Ideen sind die Potenziale, die in die Zukunft hineinreichen können. Die Verantwortlichen in der Schweiz tun gut daran, sich nicht auf den Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen. Die Zukunft verlangt neue Ideen, die es in Unternehmen operativ umzusetzen gilt.

Der beschleunigte technische, wirtschaftliche und soziale Wandel beherrscht gegenwärtig die wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Szene. Auch die Schweiz ist davon nicht ausgenommen. Ein Grund mehr, sich hierzulande intensiver mit den technologieorientierten Zukunftsbranchen zu beschäftigen und auch darüber nachzudenken, wie das Innovationsportfolio in nächster Zeit verbessert werden könnte. Dies ist notwendig, da vielfach in der Öffentlichkeit noch immer das hierzu notwendige Verständnis fehlt. In der Vergangenheit war der wirtschaftliche Leidensdruck noch nie gross, und die Innovationskraft hat ausgereicht, um technische Spitzenpositionen in Nischensegmenten zu erklimmen.

Aber in einer Zeit des Wandels holen auch andere Länder auf, und die dafür bestehende Benchmark wird heute anders gesetzt. Dies zwingt uns künftig mehr und mehr zu einer kreativitätsorientierteren Ausrichtung. Das heisst, wir müssen wieder ein grösseres Gewicht auf jene Ressource legen, die zwar im Überfluss vorhanden ist, aber nur bedingt eine intensive Nutzung in vielen Branchen erfährt: Es geht um das Ideenund Wissenspotenzial der Mitarbeiter in den Unternehmungen.

Kreative Wertschöpfungspotenziale
Das latent vorhandene Ideenkapital sollte heute die Grundlage sein, die es uns erlaubt, den erarbeiteten Wohlstand zu erhalten und diesen als zukunftsgestaltenden Faktor anzusehen. Um das sichern zu können, sind die Standortvorteile auszubauen, Kompetenzlücken im Bildungsbereich auszufüllen und die Wettbewerbsfähigkeit zu verstärken. Das bedingt aber auch, dass eine Unternehmenskultur gefördert werden muss, die auf Innovationsorientierung ausgelegt ist. Es geht im Grunde darum, das Geistkapital anzuerkennen und so zu nutzen, dass marktfähige Innovationen entstehen. Das erfordert in allen Bereichen einerseits die Förderung von kreativen Leistungen und andererseits mehr Mut zum Risiko und eine damit verbundene echte Aufbruchstimmung.

Statt Ignoranz und Mittelmass
Helle Köpfe gibt es überall. Sie befinden sich sowohl im Führungsbereich als auch bei den ausführenden Organen im Produktionsund Dienstleistungsbereich. Die Produktion von Ideen und Verbesserungsvorschlägen ist enorm. Aber leider werden diese Potenziale oft nur wenig genutzt. Sie finden keine Akzeptanz und werden deshalb ignoriert. Derartiges ist zwar unverständlich und fordert unweigerlich die Frage heraus: Wie lange können es sich die Unternehmen noch leisten, ihr wichtigstes Kapital – nämlich die kreativen und innovativen Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – zu ignorieren?

Ideen absichtlich zu übersehen, ist gegenwärtig ein besonderer «Sport», der den Leistungsauftrag eines jeden Unternehmens, Wertschöpfung zu fördern, um Innovationen entstehen zu lassen, untergräbt. Dieses Innovationsmobbing ist sträflich. Es hemmt die künftige Entwicklung der Unternehmung und führt zur Stagnation.

Mehr Mut zur Akzeptanz von Ideen
Wenn es auch mancher Führungskraft schwer fällt über den eigenen Schatten zu springen, so sollte sie doch im Vertrauen auf den Fortschritt Wagemut zeigen und alle ihre Energie für die Umsetzung von zukunftsgerichteten Ideen in Innovationen einsetzen.

Dies braucht Mut zur Akzeptanz. Es bedingt aber auch, Querdenken zuzulassen, mehr Gespür für Toleranz zu zeigen und sich bei der Realisation von Ideen durch besondere Schnelligkeit zu manifestieren. Dies alles setzt bei den Beteiligten Kommunikationsfähigkeit voraus, aber auch den festen Willen, die wirtschaftliche Kreativität der Mitarbeiter zu fördern und die «organisierte Intelligenz », die Wissen, Können und Erfahrung umfasst, als weiteren Produktionsfaktor anzuerkennen.

Gerade in einer Zeit des Umbruchs und der Neubesinnung sollte es mehr als möglich sein, die Umsetzung einer Idee in Marktleistung voranzutreiben. Es sind vor allem die kleinen Dinge, die die Innovationskraft beleben. Sie sind es, die für ein Unternehmen – ganz gleich welcher Grösse – von unschätzbarem Wert sind, um Achtung, dem Fortschritt eine Chance zu geben. Die Unternehmen müssen wieder technologische Spitzenpositionen erreichen.

