Erik Wirz ist Gründer und Inhaber der Executive Search Firma Wirz & Partners, die ihre Arbeit auf Senior Executives und Fachspezialisten in den Bereichen Digitalisierung, IT, Management Beratung, Pharma und Life Science fokussiert und in der Schweiz und Europa tätig ist. (Foto: Aniela Lea Schafroth)

In herausfordernden Zeiten wie in der Corona-Krise treiben erfolgreiche Firmen ihre strategischen Initiativen mit Hockdruck voran. In einem Umfeld, in welchem schwaches Management in der Schockstarre verharrt, nutzen andere das Momentum. Das 1×1 des Krisenmanagements funktioniert nicht mehr. Ein Gespräch mit Erik Wirz, Managing Partner bei Wirz & Partners, führendes Executive Search Unternehmen der Schweiz.

Was ist Ihre Beobachtung, wie Firmen mit der jetzigen Situation umgehen?
Neben dem Krisenmanagement treiben erfolgreiche Firmen ihre strategischen Initiativen mit Hockdruck voran. In einem Umfeld, in welchem schwaches Management in der Schockstarre verharrt und dadurch wertvolle Marktanteile verloren gehen, beobachten wir bei unseren Kunden, dass diese das Momentum für sich nutzen. Aktuell wird das Top Management vor komplett neue Herausforderungen gestellt. Krisenmanagement, wie es die meisten gelernt haben, funktioniert nicht. Neben globalen Lieferketten, welche zusammenbrechen, werden die Co-Abhängigkeiten in der globalen Wirtschaft rasend schnell ins Bewusstsein gerückt.
Der Verwaltungsrat sieht sich nicht nur mit neuen, bisher nicht identifizierten operationalen Risiken konfrontiert, welche teilweise existenzielle unternehmerische Risiken repräsentieren, sondern auch mit Risiken, welche persönlich zu rechtlichen Konsequenzen führen können.
Der sogenannte «Black Swan» wird zum ultimativen Testcase für das Leadership Team und zeigt, wie es um die organisatorische Resilienz steht.

Betrifft es nur das Top Management oder auch den Verwaltungsrat?
Auch das operative Management sieht sich mit unerwarteten Herausforderungen konfrontiert. Allfällig verschlafene, ignorierte oder schöngeredete fehlende Strategien in Bezug auf die Digitalisierung sind in den letzten Wochen gnadenlos zu Tage getreten.
Im Extremfall führt es zum operativen Stillstand, zum Konkurs der Firma oder es gefährdet die Gesundheit der Mitarbeiter, weil Home Office seitens der Infrastruktur und der fehlenden Prozesse nicht effizient umgesetzt werden kann.

Wenn man hier etwas «Positives» rausziehen könnte, was wäre das?
Die Kompetenzen; operationelles Risk Management, Security, sowie die Digitalisierung und das Transformation Management rücken verstärkt in das Aufmerksamkeit Spektrum des Verwaltungsrats sowie des Top Managements und erhalten im Licht von Corona ein komplett neues Gewicht.

Was wird unterschätzt?
Neben den obengenannten Effekten kommt noch ein weiterer Aspekt dazu, die Angst. Die Organisation wird gelähmt. Die Mitarbeiter arbeiten in einer für die meisten neuen, ungewohnten Umgebung mit diversen Stressfaktoren, all dies begleitet von der omnipräsenten medialen Schreckensmeldungsberieselung, welche für viele im Zusammen- spiel zu Angst und Unsicherheit führt.

Wo sehen Sie «Opportunitäten»?
Im Führungsstil: Hier zeichnet sich aktuell ein klares Bild, welche Führungskräfte wirkliche Führungsqualitäten aufweisen. Überlegtes, schnelles Handeln und regelmässige Kommunikation genügen nicht. Die Organisation muss spüren, dass das Leadership Team auch emotional engagiert ist. Oberflächliche Phrasenreiterei dringt in solchen Zeiten noch weniger durch als sonst, hier zählt wirkliches Engagement, Interesse am Menschen, an den individuellen Problemen jedes Einzelnen. Flexible, pragmatische Lösungen sind gefragt.

Was zählt jetzt?
Top Firmen zeichnen sich aus durch unternehmerische Vorbereitungsmassnahmen, Risk Management, Cash Management, Variabilität der Kosten, breit abgestützte Lieferketten, hohe Diversifikation auf der Kundenseite, sowie einen hohen Digitalisierungsgrad.
In diesen Zeiten achtet die Organisation mehr denn je darauf, ob das Führungsteam einen klaren Plan hat. Zögerliches, unklares, unverbindliches Verhalten des Top Managements wird mehr denn je zum operativen Risiko, der Verwaltungsrat ist gefordert.
Die Qualität des Management Teams sowie der Strategie spiegeln sich in der Konsistenz der Umsetzung. Wenn die Strategie nicht durch operative Hektik umgeworfen wird, wenn die Mitarbeiter dem Führungsteam vertrauen, dann wurde hier ein guter Job gemacht.

Gibt es Chancen, wie sieht der «bold move» aus?
Das Thema der strategischen Rekrutierung gewinnt in diesen Zeiten mehr denn je an Bedeutung. Schlüsselpositionen im Top Management müssen kritisch überdacht werden. In Krisensituationen ist die Besetzung des Leadership Teams von fundamentaler Bedeutung.
Nicht nur im M&A, auch in der Rekrutierung eröffnen sich aktuell neue Möglichkeiten. Top Führungskräfte wechseln zu Firmen mit Zukunftsperspektiven, einer Vision, einer klaren Strategie sowie hohen ethischen Werten. Gute Führungskräfte werden in der aktuellen Situation sichtbarer denn je und dementsprechend gefragter denn je.

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