KI-Methoden beschränken sich bei einem Shopsystem schon lange nicht mehr auf die Interaktion.
KI-Methoden beschränken sich bei einem Shopsystem schon lange nicht mehr auf die Interaktion.

Aus massenhaft gesammelten Informationen Datenschätze schaffen – Händler stehen vor grossen Herausforderungen. Das Umfeld, in dem Online-Shops agieren, hat sich in den letzten zehn Jahren rasant gewandelt, ein wesentlicher Antreiber: Künstliche Intelligenz (KI). Dabei spielen die enorm wachsenden Mengen an verfügbaren Daten und auch die neuen Möglichkeiten, diese intelligent zu verarbeiten, eine Rolle. 

Grosse Unternehmen wie Amazon oder Alibaba setzen KI in allen Bereichen ein, um interne Prozesse zu verbessern und Kunden ein besseres und schnelleres Einkaufserlebnis zu ermöglichen. Ein wichtiges Gebiet ist die KI-basierte Textanalyse. Um sich gegenüber der gros­sen Konkurrenz an Online-Shops durchzusetzen, sind Textanalyse-Werkzeuge der Schlüssel für erfolgreichen E-Commerce. Dabei reicht das Einsatzgebiet von der automatischen Erstellung von Produkt­seiten bis zur inhaltsbasierten Empfehlung für den Kunden.

Wissen, was Kunden wollen
KI-Methoden beschränken sich bei einem Shopsystem nicht auf die Interaktion mit dem Kunden. Gerade die Pflege des Produktkataloges ist eine zeitintensive Arbeit, die von Mitarbeitern des Shopbetreibers mit viel Aufwand erledigt werden muss. Hier kann die Textanalyse einen entscheidenden Beitrag leisten, um Mitarbeiter zu entlasten und ihnen für andere Aufgaben mehr Zeit zu geben. Die Textanalyse kann aus den Beschreibungen des Herstellers die relevanten Features eines Produktes automatisch extrahieren, bei einem Mobiltelefon sind es zum Beispiel die Farbe und die Speichergrösse, und diese strukturiert in die Produktdatenbank einfügen. Ebenso können KI-basierte Methoden aus den strukturierten Daten Beschreibungsseiten für ein Produkt erstellen und dabei auch eine bestimmte Ausdrucksweise und Tonalitäten einfliessen lassen, die die Angebote des Shops von anderen Anbietern unterscheidet.

Wissen, wo es hapert
Eine 2017 durchgeführte repräsentative Studie der Bitkom, dem deutschen Dachverband der IT-Branche, belegt, dass zwei Drittel der Online-Käufer Kundenbewertungen in Online-Shops lesen. Sie sind zu einem wesentlichen Faktor beim digitalen Verkauf gewachsen. Dahingehend gehören Fake-Bewertungen zu den grössten Herausforderungen: Syntaktische und semantische Algorithmen helfen dabei, diese wettbewerbsverzerrenden Bewertungen zu identifizieren. Und auch darüber hinaus ist die Textanalyse von Bewertungen wichtig: Aus positivem wie negativem Feedback erhalten Unternehmen und Anbieter Informationen über etwaige Probleme von Produkten oder Bestellungen. Auch im Bereich Retoure ist der erste Touchpoint die KI. Gründe für Rückgaben automatisch zu interpretieren, spart Zeit und folglich auch Geld. Textanalyse ist hier der Schlüssel, um das eigene Produkt beziehungsweise die Dienstleistung zu optimieren.

Wissen, wohin der Trend geht
Mittels Einsatz von Methoden der KI lassen sich auch gezielt Produkte und Dienstleistungen mit hoher Attraktivität identifizieren. Ein präsentes Schlagwort dabei: Predictive Analytics. Die Kombination aus Data Mining und Maschinellem Lernen sorgt dafür, dass Daten systematisch erfasst werden und im Anschluss mithilfe von Prognosemodellen in Relation zueinander gesetzt werden. Das Ergebnis sind Vorhersagen über zukünftige Trends, die sich Shopbetreiber zunutze machen sollten. Diese Informationen automatisiert zu erfassen, bietet die Chance, das eigene Warenangebot anzupassen und so zum Beispiel den Preis zu bestimmen oder den Bestand zu erhöhen.  

