2,5 Prozent aller Personenwagen in der Schweiz fahren heute mit alternativen Antrieben.

Mit einem Anteil von rund einem Drittel an den inländischen Emissionen ist der Strassenverkehr in der Schweiz der grösste Treibhausgas-Einzelemittent . Die Personenwagen stellen mit einem Anteil von 70 Prozent das relevanteste Segment dar, gefolgt vom Strassengüterverkehr (Last- und Lieferwagen) mit 20 Prozent. Die restlichen Emissionen teilen sich Busse, Motorräder und andere Fahrzeuge. Sollen die CO2-Emissionen des Strassenverkehrs gesenkt werden, müssen deshalb vor allem die Personenwagen sauberer werden.

Die Fokussierung auf die CO2-Norm- Emission von Personenwagen alleine greift zu kurz, will man den Einfluss CO2-armer Fahrzeuge auf die Emissionen in der Realität bewerten, denn auch der Einsatz der Fahrzeuge weist grosse Unterschiede auf: Während viele Personenwagen pro Tag nur wenige Kilometer zurücklegen, sind andere täglich mehrere Hundert Kilometer unterwegs. Wertet man die Daten zum schweizerischen Mobilitätsverhalten entsprechend aus, sieht man, dass die 30 Prozent längsten Tagesfahrstrecken für 70 Prozent der insgesamt gefahrenen Strecke – und damit auch zu einem ähnlichen Anteil an den CO2-Emissionen – verantwortlich sind. Personenwagen mit hohen Laufleistungen sind somit für die realen CO2-Emissionen überdurchschnittlich relevant. Gelingt es nicht, diese auf CO2-arme Konzepte umzustellen, wird der Erfolg bei der Bekämpfung der CO2-Emissionen im Strassenverkehr zwangsläufig bescheiden bleiben.

Aber auch die Berücksichtigung des Einsatzes der Fahrzeuge reicht nicht aus, um den Einfluss auf die CO2-Emissionen berechnen zu können – man muss auch das Energiesystem mit einbeziehen. Entzieht man beispielsweise dem Energiesystem für eine CO2-arme Mobilität einfach erneuerbare Energie, fehlt diese möglicherweise in anderen Energiesektoren und muss dort fossil «nachgefüttert» werden. So werden CO2-Emissionen nur verschoben, nicht gemindert. Erst wenn die erneuerbare Energie für die Mobilität niemandem weggenommen wird, entsteht ein nachhaltiger Ansatz.

Unbestritten ist, dass eine signifikante CO2-Reduktion nur durch den Umstieg auf erneuerbare Energie möglich ist und unbestritten ist auch, dass es – weltweit gesehen – bei Weitem ausreichend erneuerbare Energie gäbe; auch wenn die ganze Welt auf erneuerbare Energie umstellen würde. Ebenfalls sind sich viele Autoren einig, dass eine auf erneuerbarer Energie basierende Mobilität nicht teurer ist (wahrscheinlich aber auch nicht billiger) als die heutige, auf fossiler Energie basierte Mobilität. Die Schwierigkeit liegt in
der Transformation des heutigen, auf gespeicherter fossiler Energie beruhenden Systems auf ein erneuerbares Energiesystem. Das hat weit weniger mit neuen Fahrzeugantriebstechnologien zu tun, sondern primär mit der zeit- und ortsgerechten Bereitstellung der erneuerbaren Energie, da diese mit einem fluktuierenden und/ oder saisonal stark schwankenden Produktionsprofil verbunden ist.

Welche Möglichkeiten haben wir, um die CO2-Emissionen im Verkehr zu senken, wenn alle diese Faktoren berücksichtigt werden? Zur Auswahl stehen im Wesentlichen drei Konzepte: mit Strom betriebene batterieelektrische Fahrzeuge, mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen- Fahrzeuge und mit synthetischen Treibstoffen betriebene verbrennungsmotorische Fahrzeuge. Keines dieser Konzepte hat nur Vorteile und keines nur Nachteile, sowohl hinsichtlich der Nutzung, CO2- Emissionen-Umweltbelastung wie auch
dem Energiesystem.

Batterieelektrische Fahrzeuge haben den höchsten Gesamtwirkungsgrad, weisen aber hinsichtlich Energiebezug die geringste Flexibilität auf. Das bedeutet, dass ein Strombezug während Zeiten ohne ausreichende Versorgung mit erneuerbarer Energie nicht immer umgangen werden kann – dies gilt verstärkt für Schnellladesysteme. So werden Elektrofahrzeuge beispielsweise im Winter noch lange von fossiler Stromerzeugung abhängen. Eine weitere Problemzone liegt beim Bedarf an speziellen Rohstoffen wie seltenen Erden, Lithium, Kobalt und Mangan, deren Förderung teilweise mit einer nicht unerheblichen Umweltbelastung einhergeht. Batterieelektrische Fahrzeuge können aber für das Energiesystem einen wertvollen Zusatznutzen generieren, indem deren Batteriespeicher für den Tag-Nacht- Ausgleich von Photovoltaikstrom eingesetzt wird. Solche Speicherkapazitäten sind entscheidend, ob der Wechsel auf erneuerbare Energie gelingt. Insgesamt weisen batterieelektrische Fahrzeuge im Vergleich zu mit fossilem Benzin oder Diesel betriebenen Fahrzeugen dann eine hohe Klima- und Umweltentlastung auf, wenn sie mit kleinen Batterien ausgerüstet sind und im Stadt-, Kurzstrecken-, Zweitfahrzeug- und Pendlerverkehr eingesetzt werden.

Wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen- Fahrzeuge weisen eine geringere Gesamteffizienz
auf, weil die Herstellung von Wasserstoff mit energetischen Verlusten behaftet ist und der Wasserstoff dann im Fahrzeug mittels Brennstoffzellen wieder rückverstromt werden muss, was mit weiteren Verlusten behaftet ist. Dafür ist die Flexibilität beim Strombezug grösser
als bei Elektrofahrzeugen. Allerdings reicht diese mangels entsprechender Speicherkapazitäten auch nicht über saisonale Grenzen hinaus. Im Winter führen deshalb
auch wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen- Fahrzeuge zu einem erhöhten Verbrauch an importierter Energie. Elektrolyseanlagen zur Herstellung von Wasserstoff werden vorzugsweise dann betrieben, wenn der Strompreis niedrig ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn im grösseren Stil erneuerbare Elektrizität erzeugt und eingespeist wird und ein Strom-Überangebot entsteht. Dies wird bei zunehmendem PV-Ausbau vor allem im Sommerhalbjahr fast täglich der Fall sein. Die Nutzung von Elektrizität während Zeiten mit einem Überangebot ist für den Ausbau von PV-Anlagen sehr wichtig. Fehlen solche Stromverbraucher, drohen für PV- und Wasserkraftbetreiber wirtschaftliche Einbussen im Sommerhalbjahr, was deren Ausbau einbremsen könnte.

Die Wasserstoffmobilität braucht mehr Zeit für die Marktentwicklung als die Elektromobilität, da sowohl die Wasserstofferzeugungs-, Verteil- und Betankungsinfrastrukturen aufgebaut und die Fahrzeuge noch deutlich kostengünstiger
werden müssen. Wasserstofffahrzeuge könnten im Personenwagenbereich längerfristig die Langstreckenanwendungen abdecken.

Mit synthetischen Treibstoffen betriebene verbrennungsmotorische Fahrzeuge weisen die geringste Gesamteffizienz auf, aber die höchste Flexibilität beim Strombezug. Synthetische Treibstoffe werden aus Wasserstoff und CO2 hergestellt, was nach der Wasserstofferzeugung einen weiteren, energetisch verlustbehafteten Umwandlungsschritt bedeutet. Der Vorteil ist, dass synthetische Treibstoffe vergleichsweise einfach transportund
lagerfähig sind und die Systemgrenze deshalb nicht auf die Schweiz allein bezogen werden muss. Nimmt man beispielsweise an, dass die oben genannten 30 Prozent längsten Tagesfahrstrecken in Zukunft mit synthetischen Treibstoffen gefahren werden sollen, müsste dazu irgendwo auf der Welt eine PV-Fläche von 200–300 Quadratkilometer installiert werden, um den Bedarf an synthetischen Treibstoffen zu decken. Würde die ganze Welt das Gleiche tun, müsste eine PV-Fläche von gegen 300’000 Quadratkilometern realisiert werden. Zum Vergleich: Auf der Erde gibt es Wüstenflächen von insgesamt rund
30’000’000 Quadratkilometern; selbst wenn die ganze Welt auf ein solches Konzept umstellen würde, müsste weniger als ein Prozent der weltweiten Wüstenfläche dafür genutzt werden. Synthetische Treibstoffe sind notwendig, um die CO2-Emissionen im Bestand der Fahrzeugflotte signifikant zu reduzieren. Sie sind insbesondere bei den Langstrecken- und Lastanwendungen (Anhängerund Autobahnbetrieb) zurzeit unverzichtbar, denn im Langstrecken-Autobahneinsatz weisen mit synthetischen Treibstoffen betriebene verbrennungsmotorische Fahrzeuge die niedrigsten CO2-Emissionen auf. Längerfristig werden synthetische Treibstoffe auch im Flug- und Schiffsverkehr eingesetzt werden müssen, um auch in diesen Bereichen die CO2-Emissionen zu senken.

Insgesamt bringt die aktuelle Fokussierung auf elektrische Antriebe die gewünschte Wirkung hinsichtlich einer CO2- Minderung im Kurz- und Mittelstreckenverkehr, bei Fahrzeugen mit kleiner Batterie. Für die Minderung lokaler Schadstoffe und Lärmemissionen ist dies sehr sinnvoll. Für die CO2-Emissionen ist dieser Bereich aber nicht besonders relevant. Zur Erreichung der schweizerischen CO2-Reduktionsziele im Verkehrsbereich sind deshalb weitere Massnahmen notwendig, insbesondere solche, die im überproportional relevanten Langstreckenverkehr eine klare Wirkung entfalten. Längerfristig könnten dies Wasserstoffantriebe sein. Bis diese Infrastruktur – inklusive einer sauberen Versorgung im Winter – aufgebaut ist, braucht es synthetische Treibstoffe. Aus ganzheitlicher Sicht braucht es für eine Reduktion der CO2-Emissionen des Strassenverkehrs in der Realität alle drei Konzepte, weil sich die unterschiedlichen Vor- und Nachteile ergänzen – und es braucht sie grossmassstäblich und relativ schnell!

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