Der Aufbau einer intelligenten Fabrik ist eine komplexe Angelegenheit.

Die Anforderungen an die Fertigungsindustrie sind stark gestiegen. Lösungen bringen cloudbasierte Plattformen, auf denen Produktions- und Prozessdaten zusammengeführt und ausgewertet werden.

Wie das funktioniert und welche Vorteile es bietet, erläutert Jan Metzner, Specialist Solutions Architect Manufacturing in Deutschland bei Amazon Web Services (AWS).

Herr Metzner, welche Vorteile bietet die Digitalisierung, speziell der Aufbau einer Digital Factory, in der Produktion?
Die digitale Fabrik hat das Potenzial, die Produktion deutlich zu optimieren. Mit Cloud-Plattformen lassen sich Produkte schneller, kostengünstiger und in besserer Qualität herstellen. Durch die Vernetzung von Maschinen, Anlagen, Sensoren und Eingabegeräten können im Betrieb erfasste Daten in einem gemeinsamen Data Lake zusammengeführt und analysiert werden – über mehrere Produktionslinien und Fabriken hinweg. Auf Basis der so gewonnenen Erkenntnisse lassen sich Prozesse digitalisieren und optimieren sowie Ausfallzeiten und Fertigungskosten senken. Zudem kann das Unternehmen seine Produktion und Logistik besser steuern, dadurch flexibler auf Veränderungen reagieren und zielgerichteter auf Kundenwünsche eingehen. Und schliesslich liegt das Potenzial der Digitalisierung auch in der Schaffung neuer Wertschöpfungsmöglichkeiten, also neuer Produkte und Services.

Können Sie einen konkreten Anwendungsfall für die digitale Fabrik nennen und aufzeigen, wie sich Produktionsprozesse damit optimieren lassen?
Ein aktuelles Beispiel ist die «Volkswagen Industrial Cloud», die der VW-Konzern gemeinsam mit AWS aufbaut. In den nächsten Jahren werden Echtzeitdaten aus den weltweit verteilten Produktionsstätten des Konzerns zusammenfliessen. Sie werden von Sensoren erfasst und anschliessend von standardisierten Apps in der Cloud analysiert. Das beschleunigt die Bereitstellung von Anwendungen und macht die Produktion und Logistik effizienter und kostengünstiger. Egal ob es um eine Maschine, die Supply Chain oder eine Kundenbestellung geht – der jeweilige Status ist zu jedem Zeitpunkt sichtbar. Die Dienste von AWS helfen VW, zwei fundamentale Fragen zu beantworten: Wie ist der Zustand meiner Anlagen? Und wie kann ich auf Basis der Ergebnisse Entscheidungen treffen? Wir geben dem Konzern alle Werkzeuge an die Hand, die er in Verbindung mit seinem Know-how braucht, um die Produktion zu verbessern. VW rechnet mit Einsparungen von mehreren Milliarden Euro, wenn die Daten aller 124 Werke in ein paar Jahren standardisiert ausgewertet werden. Und: Die Applikationen, die Volkswagen derzeit entwickelt, sollen künftig in einem offenen Ökosystem auch Partnern und Lieferanten zugänglich gemacht werden, die damit von den Synergien im Verbund profitieren.

Ist die produzierende Industrie Vorreiter bei der Digital Factory oder gibt es solche Vorstösse auch in anderen Branchen?
Die produzierende Industrie hat im Vergleich zu anderen Industriezweigen relativ spät mit dem Speichern und Verarbeiten der Daten in der Cloud angefangen. Andere waren da schneller. So hat Philips Healthcare schon vor einigen Jahren eine digitale Plattform angekündigt, um die Bilderflut aus Röntgengeräten und Computertomografen in Krankenhäusern in einem Data Lake zusammenzuführen und auszuwerten. Mittlerweile enthält der Data Lake von Philips mehr als 15 Petabyte Daten aus bildgebenden Untersuchungen und Krankenakten. Und jeden Monat kommt ein Petabyte dazu. Im Consumer-Bereich gibt es Beispiele für Unternehmen, die ihr komplettes Geschäft in die Cloud verlagert haben. So nutzen mehr als 80 Prozent der Gaming-Anbieter die AWS-Plattform, um neue Spiele zu entwickeln und herauszubringen. Video-on-Demand-Angebote wie Netflix und Amazon Prime werden ebenfalls über die Plattform bereitgestellt.

