Philipp Holenstein, CEO Arosa Bergbahnen AG. (Foto: zvg)

Herr Holenstein: Mit einem Umsatz von 33 Millionen und einem Jahresgewinn von rund 1,3 Millionen Franken gab es im Geschäftsjahr 2021/2022 das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte. Hat Sie das überrascht?

Philipp Holenstein: In diesem Ausmass schon. Ein EBITDA von 12 Millionen Franken und eine EBITDA-Quote von 36,4% sind für unser Bergbahnunternehmen mit eigenen Gastro- und Beherbergungsbetrieben schon ein aussergewöhnlich gutes Resultat. Wir wissen das Ergebnis aber richtig einzuschätzen. Es ist ein Ausreisser nach oben, begünstigt durch eine ideale Konstellation von verschiedenen Rahmenbedingungen wie hervorragende Schneeverhältnisse, viele Sonnentage, einem verlässlichen Heimmarkt und – im Vergleich zum benachbarten Ausland – verträglichen SARS-CoV-2-Schutzmassnahmen, die uns offensichtlich in die Hände spielten. Die Berggastronomie profitierte vom Terrassenwetter und der Konsumfreudigkeit der Gäste. Im Vorwinter gab es bekanntlich nur Take-Away-Verpflegung, meistens im Stehen. Da war ein Nachholbedarf spürbar, es durfte «ein bisschen mehr» sein.

Geplant ist die Wiederaufnahme der Dividende mit vier Franken pro Aktie. Wird sich in Zukunft die Dividende auch an der Inflation ausrichten?

Das glaube ich kaum, denn das Bergbahngeschäft ist sehr volatil und stark von exogenen Faktoren abhängig, die nicht oder nur marginal zu beeinflussen sind, wie etwa das Wetter. Der Verwaltungsrat der Arosa Bergbahnen AG hat zwar stets eine aktive Dividendenpolitik verfolgt, um bewusst ein positives Zeichen zu setzen, dass ein Investment in das Bergbahnunternehmen und eine Beteiligung an einer allfälligen nächsten Kapitalerhöhung eben auch mit einer Rendite belohnt werden können. Das ist mit dem ausgezeichneten Geschäftsergebnis 2021/2022 selbsterklärend gegeben, aber nicht auf Dauer gesichert.

Im vergangenen Winter gab es 17,7% mehr «Eintritte». Wie läuft es im aktuellen Sommer?

Im Rahmen der Erwartungen, das heisst rund 12% hinter den coronabedingten Spitzensommer 2020 und 2021 zurück, als der alpine Raum – auch mangels Reisealternativen und Unsicherheiten – sich einer starken Nachfrage erfreute und auch das Wetter gut mitspielte. Die Hitzetage im Juli 2022 lockten die Gäste zwar in die Berge, doch nach zwei Jahren Einschränkungen im Reiseverkehr wollen die Menschen mal etwas anderes sehen und erleben. Daher ist der Rückgang alles andere als überraschend.

«Die Hitzetage im Juli 2022 lockten die Gäste zwar in die Berge, doch nach zwei Jahren Einschränkungen im Reiseverkehr wollen die Menschen mal etwas anderes sehen und erleben.»
Philipp Holenstein, CEO Arosa Bergbahnen AG

In die Berggastronomie investiert die Arosa Bergbahnen bei der Brüggerstube in einen Food-Container für ein Take-Away-Angebot. Street Food auf der Piste, ist das der neue Trend?

