Voraussetzungen schaffen, damit Frauen gläserne Grenzen durchbrechen können.

seit 15 Jahren untersucht guido schilling als herausgeber des «schillingreport», wie sich die Zusammensetzung der führungsgremien der 100 grössten schweizer arbeitgeber entwickelt. Welche erkenntnisse lassen sich für schweizer KMU gewinnen und wie können sie diese für sich nutzen?

Als der «schillingreport» vor 15 Jahren erstmals die Zusammensetzung der Geschäftsleitungen der grössten Schweizer Arbeitgeber erhob, war Gender Diversity für die meisten Unternehmen ein Randthema. Der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen der 100 grössten Schweizer Arbeitgeber betrug 2006 lediglich vier Prozent. Heute ist der Frauenanteil zum ersten Mal zweistellig und liegt bei zehn Prozent. Doch wo stehen wir auf dem langen Weg zu einer ausgewogenen Gender Diversity und welche Chancen bieten sich den KMU?

Attraktive Arbeitgeber
Erst rund die Hälfte der grössten Schweizer Arbeitgeber hat Frauen in der Geschäftsleitung. Doch die Entwicklung zeigt, dass das Bewusstsein der Wirtschaft für weibliche Fachkräftepotenziale und die unbestrittenen Vorteile gemischter Führungsteams wächst. Wir erleben eine Zeitenwende. Sie bietet KMU die Chance, sich für weibliche Talente als attraktive Arbeitgeber zu positionieren: Überschaubare Unternehmensgrössen, breite Aufgabengebiete und eine bessere Sichtbarkeit der eigenen Leistung sind Aspekte, die Frauen entsprechen. Viele Frauen leisten hervorragende Arbeit, schätzen ein multifunktionales Tätigkeitsgebiet mit viel Verantwortung und bringen sich gerne in kleineren Organisationen ein, die weniger von Taktik und Politik geprägt sind, was in grösseren Organisationen häufiger der Fall ist.

Familienfreundliche Arbeitsformen
KMU sollten Vorteile wie höhere Flexibilität in der Schaffung von familienfreundlichen Arbeitsmodellen bewusster nutzen und in ihrem Employer Branding visibel machen. Sie können wichtige Werte implementieren, welche sich familienfreundlich auswirken und woraus sich konkrete Massnahmen ableiten lassen – wie beispielsweise Sitzungen zu üblichen Bürozeiten, Home-Office und Teilzeitarbeit auf allen Stufen. Diese Massnahmen erweisen sich nicht nur bei Frauen als immer wichtiger, sondern stehen bei der Arbeitgeberwahl von männlichen Talenten nach dem Studienabschluss ebenfalls hoch im Kurs. Zudem sind Führungskräfte, die Familie und Beruf erfolgreich vereinbaren, die besten und glaubhaftesten Botschafter für attraktive Arbeitgeber.

Entwicklungsdialog mit Talenten
Der «schillingreport» 2020 zeigt, dass ein hoher Anteil der Rekrutierungen von vakanten Geschäftsleitungsfunktionen intern erfolgte. Daraus lässt sich ableiten, dass die Bindung von Talenten ans Unternehmen zentral ist. Insbesondere KMU haben den Vorteil, dass ihre Geschäftsleitungen nahe an den Mitarbeitenden sind. Und das sollten sich KMU zu Nutzen machen: Gezielte Talent-Evaluationen im Unternehmen und Entwicklungsdialoge wirken sich positiv auf die Gender Diversity und Mitarbeiterbindung aus. Denn Mitarbeitende möchten wissen, welche Perspektiven ihnen das Unternehmen bieten kann. Und Frauen wollen nach wie vor entdeckt werden. Sie positionieren sich häufig über ihre Leistung und ebendiese wird im Entwicklungsdialog neben beruflichen Zielen, Plänen und Entwicklungsmassnahmen besprochen. Vorgesetzten empfiehlt sich, insbesondere auch die Flexibilität zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie aktiver zu thematisieren, damit Frauen und Männer erkennen, dass beides beim aktuellen Arbeitgeber möglich ist und sich nicht negativ auf die Karriere auswirkt.

Talent-Pipeline
Die Gender-Diversity-Pipeline zeigt, dass der Frauenanteil mit höherer Hierarchiestufe abnimmt. Machen die Frauen 38 Prozent der Gesamtbelegschaft der grössten Arbeitgeber aus, schaffen es nur zehn Prozent von ihnen durch die «gläserne Decke» in die Geschäftsleitung. Das grösste Leck in der Pipeline befindet sich zwischen der Gesamtbelegschaft und dem Middle-Management. Dazwischen schrumpft der Frauenanteil um 14 Prozentpunkte auf 24 Prozent. Das grösste Hindernis für Frauen stellt der erste
Schritt zur Managerin dar. Die Unternehmen müssen die Gender-Diversity-Pipeline von ganz unten aufrollen und verbreitern, damit mehr Frauen die gläserne Decke durchdringen und sich die Pipeline von einer Pyramide zu einem Zylinder formt. Hier bedarf es von den Unternehmen besonderer Aufmerksamkeit, um das Vertrauen talentierter Frauen zu gewinnen, sich der Zusatzbelastung einer Führungsposition zu stellen und eine Management-Laufbahn einzuschlagen.

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