Das Giesskannenprinzip ist bei der beruflichen Vorsorge keine vorteilhafte Methode.

in der Schweiz stehen wir einmal mehr am Anfang einer herausfordernden politischen Auseinandersetzung rund um die Reform der Beruflichen Vorsorge (BVg). Die Berufliche Vorsorge nimmt in der Schweiz einen wichtigen sozialpolitischen und volkswirtschaftlichen Stellenwert ein. sie trägt wesentlich zur alters- / hinterlassenen- und Invalidenvorsorge bei. im Fokus stehen dabei die Sozialpartnerschaftlich geführten Pensionskassen, welche sicherstellen, dass die versprochenen Leistungen erfüllt werden.

Aktuell tragen 1 570 Pensionskassen (PK) die Verantwortung für ein Vorsorgevermögen von aktuell gegen 1 000 Milliarden Franken. Sie erbringen gegenüber den Versicherten Leistungen in Höhe von rund 39 Milliarden Franken. Die PK leisten mit ihren Anlagen auf dem Finanzmarkt zudem einen Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung. So entspricht das Vorsorgevermögen rund dem 1.3-fachen des Bruttoinlandproduktes BIP.

Reformbedarf ist vorhanden
Gleichwohl sind Reformen in der Beruflichen Vorsorge notwendig. Die aufgrund des demografischen Wandels und der veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geplante Revision ist eine der grössten politischen Herausforderungen für das Parlament in der laufenden Legislatur. Gemäss dem Schweizerischen Pensionskassenverband ASIP ist eine Reform notwendig, mit der eine langfristige Sicherung der Renten gewährleistet werden kann. Zudem muss diese finanziell für die Versicherten und Arbeitgeber, insbesondere auch für KMU, tragbar und durch die Pensionskassen operativ einfach umsetzbar sein. Im BVG ist vor allem der für die Rentenberechnung massgebende sog.
Umwandlungssatz unter Aufrechterhaltung des Leistungsniveaus zu senken. Der Umwandlungssatz ist eine rein rechnerische Grösse. Massgebend für seine Höhe sind die Lebenserwartung und die realistisch zu erwartenden Renditen.

Reformvorschläge
Vor diesem Hintergrund hat der ASIP als Fachverband bereits im Mai 2019 einen Vorschlag veröffentlicht. Dieser sieht eine Senkung des BVG-Mindest-Umwandlungssatzes von 6.8 auf 5.8 Prozent vor, den Beginn des Alterssparens mit 20 statt 25 Jahren sowie eine leichte Senkung des sog. Koordinationsabzuges, was vor allem tiefere Löhne besserstellt. Zudem sollen die für den Sparprozess massgebenden Altersgutschriften angepasst werden. Für die sog. Übergangsgeneration, die nicht genügend Zeit erhält, die Senkung des MindestUmwandlungssatzes durch zusätzliches Sparen zu kompensieren, schlägt der ASIP ein systemkonformes Konzept vor. Eine Erhöhung der BVG-Altersguthaben bei Pensionierung während zehn Jahren soll sicherstellen, dass neben allen anderen auch diese Generation keine Renteneinbussen erleidet. Entsprechende Mittel für die Finanzierung dieser Übergangsmassnahme sind bei den betroffenen Pensionskassen bereits weitgehend vorhanden und können zur Finanzierung des Leistungsausgleichs verwendet werden. Damit ergibt sich in diesen Pensionskassen kaum eine Zusatzbelastung für die Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Vor allem ist diese Lösung tatsächlich zeitlich befristet.