Dabei brauchen Innovationen nicht immer nur einen technischen Fortschritt auszulösen. Sie können sich ebenso auf Verbesserungen von Arbeitsabläufen beziehen oder Gestaltungsfragen im sozialen oder organisatorischen Bereich betreffen. Jede Verbesserung oder Neuerung ist stets ein Gewinn, wenn es darum geht, eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit unter Beweis zu stellen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Denn letztlich geht es darum, am Markt bestehen zu können und mit verbesserten oder neuen Produkten oder Dienstleistungen dem Kunden eine noch marktgerechtere Lösung oder Leistung anzubieten, die einen beidseitigen Mehrwert bringt.

Stillen Kapitalabfluss aufhalten
Aber wir alle wissen, wie die Realität aussieht: Ideen und Verbesserungsvorschläge werden bekämpft und als unerwünschte Einmischung ins Althergebrachte betrachtet. Die Ideenproduzenten gelten als Querulanten und Rebellen. Und wer liebt schon Veränderungen, wenn der alte Zustand so beruhigend ist? Aber: Wie lange können wir uns noch eine Verschwendung an Geistkapital leisten?

Jede Idee, die bekämpft wird, geht verloren und ist dazu ein stiller Kapitalabfluss, der nicht so rasch ersetzbar ist. Darum darf eine Verschwendung von Ideenkapital nicht toleriert werden! Vielmehr hat zu gelten: Wir müssen lernen, mit der Kreativität, dem Wissen, dem Können und der Erfahrung unserer Mitmenschen behutsamer umzugehen. Ideen sind nun einmal die Bausteine unserer Zukunft!

Jede Idee ist brauchbar
Von Fritz Zwicky, dem bedeutenden Schweizer Morphologen, wissen wir, dass in jedem Menschen ein Genie steckt. Das bestätigt im Grunde auch, dass jede Idee als etwas Besonderes anzusehen ist. Schon Gottlieb Duttweiler meinte hierzu: «Eine brauchbare Idee ist viel mehr wert als alle Subventionen.» Ihm ist vollauf zuzustimmen. Denn in jeder Idee – und mag diese auch noch so unscheinbar im ersten Moment sein – steckt stets der Ansatz zu einer Problemlösung.

Der international bekannte Marketingspezialist Kasimir M. Magyar stellt hierzu klar: «Ein dynamisches Unternehmen lebt von zündenden Ideen und nicht von braven Anpassern.» Er hat ohne Zweifel recht: Letztlich sind es die Ideen-Produzenten, welche dem Unternehmen und der Wirtschaft die wichtigen Impulse vermitteln.

Ebenso sollten wir uns an den Ausspruch von Konosuke Matsushita erinnern, der bereits vor 25 Jahren amerikanischen Managern zurief: «Nur unter Ausnutzung der kombinierten Denkleistung aller Mitarbeiter kann sich ein Unternehmen den Turbulenzen und Zwängen erfolgreich stellen und auch überleben. Das Überleben wird letztlich von der alltäglichen Aktivierung des letzten Gramms von Intelligenz abhängen.»

Forderungen zum Umsetzen
Für Wirtschaft, Verwaltung, Dienstleistung und Politik sind es drei Forderungen, die es in Zukunft zu beherzigen gilt, wenn es darum gehen soll, im innovativen Bereich wieder führend zu werden:
1. Das Geistbzw. Ideenkapital hat die Anerkennung
zu finden, die es verdient!
2. Die innere Bereitschaft der Mitarbeiter und
Bürger zum kreativen Mitwirken ist zu fördern!
3. Die aktive Ideenpolitik mit intensiver Ideen-
Pflege ist auf allen Ebenen zu befürworten und
auch zu praktizieren!

Damit diese Forderungen eine Realisation erfahren, sind die nötigen kreativen Freiräume zu schaffen und die benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen. In diesem Zusammenhang haben sich die privatwirtschaftlichen Forschungsund Entwicklungsaufwendungen zu erhöhen, und es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Forschungsund Entwicklungstätigkeiten vermehrt im Inals im Ausland forciert werden. Es gilt, einerseits die Wachstumsbranchen zu fördern und anderseits in der Öffentlichkeit den Innovationsgedanken zu beleben. Als Motivationsinstrument könnte eine allgemeine «Innovations-Offensive» lanciert werden.

Ideen-Management als Chance
Die IDEE-SUISSE – Schweizerische Gesellschaft für Ideenund Innovationsmanagement sieht auch eine besondere Chance im Einrichten eines «Ideen-Managements» in Wirtschaft und Gesellschaft. Der Verband versteht hierunter «ein Denkund Handlungskonzept sowie eine Handlungsweise mit einer prozessorientierten Einrichtung auf Managementebene, die zur Förderung und Nutzbarmachung der aus der wirtschaftlichen Kreativität und des Wissensmanagements resultierenden Ideen und Verbesserungsvorschlägen aller am kooperativen Leistungsprozess beteiligten Personen und Teams dient, um Innovationen herbeizuführen und diese mithilfe des Innovationsmanagements auf den Märkten in Marktleistung umzusetzen».

