Flottenmanagement hat in der Schweiz immer noch einen schweren Stand. Im folgenden Interview erläutern wir die Gründe und skizzieren positive Szenarien auf, die belegen, warum Flottenmanagement trotzdem eine erfolgreiche Zukunft vor sich hat.

Flottenmanagement hat in Schweizer KMUWelten noch Luft nach oben. Haben Sie einen Überblick, wie die Zahlen aussehen?

Da fehlen der Branche schlicht verlässliche Zahlen. Wir wissen, wie viel Fahrzeuge auf Unternehmen immatrikuliert und wie viele Leasingverträge in etwa als Full-Service-Verträge mit Firmenkunden abgeschlossen werden. Eine valide Differenzierung nach Unternehmensgrössen ist leider nicht verfügbar. Man ist aus diesem Grund, für einen groben Branchenüberblick sehr stark auf einzelne empirische Erhebungen und Schätzungen angewiesen.

Ich frage mal umgekehrt. Bei welcher Flottengrösse steigt Ihr Haus ein, und welche Erfahrungen machen Sie?

Wir beginnen bei Unternehmen, die zehn Firmenwagen und mehr im Portfolio haben. Unsere Branche hat in dieser Grössenordnung – nach meiner Schätzung – eine Marktdurchdringung von zehn bis maximal 20% Prozent. Wenn Sie noch kleinere Unternehmen mit weniger als zehn Firmenfahrzeugen dazunehmen, sind wir im einstelligen Prozentbereich. Das Thema Flottenmanagement gewinnt erst ab einem Fahrzeugvolumen von über 50 Autos wirklich an Bedeutung. Das sind in der Schweiz schon die wirklich bedeutenden Volumenkunden.

Warum entscheiden sich so viele Unternehmensverantwortliche noch für den Kauf eines Autos, wenn es doch ja nicht nur von Ihnen spannende Flottenmanagement-Angebote gibt?

Da gibt es gleich mehrere Antworten. Erstens ist ein zentraler Bestandteil unserer Angebote das Leasing. Diese Finanzierungsmethode hat in familiengeführten Unternehmen oft immer noch einen schlechten Ruf. So wird man bei Verkaufsgesprächen immer wieder mit diesem Argument konfrontiert. Viele Schweizer Unternehmer sehen das Leasing als vermeintlich grundsätzlich schlechte Finanzierungsform. Da hat unsere Branche, das muss man offen sagen, in den vergangenen Jahren zu wenig gemacht, um dies richtigzustellen. Es geht darum, einen Wandel mit einer klaren Reputationsverbesserung in Gang zu setzen. Da ist zu wenig passiert.

Zweitens pflegen gerade kleine Unternehmen oft einen guten und langjährigen Kontakt mit dem Autohändler um die Ecke. Die Verkäufer in den Autohäusern wollen den Kunden nicht in Verlegenheit bringen, indem sie andere Möglichkeiten als den direkten Kauf anbieten. Folglich kommt das Leasing gar nicht zur Sprache.

In den weltweiten Feldstudien zum Thema Leasing nimmt die Schweiz einen hinteren Platz ein. Wir haben es hier aber in erster Linie mit einer kommunikativen Herausforderung zu tun. Nichtwissen ist immer mit einer gewissen Form der Verunsicherung verbunden.

In Märkten mit wenig Durchdringung gibt es aber auch die Gefahr der Falschberatung. An diesem Punkt muss sich meine Branche an die eigene Nase fassen.

Da muss ich nachhaken. An welchem Punkt machen Sie das fest?

Als es vor vier Jahren den vorletzten Kursschnitt beim CHF gab, sind die Preise für Gebrauchtwagen massiv gefallen. Da hatte der Leasingkunde plötzlich einen Vorteil, wurde doch der Restwert vom Leasinggeber garantiert. Dadurch sind bei den Leasinggesellschaften Verluste entstanden. Teile der Branche haben dann versucht mit überteuerten Schadenabrechnungen im Zuge der Fahrzeugrücknahme die Verluste zu reduzieren und damit nicht nur eine Chance vertan, sondern darüber hinaus bereits gewonnenes Vertrauen wieder verspielt.

Da braucht es offensichtlich Aufklärung. Lassen Sie uns damit anfangen. Sie haben hier sicher einige Argumente, die für das Flottenmanagement sprechen?