Welche technologischen Hürden müssen Fertigungsunternehmen überwinden, um die Digitalisierung umsetzen zu können?
Viele Anlagen in der Fertigungsindustrie sind schon 20 oder 30 Jahre alt. Sie müssen erst einmal vernetzt und mit Software-Funktionen ausgestattet werden, damit sie sich in die intelligente Fabrik einbinden lassen. Hinzu kommt, dass die Daten in Fabriken häufig auf völlig unterschiedliche Orte verteilt sind – etwa auf alte Maschinen, isolierte Systeme, teilweise noch auf Papier. Das macht es schwer, sie zu erfassen und auszuwerten.

Welche Möglichkeiten bietet die Cloud bei der Realisierung der digitalen Fabrik?
Die Cloud bietet dafür ideale Bedingungen: Die Unternehmen sparen sich hohe Anfangsinvestitionen in Infrastruktur und Experten, das Risiko bleibt überschaubar. Man kann mit Teilprojekten anfangen und sich langsam an den Aufbau der intelligenten Fabrik herantasten. Und wenn ein Projekt scheitert, muss nur der jeweilige Dienst in der Wolke gekündigt werden. Die Cloud bietet allen Firmen dieselben Chancen. Ob kleines Start-up-Unternehmen oder Grosskonzern – alle können zum selben Zeitpunkt exakt dieselben Werkzeuge einsetzen. Und damit eignet sich die Cloud perfekt für die Einführung der IT-Lösungen, die zum Aufbau der intelligenten Fabrik benötigt werden. Dank der hohen Speicher- und Rechenkapazitäten und der entsprechenden Dienste ermöglicht sie Berechnungen für maschinelles Lernen (ML) sowie Datenanalysen über mehrere, verteilte Produktionsstandorte hinweg. Damit trägt ihr Einsatz auch dazu bei, Innovationszyklen zu beschleunigen.

Welche Vorteile haben Unternehmen, wenn sie auf erfahrene Cloud-Provider wie AWS setzen?
Bei einem grossen Cloud-Anbieter profitieren Unternehmen von leistungsfähigen Angeboten sowie von einer Rechenzentrums- und Netzwerkarchitektur, die flexibel und immer auf dem neuesten Stand der Technik ist und höchsten Sicherheitsanforderungen gerecht wird. Und die darüber hinaus hochskalierbar ist – ein Aspekt, der im Umfeld des Internet of Things (IoT) eine wichtige Rolle spielt. Wir haben Kunden, die mit ein paar Tausend Geräten gestartet sind, mittlerweile sind es Zehntausende, Hunderttausende oder gar Millionen. All
diese Geräte anzuschliessen und sicher zu betreiben, sie zu programmieren und zu aktualisieren, ist ein enormer Aufwand. In der AWS-Cloud läuft das alles automatisch ab.

Welche Rolle spielen Technologien wie künstliche Intelligenz und Machine Learning in der digitalen Fabrik?
Eine zunehmend wichtige. Künstliche Intelligenz (KI) und ML helfen dabei, die Produktion und die Prozesse intelligent miteinander zu vernetzen – etwa mit sich selbst organisierenden Maschinen oder einer intelligenten Fehlererkennung und Qualitätsprüfung. Durch ihre Fähigkeit zur Echtzeit- und Prädiktivanalyse decken sie in den einzelnen Produktionsschritten verborgene Muster und Zusammenhänge auf. Auch kollaborative Roboter, sogenannte Cobots, können mithilfe von KI immer mehr einfache Aufgaben durch Ausprobieren selbst lösen.

Wie können Daten, die in der digitalen Fabrik entstehen, abgesichert werden?
Am besten durch ihre Speicherung in der Cloud. Ich denke nicht, dass ein lokaler Speicher einen besseren Schutz bieten kann. Bei AWS investieren wir viel in die physikalische Sicherheit unserer Datenzentren genauso wie in die logische Sicherheit. Das gehört zum Kerngeschäft von AWS. Wir haben ein Weltklasseteam an Sicherheitsexperten, das rund um die Uhr überwacht, was passiert. Systeme grosser Banken sowie Applikationen für die nationale Sicherheit in verschiedenen Ländern laufen auf AWS. Wenn solche kritischen Systeme in der Cloud sicher sind, können alle Unternehmen darauf vertrauen.

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