Wissen, wohin deine Suche geht
Um den Kunden auf direktem Weg zum gewünschten Produkt zu führen, ist die Suche erfolgsentscheidend. In vielen Shop­systemen wird die integrierte Suche genutzt, die Betreiber behandeln diese aber eher stiefmütterlich. Eine Out-of-the-Box-Lösung, wie sie in vielen Shopsystemen verfügbar ist, erfüllt zwar meist die Anforderung, dass Kunden Produkte finden, aber mehr nicht. Gerade hier kann die Text­analyse einen entscheidenden Beitrag leisten, das Shopsystem von der Konkurrenz abzusetzen. Eine intelligente Suche muss in der Lage sein, die Intention des Nutzers zu erkennen und so passende Produktvorschläge zu ermitteln. Auch wenn der Nutzer sie in der Suche nicht klar benennen kann. Die Suche des Kunden wird dabei von der KI untersucht und um semantische und kontextbezogene Informationen erweitert. Mittels der erweiterten Suchanfrage und anhand ähnlicher Anfragen, die von der KI analysiert wurden, kann dem Kunden eine individuelle Liste an Artikeln angezeigt und auch weiterführende Informationen gegeben werden.

Wissen, was du siehst
Neben der textuellen Suche ist auch die Suche mit Bildern ein möglicherweise wichtiger Punkt, der Nutzer eines Shopsystems interessiert. Mittels KI-Methoden können vom Nutzer bereitgestellte Bilder analysiert und ähnliche Produkte gezeigt werden. Dabei muss man sich nicht nur auf die visuelle Ähnlichkeit der Waren beschränken, sondern kann auch aus den Bildern Textinformationen, wie Markennamen, extrahieren und für eine Verfeinerung der Suche nutzen. 

Wissen, wo dein Interesse ist
Die Suche ist häufig der erste Anlaufpunkt für den Kunden, um sein Bedürfnis zu benennen, und ist wie oben beschrieben eines der wichtigsten Werkzeuge eines Shopsystems. Während die Suche aber ein Instrument ist, das der Kunde selbst nutzen muss, sind Empfehlungssysteme Möglichkeiten für den Shopbetreiber, den Kunden proaktiv auf interessante Artikel hinzuweisen. Dabei kann schon allein anhand der Jahreszeit, des Geschlechts und des Alters des Nutzers die KI mögliche Interessen erkennen. Ausgefeiltere Systeme nutzen auch das vergangene Kaufverhalten des Nutzers und auch inhaltsbasierte Informationen, die mittels Textanalyse aus den Artikelbeschreibungen erkannt wurden. Ein hybrides Empfehlungssystem kann die Information nutzen. So ermittelt das System beispielsweise, dass Apple-Nutzer derartige Produkte bevorzugen und basierend auf der textuellen Analyse zum Beispiel welche Farbe der Kunde bevorzugt. 

Wissen, was du willst
Das wohl präsenteste KI-Werkzeug in der heutigen Digitalwelt sind Chatbots. Für jeden zweiten Verantwortungsträger ist diese Form der Kommunikation vorstellbar. Speziell bei Vertragsabschlüssen, zum Beispiel Mobilfunktarifen, gibt es einen eingeschränkten, aber sehr präzisen Bedarf an Informationen, die sich der Kunde wünscht. Mithilfe der digitalen Berater erhalten Shopbetreiber wesentliche Erkenntnisse über den Bedarf und etwaige Problemstellungen. Gleichzeitig profitieren Kunden von einem schnellen Service und keinen Warteschleifen. Auch hier ist die Textanalyse unabdingbar, um analog zur Suche die Intention des Nutzers zu verstehen. Moderne Systeme sind auch in der Lage, die Stimmung des Nutzers zu erkennen und das Gesprächsverhalten dementsprechend anzupassen.

Datenschätze nutzen
Für Shopbetreiber ist es in Zeiten des Individual Commerce immer wichtiger, Trends und Bedürfnisse vor dem Kunden zu erkennen. Im Hinblick darauf ist die Textanalyse ein entscheidendes Werkzeug, um im Wettbewerb zu bestehen. Kunden verkürzen ihr Shopping-Erlebnis und gelangen schneller zum Ziel. Unternehmen profitieren von grösseren Bestellmengen und von umfangreichen Datenschätzen, um ihren Shop und das eigene Portfolio zu optimieren.

www.neofonie.de

Dr. Till Plumbaum leitet die Research-Abteilung der Neofonie GmbH.