Wir sind in der Lage, schon bei der Auswahl der Fahrzeuge, beratend zur Seite zu stehen. Wir kennen den Fahrzeugmarkt und sprechen abgestimmt auf die Kundenbedürfnisse unsere Empfehlungen aus. Über diese Kombination von Wissen verfügt der Kunde üblicherweise nicht. Wir finden im Rahmen von persönlichen Gesprächen für jeden Kunden die wirklich passende Lösung. Dabei gibt es natürlich unterschiedliche Prämissen. Für den einen ist beispielsweise das Thema der des CO2-Ausstosses ein wichtiges Thema, der andere will wirklich nur tiefe Kosten. Meistens geht es aber um einen tragfähigen Kompromiss, wie man Mitarbeiterzufriedenheit und «Total Cost of Ownership» passend zusammenbringt. Am Ende steht eine Auswahl von Fahrzeugen, welche die Kundenbedürfnisse abdecken und gleichzeitig machen wir die zu erwartenden Kosten über die gesamte Nutzungsdauer transparent. Das ist der bessere Ansatz, im Vergleich zu dem vorherrschenden Modell, bei dem die Anschaffungskosten im Vordergrund stehen und die anderen, zukünftigen Kosten im Nebel bleiben. Die reinen Anschaffungskosten sagen wenig über die wahren Kosten des Unterhalts aus. Zudem bieten wir eine Planungssicherheit, da wir, wenn der Kunde dies wünscht, die Kostentreiber für die gesamte Laufzeit fixieren und garantieren.

Im Rahmen Ihres Angebots gibt es drei Säulen, die nicht nur die üblichen FlottenmanagementDienstleistungen, sondern auch Finanzierungsmöglichkeiten und Business-Mobility-Lösungen beinhalten. Was steckt hinter diesem Ansatz?

Es gibt unterschiedliche Grundbedürfnisse der Kunden, die wir mit diesen drei Säulen abdecken können. Es gibt Kunden, die wollen nur eine Finanzierungslösung mit einer entsprechenden Risikoabsicherung. Andere hingegen wünschen ergänzend weiterte Dienstleistungen, wie Beratungsmodule und Unterhaltsservices. Jetzt gibt es aber auch Kunden, die erkennen, dass sie verschiedene Formen der Mobilität nutzen und in Zukunft ihren Mitarbeitenden durch moderne Hilfsmittel die Nutzung intermodularer Mobilität vereinfachen wollen. Diesen können wir umfassende Gesamtlösungen anbieten.

Im Kern verschmelzen hier klassische IT-, Bankund Mobilitätsdienstleitungen?

Ja, es geht darum, auch mithilfe neuer Technologien, für den Kunden passende Lösungen zu schaffen.

Früher hat man lange in Handbüchern gesucht und dann zum Telefon gegriffen. Heute haben Sie die Möglichkeit, über eine App vereinfacht an Informationen zu gelangen und gezielt durch Prozesse geleitet zu werden. Das führt im Übrigen auch zu einer Fehlervermeidung. Abläufe werden so für den User schlicht einfacher und effizienter. Da steht unsere Branche aber noch am Anfang. Alphabet hat sich bereits vor einiger Zeit als einer der ersten Anbieter von Mobilitätslösungen bewusst darauf eingelassen und bietet schon konkrete und praktische Lösungen an. Wir wollen uns hier als Speerspitze einer neuen Entwicklung präsentieren.

Lassen Sie uns in die Praxis springen. Verraten Sie uns ein Beispiel?

Sie sind mit Ihrem Firmenwagen unterwegs und es passiert ein Unfall. Zum Glück gibt es keine Verletzte, das Auto ist aber nicht fahrbereit. Was machen Sie jetzt, wenn Sie klassisch unterwegs sind? – Sie fangen an zu überlegen, wen man alles anrufen muss: zuerst die Polizei oder doch die Firma? Möglicherweise ist im Fahrzeug auch noch eine Telefonnummer des Herstellers, vielleicht hat die Nummer aber auch jemand verlegt oder sie ist schlichtweg nicht mehr gültig. Die moderne Reaktion ist viel einfacher. Sie nehmen Ihr Smartphone, wählen unsere AlphaGuide-App, gehen auf den Button «Unfall» und werden direkt mit unserer Service-Hotline verbunden. Dort wird das vorliegende Problem professionell und situationsgerecht abgeklärt: Brauchen Sie einen Ersatzwagen? Wer schleppt das Auto wohin ab? Wer muss in welcher Reihenfolge informiert werden? Der Kunde wird sicher durch den Prozess geführt, ohne dass er sich weitere Gedanken machen muss. Für unsere Kunden ist die Situation gleichzeitig aber auch kostenoptimiert. Durch die Konsultation der Service-Hotline werden Dienstleiter in Anspruch genommen, mit denen Alphabet Rahmenverträge hat. Dadurch werden für den Kunden unnötige Kosten vermieden