Im Juli 2019 haben Travail.Suisse, der Schweizerische Gewerkschaftsbund und der Arbeitgeberverband den sog. «Sozialpartnerkompromiss» präsentiert, der vom Gewerbeverband jedoch nicht mitgetragen wurde. Der seitens des Bundesrates im Dezember in die Vernehmlassung geschickte Reformvorschlag entspricht 1:1 dem «Sozialpartnerkompromiss». Dieser nimmt zwar einzelne Elemente des ASIPVorschlags auf, weicht aber in wesentlichen Punkten davon ab. Ein grosser Unterschied besteht beim Konzept für die Übergangsgeneration. Der Bundesrat schlägt einen lebenslänglich auszubezahlenden Rentenzuschlag für alle Neurentner der nächsten 15 Jahre vor. Dieser beträgt ab Inkrafttreten der Reform für die ersten fünf Jahrgänge 200 Franken, für die nächsten fünf Jahrgänge 150 Franken und für die weiteren fünf Jahrgänge 100 Franken pro Monat. Dieser Zuschlag soll mit einem zeitlich unbegrenzten Beitrag von 0.5 Prozent auf dem AHVLohn finanziert werden. Mit diesem Vorschlag wird innerhalb der zweiten Säule eine im Umlageverfahren finanzierte Zusatzrente eingeführt, die für die Mehrheit der Versicherten einen unnötigen Leistungsausbau mit hohen Kosten zur Folge hat. Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die in der Vergangenheit mehr als das gesetzliche Minimum bezahlt haben, würden ein zweites Mal zur Kasse gebeten. Statt die Umverteilung mit realistischeren Rahmenparametern zu reduzieren, wird die Umverteilung von Jung zu Alt mit der Giesskanne noch ausgebaut.

Mehrheitsfähige Lösung suchen 
Der von den Spitzen der Sozialpartner und vom Bundesrat vorgeschlagene Mechanismus für die Übergangsgeneration zum Erhalt des Leistungsniveaus ist klar abzulehnen. Die fixen, lebenslänglichen Zuschläge für alle Neurentner – unabhängig von der Betroffenheit durch die Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzes und finanziert mit zeitlich nicht limitierten Beiträgen von 0.5 Prozent auf dem AHVLohn – schiessen weit über das Ziel hinaus und haben unerwünschte Konsequenzen. Erfreulicherweise erkennen zunehmend mehr Kreise, dass der bundesrätliche Vorschlag nicht zielführend ist und angepasst werden muss. Während vor allem der Arbeitgeberverband damit argumentiert, die neue Umverteilung träfe vor allem die Besserverdienenden, spricht es Bände, dass verschiedene Arbeitgeberorganisationen, so unter anderem der Baumeisterverband und GastroSuisse, mit einem Vorschlag ausgeschert sind, der dem des ASIP zum Verwechseln ähnlich ist. Diese Entwicklung ist vor allem auch aus KMU-Sicht durchaus positiv zu beurteilen.

Die politischen Kräfte sollten sich jetzt auf eine mehrheitsfähige, faire Lösung verständigen. Diesbezüglich zeigt der ASIP einen gangbaren Weg auf. Jede vom Obligatorium betroffene PK muss heute Jahr für Jahr hohe Rückstellungen wegen dem zu hohen BVG-Umwandlungssatz bilden (vergleiche beispielsweise Stiftung Auffangeinrichtung: Gemäss Jahresbericht 2018, S. 35 140 Millionen Franken). Eine Reform, die den Umwandlungssatz senkt, führt immer dazu, dass diese Rückstellungen nicht mehr in gleichem Ausmass gebildet werden müssen und aufgelöst werden können. Damit wird die PK sofort entlastet. Angesichts der Tatsache, dass man haushälterisch mit den Mitteln umgehen sollte, wäre es bedauerlich, wenn man diese Mittel nicht für die Finanzierung der Kompensationsmassnahmen anzapfen würde.

Fazit
Reformen in der beruflichen Vorsorge sind dringend notwendig. Diesbezüglich erfüllt der ASIP-Vorschlag die Forderungen nach einer wirksamen BVG-Reform und trägt den in den Pensionskassen bereits sozialpartner-schaftlich gefällten Entscheiden Rechnung. Die Situation der Versicherten mit tiefen Löhnen und der Teilzeitan-gestellten wird verbessert, und das Rentenniveau bleibt erhalten, ohne dass eine komplizierte, teure und unnötige Umverteilung installiert werden muss, die keineswegs im Interesse der KMU liegt. In diesem Sinn leistet der ASIP-Vorschlag einen effektiven Beitrag zur nachhaltigen Finanzierung der beruflichen Vorsorge. Angesichts der Tatsache, dass der Handlungsbedarf unbestritten ist, sollten sich die politischen Kräfte jetzt auf eine mehrheitsfähige, faire Lösung verständigen.

www.asip.ch