In der Tat entstand die Idee und Umsetzung für das Outlet bei der Brüggerstube nach dem Lockdown im März 2020. Die Testphase in zwei Sommersaisons und einer Wintersaison lassen erkennen, dass die Gäste gerne im Freien sitzen und ein qualitativ passendes Speise- und Getränkeangebot ohne Bedienung schätzen. Die Umsatzentwicklung spricht zumindest dafür. Es ist aber nicht so, dass nun in den rund 40 Bergrestaurants im Skigebiet Arosa Lenzerheide eine Abkehr vom traditionell bedienten Bergrestaurants stattfinden wird. Es braucht vielmehr eine ständige Überprüfung der Angebote und adäquate Anpassungen dazu. Ein guter Mix in der Kulinarik, was übrigens ein wichtiger Bestandteil eines gelungenen Schneesporttages ist und an Bedeutung gewonnen hat, macht es schlussendlich aus. Dazu gehört auch ein herausragendes Party-Lokal, das wir mit der KuhBar bei der Tschuggenhütte mitten im Skigebiet an bester Lage betreiben.

«Es ist nicht so, dass nun in den rund 40 Bergrestaurants im Skigebiet Arosa Lenzerheide eine Abkehr vom traditionell bedienten Bergrestaurants stattfinden wird.»

Für das kommende Geschäftsjahr 2022/2023 werden die Arosa Bergbahnen kräftig investieren. Es sind Projekte für insgesamt 6,6 Millionen Franken geplant. Den grössten Teil macht dabei eine neue Beschneiungsanlage zwischen Carmenna Mittelstation und LAW Mitte aus. Wieso?

Wir setzen den Fokus auf die qualitative Weiterentwicklung am Berg, das heisst nicht grösser werden, sondern besser. Dazu gehört unter anderem der kontinuierliche Ersatz der alten Beschneiungsanlagen aus dem Jahr 1996, um effizienter technisch zu beschneien. Einhergehend mit Gelände- und Pistenkorrekturen lassen sich Verbesserungen in der Pistenpräparation erzielen, die im Sommer mit einer Weidelandverbesserung einen doppelten Nutzen erzielen. Das machen wir jetzt auf der wichtigen Verbindungspiste zwischen Carmenna Mitte und LAW Mitte, sodass der Transfer der Skifahrer vom Gebiet Arosa West in das Gebiet Arosa Ost bequemer und sicherer erfolgen kann.

Wie schwierig ist die technische Beschneiung der schwarzen Piste 12?

Besser bekannt als «Black Diamond Slope» und als beste schwarze Abfahrt des Jahres 2021 ausgezeichnet, ist P12 ein treffendes Beispiel für eine gelungene Investition in die qualitative Verbesserung des Skigebiets. Die technische Beschneiung sowie die Präparation des 45°-Steilhangs sind schon anspruchsvoll und benötigen Erfahrung sowie das richtige Augenmass unserer Mitarbeitenden. Ziel ist es, diese attraktive schwarze Piste vor Weihnachten zu öffnen und bis zum Saisonschuss anzubieten – täglich präpariert.

«Im Normalfall beginnen wir ab Anfang/Mitte Oktober mit der technischen Beschneiung und öffnen die ersten Pisten in Arosa Lenzerheide im November. Ziel ist es, bis zu den Festtagen das Skigebiet fertig einzuschneien.»

Ausgehend von einer gesamten Pistenfläche von 120 Hektaren entspricht die Abdeckung durch Beschneiungsanlagen gute 60%. Wie ist die Wasserversorgung gesichert?

Der Speichersee Hintere Hütte ist mit 60’000 m3 nicht übermässig gross, aber ausreichend, weil wir das Überlaufwasser aus zwei Reservoirs und den Grundwassersee Isel als Beschneiungswasser nutzen. Damit können wir den See immer wieder befüllen oder von einer Pumpstation aus direkt beschneien. Mit dieser Infrastruktur gelingt es uns, im Normalfall ab Anfang/Mitte Oktober mit der technischen Beschneiung zu beginnen und die ersten Pisten in Arosa Lenzerheide im November zu öffnen. Ziel ist es, bis zu den Festtagen das Skigebiet fertig einzuschneien.

Im Jahr 2026/2027 steht mit dem Ersatz der Gondelbahn Hörnli-Express die nächste Grossinvestition an. Welche technischen Neuerungen wird es geben?

