die Informationen oberhalb der Bildschirmkante und scrollt dann noch zwei- bis dreimal. Idealerweise wird der Volltext von einer Druckversion ­begleitet – sei es in Form von druckbaren Webseiten oder als PDF-Dokument.

Das Auge scannt mit
Generell empfiehlt es sich, Online-Texte in Absätze zu gliedern. An passenden Stellen Zwischenüberschriften einzufügen oder auch wichtige Keywords in Fettschrift hervorzuheben. Diese fungieren in der Fülle an Informationen als Anker für das menschliche Auge, an denen sich die Lesenden beim Scannen der Inhalte «entlanghangeln» können. Besondere Beachtung finden ­neben Bildern im Text auch auflockernde Aufzählungen (Bullet-Points). Diese werden beim Scannen bevorzugt, aber auch in der vertiefenden Lektüre stark wahrgenommen. Sie eignen sich deshalb gut für Kernaussagen, strukturierende Links oder für Zwischentitel.

Vertrautheit der Lesenden mit Wörtern ist wichtig, um das Scannen eines Textes zu ermöglichen. Scannen muss schnell gehen und gelingt nur mit Wörtern, die sofort eine Resonanz im Hirn erzeugen und die den Lesenden vertraut sind. Zu Wörtern, von denen angenommen werden muss,  dass sie nicht oder wenig vertraut sind, braucht es Erklärung. Diese kann im Text oder über einen Link auf eine Worterklärung erfolgen.

Vergessen wir das Wichtigste nicht: Mit dem Schreiben wird immer ein Ziel verfolgt. Eine bestimmte Aktivität oder Einstellung soll bei den Lesenden erzeugt werden. Das erreichen Schreibende mit guten ­Texten – wobei sich die Güte nach der Textsorte richtet.

Das Verwenden von Links
Texte für digitale Medien werden portioniert und in Häppchen über Links miteinander verknüpft. Daraus resultieren unterschiedliche Lesepfade für unterschiedliche Nutzende. Grundsätzlich gilt, wo immer möglich und sinnvoll, Inhalte mithilfe von Links miteinander zu verknüpfen – dies auch mehrfach, wobei aber Masshalten nicht falsch ist. Auf ein und denselben Textbaustein ­sollen Lesende auf unterschiedlichen ­Wegen gelangen können. Grundsätzlich lassen sich drei verschiedene Arten von Links unterscheiden:

  • Textinterne Links: führen zu einem Sprungziel (Anker) im Text. Beispielsweise bei Aufzählungspunkten, die zu weiterführenden Abschnitten führen.
  • Seiteninterne Links: führen zu einem anderen Text, der sich auf derselben Webseite befindet. Beispielsweise bei Verlinkungen auf verwandte Texte, Dokumente oder Medien.
  • Externe Links: führen von der Seite weg und bringen den jeweiligen Text in einen weiterführenden Zusammenhang.

Wenn die Funktionalität von Links im Vordergrund steht, lassen sich unterscheiden:

  • strukturierende Links (seitenintern oder Site-intern)
  • definierende und assoziierende Links zu gleichgestellten Beiträgen mit thematischem Zusammenhang (Site-intern oder -extern)
  • Links mit kommunikativer Funktion (zum Beispiel E-Mail öffnet sich)

Optimierung für Suchmaschinen
Im Internet gefunden wird grundsätzlich nur, was auf einer Webseite auch geschrieben steht. Das A und O für Suchmaschinen-optimierte Texte sind die Keywords, die die Suchmaschinennutzer bei Google und Co. eingeben, um an Inhalte zu gelangen. Webtextende sollten das gebräuchliche Wort, unterschiedliche Schreibweisen und gleichrangige Synonyme – auch anderssprachig – verwenden.

Suchmaschinen durchsuchen Titel, Zwischenüberschriften, Text, markierte Stellen, Links und Tags (Verschlagwortung des ­jeweiligen Beitrages) nach Keywords. Tools wie Google Trends, Google Insights for Search oder der Google-Keyword-­Planner geben Aufschluss über das Suchverhalten der Internetnutzenden. In erster Linie sollten die Texte jedoch für die ­Nutzenden und nicht für die Suchma­schinen erstellt werden. Als Daumenregel gilt: Keywords sollten etwa zwei bis fünf Prozent am Gesamttext ausmachen.

Redaktoren, die für das Web texten, denken multimedial und interaktiv. Und hierin zeigt sich auch die Stärke des Internets. Videos, Audio, Bilder, Slideshows oder ­Dokumente werten den Beitrag auf, stören den Lesefluss nicht und können die Glaubwürdigkeit verbessern. Kommentarfunktionen (beispielsweise in einem Blog) können Lesende zu Feedback animieren und machen aus der Ein- eine Zweibahnstrasse mit einem im ­Idealfall regen Dialog zwischen Autor und Lesenden. Werden Bilder in den Text ein­gefügt, darf nicht vergessen werden, eine Bildunterschrift einzufügen sowie den ALT-Tag auszu­füllen – im Idealfall mit bild- oder situationsbeschreibenden Keywords. Die Suchmaschine wird es danken.

Mithilfe von Webanalyse-Tools kann das Nutzungsverhalten der Lesenden nachvollzogen, ausgewertet und interpretiert werden. Content-Produzierende können auf dieser Grundlage ihre Inhalte immer besser auf das Leseverhalten und auf die Lesebedürfnisse der Nutzenden zuschneiden.

Weitere Informationen:
www.fhnw.ch