Ein weiteres Beispiel betrifft die Tankkarten, die auch eine hohe administrative Vereinfachung darstellen. Klassischerweise machen Sie eine Kostenabrechnung, die durch viele Hände geht und sehr aufwendig gehandelt wird. Bei der Tankkarte zahle ich bargeldlos, die Firma bekommt eine Sammelrechnung über alle Fahrzeuge, die elektronisch eingespielt werden kann. Diesen Service bieten wir national und international in Kooperation mit verschiedenen Treibstoffpartnern an. Das ist smart und einfach. Der standardisierte Belegprozess kann hier schlicht nicht mithalten.

Kommen wir noch zu einem Thema, welches bisher in einer Nische agiert. Das sich aus Ihrer Sicht in den nächsten Jahren ändern soll. E-Mobilität heisst das Stichwort. Verschiedene Fahrzeughersteller haben sich da weit aus dem Fenster gelehnt. Die Zahlen sind aber weiter ganz unten. Warum wird sich das verändern?

Es gibt bei neuen Trends immer einen «TippingPoint». Es geht um den Punkt, an dem sich eine Idee und die entsprechenden Prototypen im Markt als Massenprodukt etablieren. Wenn Sie Popcorn erhitzen, tut sich zunächst überhaupt nichts und dann platzen plötzlich alle Maiskörner mit lautem Getöse auf. Bei der Elektromobilität haben wir noch einige Herausforderungen zu meistern, um an diesen Punkt zu kommen. Das betrifft in einem ersten Schritt vor allem die Behebung des Kostennachteils der Elektrofahrzeuge. In den nächsten Jahren werden die Preise aber mit der Entwicklung stetig sinken. In einem zweiten Schritt geht es um die Optimierung der Reichweiten. Auch hier ist die Situation noch unbefriedigend. Die Automobilindustrie wird aber in einem Zeitrahmen von drei, vier Jahren sicherlich auch hier nachhaltige Verbesserungen anbieten können. Die Kombination diese beiden Punkte sind wesentlich für die Schaffung einer Akzeptanzlösung. Wenn der Kunde bis dahin noch ein besseres Netz an Ladeinfrastruktur vorfindet, wird der Knoten platzen.

Die grösste Hürde überhaupt ist aber die kulturelle Verhaltensänderung. Auch in zehn Jahren wird es länger dauern, ein Elektroauto aufzuladen, als einen Verbrennungsmotor mit Benzin zu füllen. Zurzeit ist zudem die Entwicklung des Benzinpreises nicht förderlich für die Verbreitung der Elektromobilität. Das ist aber ein temporäres Problem, da fossile Energieträger sich mit Sicherheit wieder massiv verteuern werden. Vor allem beim Thema Car-Sharing wird die Elektromobilität sich am schnellsten durchsetzen, das ist schon jetzt absehbar. Auch da sind wir an der Entwicklung einer passenden Lösung für unsere Kunden.

Wie ist Ihr Haus im Marktumfeld Flottenmanagement aufgestellt?

Die Erfinder der Dienstleitung Flottenmanagement kamen meist aus dem Bankenumfeld. Irgendwann haben Autohersteller die Situation als Bedrohung für ihre Wertschöpfungskette empfunden. Von dieser Positionierung kommen auch wir. Auf der ursprünglich dominierenden Seite der Branche hat es aber ebenfalls Bewegung gegeben. Viele Banken wollen sich eher zurückziehen, da unser Geschäft andere Risiken birgt und auch nicht so margenstark ist, wie die Banken aus anderen Bereichen gewohnt sind. In die sich öffnenden Lücken wollen wir hineinstosssen und uns mit Fachwissen, kompetenter Dienstleistung und persönlichem Service einen starken Platz sichern.

Was wollen Sie da in den nächsten Jahren erreichen?

Wir wollen auf das olympische Treppchen kommen, sprich unter den ersten drei Anbietern von Business Mobilitätslösungen in der Schweiz sein.

Weitere Informationen:
www.alphabet.ch