Der Verwaltungsrat ist derzeit intensiv mit Variantenprüfung beschäftigt. Es stehen verschiedene Szenarien im Raum, wie etwa eine Gondelbahn mit Mittelstation und Ein-/Ausstieg, eine Kombianlage mit dem Einschleusen von Sesseln im oberen Gebietsteil bis hin zu einer maximalen Förderleistung mit Integration der bestehenden 4er-Sesselbahn Hörnli. Die Systemwahl ist noch nicht erfolgt. In der nächsten Phase geht es darum, die nutzungsplanerischen Voraussetzungen für den idealen Standort der Talstation mit Pistenzuführung zu schaffen.

Arosa als bevorzugtes Wandergebiet, Lenzerheide als starke Bike-Destination ergänzen sich in vielerlei Hinsicht auch in der warmen Jahreszeit. Sind gemeinsame Sommeraktivitäten geplant?

Ja, das stimmt. Bergwandern und Bike sind wohl die Gemeinsamkeiten im Sommer, wo sich Arosa und Lenzerheide ideal ergänzen. Lenzerheide setzt im Bike die Akzente und Arosa ist mit Bear Mountain, als Teil von Bike Kingdom, die optimale Erweiterung. Mit dem Bärenland bei der Mittelstation setzt Arosa in einem ganz anderen Themenfeld einen einzigartigen Farbtupfer.

Haben Sie bereits Studiendaten, wie sehr die gemeinsamen Arosa-Lenzerheide-Tickets die Übernachtungszahlen erhöht haben?

Nein, dazu gibt es keine konkreten Fakten. Was man aber sagen kann: mit der Skigebietsverbindung ist Arosa Lenzerheide in die Champions League der Skigebiete aufgestiegen. Mit 1,4 Millionen Skierdays gehören wir nicht nur zu den grössten, sondern auch qualitativ mit zu den besten Regionen, was Gästeratings unterstreichen. Zweifellos wirkt sich das stimulierend auf die Beherbergungsbetriebe aus, seien das Hotels oder Ferienwohnungen. Die Investitionen in bestehende und aktuell auch wieder neue Hotels bestätigen das. Unter dem Strich profitieren alle Leistungsträger vom gemeinsamen Skigebiet und dem gemeinsamen wirkungsvollen Auftritt.

«Mit der Skigebietsverbindung ist Arosa Lenzerheide in die Champions League der Skigebiete aufgestiegen, mit 1,4 Millionen Skierdays.»

Allein 47 Kilometer Themenwege stehen in Arosa und Lenzerheide zur Verfügung. Ich nehme an insgesamt?

Das Netz der Themenwege ist eine Kombination aus schon länger bestehenden Themenwegen und neu inszenierten Wegen. Beim Eichhörnli-, Globi- oder Autschliweg stehen Familien im Zentrum. Die Protagonisten machen die Wanderung zum Erlebnis. Zudem liefert das Arosa Bärenland die perfekte Bühne, um auf dem Bären Erlebnisweg Wissen und Spass zu vermitteln. Unser Netz an Themenwegen ist somit eine Kombination aus der Vermittlung von Wissen sowie Hintergrundinformationen und vor allem Spass für Gross und Klein.

Wer liefert dazu die Ideen?

Neue Ideen werden im Team der Bergbahnen, der Destination oder in Zusammenarbeit mit Destinationspartner entwickelt und dann umgesetzt. Übrigens finden sich Inszenierungen auch im Winter, anstatt auf den Wegen auf den Pisten. In Lenzerheide ist die Globi-Piste sehr beliebt. In Arosa gibt es die Schneesport Erlebniswelt Tschuggen mit einem Honigland, einen Bärensnowpark und einem Zappelbär-Suchspiel. Bald kommt ein «Beerenland» hinzu. Sommer und Winter bespielen sich somit gegenseitig mit einem zentralen Thema.

Quelle: Moneycab.ch

Unser Foto zeigt: Philipp Holenstein, CEO Arosa Bergbahnen AG. (Foto: zvg)