Damit wäre mit einem Ideen-Management vor allem in den Unternehmen die virtuelle «Einrichtung» geschaffen, die sich der Sammlung, Aufbereitung, Bewertung und Realisierung von Ideen und Verbesserungen widmet.

Ein solches Management wäre dann aufgrund der Aufgabenstellung eine Ideenbank, die für alle Ideen-Generierungsbereiche – wie zum Beispiel Vorschlagswesen, Qualitätszirkel, Wertanalyse, Lernstatt, Produktklinik, Problemlösungsteams, Null-Fehler-Programm und Patentwesen – das Auffangbecken ist, um den «kontinuierlichen Verbesserungsprozess» noch intensiver in Gang zu setzen.

Im übertragenen Sinn ist dann das Ideen-Management die europäische Version des japanischen Kaizens. Dieses integrale, prozessorientierte System bringt bei intensiver Nutzung die betriebliche Innovationsorientierung in Schwung. Es ist ein Programm, das alle Instrumente des Findens, Akzeptierens und Realisierens von Ideen umfasst, von einem Ideen-Manager geführt, von Ideen-Mentoren gefördert und von Ideen-Promotoren umgesetzt wird. Auf diese Weise ist das Ideen-Management ein «virtuelles Service-Center», das allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Wege des Intranets im Unternehmen als Pool für Verbesserungen und Neuerungen dient. Mit dieser Ideenbank ist auch ein effizientes Ideen-Recycling möglich; denn gerade «Fall out»-Ideen, die heute noch verworfen werden, können morgen bereits zu einer genialen Lösung führen. Zudem lässt sich dieses Modell auch auf die volkswirtschaftliche Ebene heben und unter dem Motto «Jetzt oder nie» als «nationales Ideen-Management» im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Innovations-Offensive realisieren.

Für echte Innovationen
Das Ideen-Management und die Innovations-Offensive bieten mit ihren Organisationsformen effiziente Möglichkeiten, sich der optimalen Wissensund Ideenverwertung in der Öffentlichkeit und in den Unternehmen zu öffnen. Damit wird allgemein eine zukunftsgerichtete Mitwirkung ermöglicht. Diese schafft ein Mitdenken und vor allem ein Mithandeln im Rahmen des volksund betriebswirtschaftlichen innovativen Leistungsprozesses. Dieser trägt dazu bei, die Innovationskraft zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit so zu erhöhen, dass unser Land wieder zur technologischen Spitzengruppe gehört oder dort bleibt.

Aus dieser Sicht wird das Ideen-Management im Rahmen einer Innovations-Offensive auch ein wichtiger Bestandteil der Innovationspolitik. Gerade aus diesem speziellen Blickwinkel bildet die neue Managementfunktion sowohl für die Wirtschaft als auch für die Politik den Hebel zur strategischen Potenzialund Ressourcennutzung. Das Ideen-Management auf nationaler und betrieblicher Ebene bildet dann die probate Lösung, um in Zeiten des Wandels sowie im härter werdenden Wettbewerb auch im neuen Jahrtausend bestehen zu können.

Gegen Gleichgültigkeit und Verschwendung
Das Ideen-Management gilt als ein Instrument zur Bekämpfung der Gleichgültigkeit und der Ressourcenverschwendung. Es ist ein ideales Trainingsfeld für kreative und innovative Menschen, die gewillt sind, innovative Leistungen zu erbringen, die zu Verbesserungen und Neuerungen führen. Denn nur diese sorgen dafür, dass unser heutiger Wohlstand erhalten bleibt und neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

In diesem Sinne ist im gegenwärtigen Zeitpunkt jeder aufgefordert, sich als Ideen-Coach zu verstehen. Denn in Zukunft wird es mehr und mehr die zentrale Aufgabe eines jeden Bürgers werden, die potenziellen Ideen-Produzenten zu fördern und ihre Ideen in wertschöpfende Produkte oder Dienstleistungen umzusetzen.

Hier zählt dann nicht nur die einzelne Tat, sondern vor allem das gemeinsame Engagement.

Ideen bedeuten Zukunft!
Auf Wissensund Ideenförderung basierende Geschäfte und Wirtschaft, in Kombination mit den hier dargelegten Grundlagen, schaffen eine zukunftsgerichtete Innovationskultur, von der zu sagen ist: «Wer die Ideen und das Wissen der Mitmenschen nicht optimal zu nutzen weiss und umzusetzen versteht, verkauft die Zukunft!»

Dr. rer. pol. Olaf J. Böhme ist Verbandspräsident der seit 1981 bestehenden IDEE-SUISSE® – Schweizerische Gesellschaft für Ideenund Innovationsmanagement im Technopark Zürich, Fachpublizist und Dozent für Ideenund Innovationsmanagement.

Weitere Informationen:
www.idee-suisse.ch