Zusammenhalt und der strategische Blick nach vorne sind entscheidend.

Die Geschichte von Dachser zeigt, wie sich ein Unternehmen im Einklang mit dem technischen Fortschritt und unter dem Einfluss der Globalisierung auf die Logistikbranche dynamisch entwickeln kann. Doch wie erlebte ein Unternehmen, welches weltweit tätig ist, die Corona-Krise und welche Konsequenzen zieht das Unternehmen für die Zukunft aus dieser Situation?

Heute steht das Transportunternehmen für hochmoderne, effiziente und IT-getriebene Logistiklösungen. Sie basieren auf der engen Verzahnung weltweiter Transport- und Warehouse-Netzwerke, langfristigen Partnerschaften und der konsequent digitalen Vernetzung. Mit der erfolgreichen Verknüpfung aller Vertriebswege, im Sinne einer Multichannel-Strategie, wird ein sicheres und belastbares System für die anspruchsvollen logistischen Aufgabenstellungen geboten. Gleichwohl erfordern besondere Zeiten besondere Massnahmen. Speditionen zählen zu den «systemrelevanten Organisationen». Was bedeutet das konkret?
Wir stellen sicher, dass die nationalen und internationalen Lieferketten weiterhin nahtlos funktionieren – auch in Krisenzeiten.

Welche rechtlichen Massnahmen, Muss- und Kann-Bestimmungen im Zusam
menhang mit der Covid-19-Pandemie hat Dachser Schweiz wie umgesetzt? 

Unser Haus hat die vom Bundesrat vorgeschriebenen Schutz- und Hygienemassnahmen rasch eingeführt. In allen Betriebsbereichen standen und stehen immer noch Desinfektionsstationen bereit. Zudem stellen wir auch allen Mitarbeitenden Hygienemasken und sterile Handschuhe zur Verfügung – das Tragen ist jedoch fakultativ. Die Arbeitsplätze in den einzelnen Abteilungen wurden in räumlich getrennte Gruppen aufgeteilt, um die Gefahr eines Totalausfalls einer Arbeitsgruppe zu minimieren. Zudem wurde von unseren Mitarbeitenden, im Fall einer Erkrankung oder einer Erkrankung in der Familie, eine Selbstisolation von 14 Tagen durchgesetzt. Ebenso haben wir dafür gesorgt, dass alle Mitarbeitende über staatliche und betriebliche Anordnungen stets auf dem Laufenden gehalten werden. Dabei haben wir ein offenes Ohr für psychische Probleme im Zusammenhang mit der Corona-Krise oder Probleme beim Arbeiten im Home Office gehabt.

Wie mussten Sie die betrieblichen Abläufe bei Dachser anpassen, um Corona-konform zu sein?
Für die Mitarbeitende, die im Home Office gearbeitet haben, sind teilweise Kurierfahrten eingerichtet worden. Die Arbeitsplätze im Betrieb wurden umgestellt, um die Distanzregeln einzuhalten. Wir haben neue Arbeitszeitmodelle eingeführt und angepasst. Last but not least hat sich die Bedeutung von Videokonferenzen massive erhöht. Solche Lösungen nutzen wir intensiv.

Haben Sie Kurzarbeit anmelden müssen, oder mussten Sie gar Personal entlassen?
Wir haben motivierte und gut ausgebildete Mitarbeitende, die sich mit dem Unternehmen stark identifizieren. Ihr Know-how und unsere Infrastruktur sichern unsere Stellung als Premium-Logistikdienstleister in der Schweiz. Wir haben daher nicht die Absicht, diese Mitarbeitenden wegen der Krise zu entlassen. Es gibt ein Leben nach der Krise, und dann brauchen wir alle wieder. Wir mussten aber aufgrund der geringeren Ladungsvolumen per 1. Mai 2020 Kurzarbeit anmelden.

Wie gut waren Sie auf die Krise vorbereitet? Gab es ein Krisenteam, das regelmässig tagte – oder gab es das bereits schon vorher?
Es gab schon immer ein Krisenteam in unserem Regional-Office in der Schweiz und kleinere Teams in jeder Schweizer Niederlassung. Diese haben sich bisher vor allem mit den Auswirkungen von Verkehrsproblemen, wie zum Beispiel die Schliessung des Gotthard, Streiks in Frankreich, Flugstornierungen wegen Vulkanausbruch und hohen Volumenschwankungen befasst. Neu müssten sie die PandemieHerausforderungen meistern. Selbstverständlich haben die Teams sich fortlaufend und eng untereinander abgestimmt – auf internationaler Ebene und mit dem HeadOffice in Deutschland.

In wieweit hat sich ihr Transportvolumen im nationalen und grenzüberschreitenden Verkehr respektive in der Luft- und Seefracht aufgrund der Covid-19-Pandemie verändert? Oder hatte sich das Volumen schon aufgrund der sich abzeichnenden Rezession in Europa ab letztem Quartal 2019 verringert?
Im Vergleich zum Jahr 2019 haben wir seit dem Beginn des Lockdowns rund 22 Prozent weniger Sendungsvolumen. Die verschiedenen Routen waren aber unterschiedlich betroffen. Im Verkehr von und nach Frankreich und Italien sind die Volumen signifikant gesunken. Im Verkehr mit Deutschland lag der Rückgang bei knapp 15 Prozent. Im Luft- und Seefrachtverkehr war in den ersten drei Monaten nach der Corona-Pandemie ein leichter Rückgang feststellbar.

Hat sich der Margendruck in der Speditionsbranche in der Schweiz verstärkt?
Grundsätzlich gab es schon immer einen hohen Margendruck. Aufgrund der CoronaKrise haben wir jedoch teilweise höhere Kosten wegen längerer Standzeiten an Grenzen, Verladerestriktionen in einzelnen Ländern und Fahrplanänderungen im Luft- und Seefrachtverkehr gehabt. Wir gaben diese Kosten jedoch nicht an unsere Kunden weiter und erwarteten im Gegenzug keine Forderungen nach Frachtkostensenkungen. Bis heute hat sich unsere Kundschaft auch entsprechend verhalten. Gemeinsam haben wir mit fairen Preisen und fairer Vergütung die Corona-Krise durchgestanden und den Grundstein für ein zukünftiges Wachstum gelegt.

Ist es jetzt einfacher, national just in time zu liefern, aber im Gegensatz dazu international schwerer?
National ist es grundsätzlich einfacher, auf Termin zu liefern. Das liegt natürlich an den geringeren Distanzen, weniger Schnittstellen und keinen Grenzübertritten und Verzollungen. Die einheitlichen Vorgaben des Bundesrats haben es zudem ebenfalls leichter gemacht. International gibt es in allen Ländern, in Deutschland beispielsweise sogar in den einzelnen Bundesländern, unterschiedliche Vorgaben bezüglich Schutzmassnahmen, was Ursache für Verspätungen sein kann. Unser Netzwerk ist aber weiterhin 100 Prozent leistungsfähig. Unser Leistungsgrad international wie auch national war und ist trotz Corona-Krise hervorragend. Ein Beispiel: Seit Beginn der Corona-Krise, Ende Februar hat Dachser Air & Sea Logistics 30 Flugzeuge gechartert und über 60 Millionen Atemschutzmasken sowie medizinische Artikel, wie persönliche Schutzausrüstung und Schutzhandschuhe, für seine Kunden transportiert.

Ist die Krise ein Digitalisierungstreiber oder würgt sie mangels Liquidität alle Investitionen ab?
Dachser war bei der Digitalisierung in der Logistikbranche von Anfang an ganz vorne mit dabei. Ein einheitliches IT-System und Regelwerk bestimmen die Prozesse in allen unseren Logistikstandorten und deren unserer Partner weltweit. Aktuell wickeln wir über 90 Prozent aller Speditionsaufträge elektronisch ab. Wenn wir Waren für unsere Kunden transportieren, dann eilen ihnen die Sendungsinformationen in digitaler Form stets voraus. Auch unsere Lager aktivitäten, Angebotswesen und Abrechnungssysteme sind IT-gesteuert. Unsere webbasierten Tools verbinden unsere Kunden direkt mit dem Transport- und Warehouse-System von Dachser. Mehr als 29’000 Kunden weltweit nutzen die vielfältigen Connectivity-Lösungen unseres Unternehmens. Ich gehe davon aus, dass die Corona-Krise Treiber einer weiteren Digitalisierung der Prozesse sein wird.

Wie geht es den Auszubildenden bei Dachser?
Unseren Auszubildenden geht es gut. Auch weil sie den Lehrabschluss ohne Prüfung bestanden haben. Da ist ein gewisser Druck weggefallen. Wir werden alle Auszubildenden in ein unbefristetes Angestelltenverhältnis übernehmen – Covid-19 hin oder her. Wir haben diese jungen Menschen während dreier Jahre gut ausgebildet und wollen mit ihnen auch die Zukunft angehen.

Werden Sie im Verlauf des Jahres neue Auszubildende einstellen?
Sicherlich! Wir brauchen gut ausgebildete Fachkräfte – vor, während und nach der Krise.

Rechnen Sie damit, dass die Krise bis Ende des Jahres weitergeht? Wenn ja, mit welchen Auswirkungen auf Dachser, die Branche und ihre Kunden?
Wir gehen davon aus, dass das Sendungsvolumen auf dem aktuellen Stand stagniert, möglicherweise mit punktuellen Peaks. Die Schweizer Wirtschaft erholt sich jedoch langsam, aber ein spürbares Wirtschaftswachstum werden wir erst ab Februar 2021 sehen. Die endgültigen Auswirkungen auf unsere internationalen Geschäfte sind schwer prognostizierbar. Wir können die Lage nur Tag für Tag neu bewerten, auf Sicht fahren und uns agil und flexibel darauf einstellen.

Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen in den nächsten Monaten?
In der Disziplin und Motivation! Wir dürfen bezüglich der Schutz- und Hygienemassnahmen nicht nachlässig werden, auch wenn die Ladenschliessungen und andere Beschränkungen aufgehoben wurden. Und wir sollten versuchen, die Motivation bei den Mitarbeitenden trotz aller Widrigkeiten hochzuhalten. Wir müssen auch auf unsere selbstständigen Transportunternehmer schauen, die täglich Sendungen abholen respektive an uns ausliefern. In vielen persönlichen Gesprächen begleiten wir sie durch diese Krise und bieten Unterstützung an. Vor allem aber versuchen wir, ihre Liquidität sicherzustellen und zahlen Rechnungen innert zehn Tagen. In der operativen Abwicklung sehe ich keine neue Herausforderung auf uns zukommen.

Welche zusätzlichen Massnahmen würden Sie sich vom Bundesrat oder den Kantonen zur Bekämpfung der Pandemie-Auswirkungen erhoffen?
Ich wünsche mir keine zusätzlichen Massnahmen. Vielmehr hoffe ich auf eine schnelle Lockerung aller Beschränkungen, damit die Wirtschaft wieder Fahrt aufnehmen kann. Wir sollten nicht die Pandemie, aber auch nicht die Eigenverantwortung der Menschen unterschätzen.

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