Gegenseitige Unterstützung um in der Krise bestehen zu können hat Vorfahrt.

Grosse Teile unseres bisher bekannten Alltags sind aufgrund der Corona-Pandemie weiterhin beeinträchtigt. Viele Kleinunternehmen mussten für ungewisse Zeit ihre Türen schliessen. Jetzt haben sie, nach dem Ende des Lockdowns, immer noch Umsatzeinbussen. Diese Einschränkungen haben dazu geführt, dass es in einigen Wirtschaftsbereichen der Schweiz zu finanziellen Engpässen gekommen ist. Kurzarbeit, Hilfskredite und Entlassungen von Mitarbeitern mussten von vielen KMU als Werkzeug eingesetzt werden, um die akuten finanziellen Engpässe zu überstehen. Es gibt aber auch bewundernswerte gegenseitige Unterstützung.

Wieso sind KMU in der Schweiz für die gesamte Wirtschaftsstabilität von Bedeutung?
Martina Lauener: Ein Grossteil aller Unternehmen in der Schweiz sind KMU und beschäftigen zwei Drittel der gesamten arbeitenden Bevölkerung, KMU sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Wohin diese Krise die Schweiz langfristig führen wird, ist aktuell noch ungewiss. Auch ist nicht klar, wie lange die finanziellen Engpässe noch bestehen bleiben, weil sich beispielweise Lieferketten ändern oder der Privatkonsum der Schweizer Bevölkerung neu ausrichtet.

Der Bund hat doch Kredite für KMU versprochen, sind die keine Hilfe?
Simon Zimmermann: Viele vertrauen den Massnahmen des Bundes und der
Kantone und gehen davon aus, dass diese ausreichen, um die KMU zu unterstützen. Der Grossteil der erhaltenen Kredite muss aber früher oder später zurückbezahlt werden, was für einige Kleinunternehmen nicht möglich sein wird. Zurzeit gibt es keine Antwort darauf, ob und wie Teile der Wirtschaft wieder anlaufen werden, oder wie sich unser Leben, Konsum- und Verhaltensweisen verändern werden. Martina Lauener: Wir sind alle, jeder Einzelne von uns, betroffen von den aktuellen Geschehnissen, und um den Wohlstand in der Schweiz langfristig zu gewähren, sollten wir jetzt unsere soziale Verantwortung wahrnehmen. In einer Krisensituation wie dieser können wir die Solidarität der Schweizer Bevölkerung unter Beweis stellen, indem wir dort helfen, wo unsere Unterstützung immer noch dringend gebraucht wird.

Was ist 4Switzerland? Können Sie Ihre Philosophie erläutern?
Martina Lauener: 4Switzerland.ch ist eine Plattform, mit dem Ziel, Kleinunternehmen und Selbstständige zu unterstützen, um finanzielle Engpässe, welche sich durch die Corona-Krise ergeben haben, zu minimieren.

Wie stellen Sie sich das in der Praxis vor?
Martina Lauener: Wir möchten zusammen mit allen Spendern helfen, unserer Wirtschaft den Rücken zu stärken und somit unsere Arbeitsplätze und auch unseren Wohlstand langfristig zu sichern. Private wie auch juristische Personen können das von ihnen bevorzugte Unternehmen direkt und unkompliziert über 4Switzerland.ch finanziell unterstützen. Jeder von uns entscheidet, welchen Beitrag welcher Institution gespendet werden soll – jeder Beitrag zählt! 4Switzerland.ch steht ganz im Sinne von «Üsi Wirtschaft – Üsi Schwiiz» mit dem gemeinsamen Ziel, die langfristige Stabilität in der Schweiz sicherzustellen.

Gab es einen Gründungsmoment?
Simon Zimmermann: Die Idee der Spendenplattform ist bei einem QuarantäneSpielabend entstanden, während die Diskussion aufbrannte, welchen Beitrag geleistet werden kann, um die aktuelle Situation der KMU zu entschärfen. Mitte März 2020 haben sich acht Freiwillige aus unterschiedlichen Branchen und Regionen in der Schweiz zusammengetan und innerhalb von wenigen Tagen die Spendenplattform 4Switzerland ins Leben gerufen.

Wie sehen die Ziele von 4Switzerland genau aus?
Simon Zimmermann: Der inzwischen bestehende Verein 4Switzerland hat das Ziel, möglichst viele Klein- und Mittelunternehmen auf unsere Plattform zu bringen, welche eine finanzielle Unterstützung aufgrund der Corona-Krise benötigen. Nebst den angeschlagenen Unternehmen auf der einen Seite gilt es natürlich auf der anderen Seite, möglichst viele Spender zu gewinnen, welche bereit sind, einen Beitrag zu spenden. Man kann also dem eigenen «Lieblingsunternehmen» – beispielsweise dem Coiffeur, zu dem man seit Jahren geht – mit einer Spende über die Zeit des Stillstands und der voraussichtlich folgenden Wirtschaftskrise hinweghelfen.

Das zentrale Stichwort heisst folglich Solidarität?
Simon Zimmermann: Richtig. Der Solidaritätsgedanke vereint die Initianten von 4Switzerland mit den Nutzern unserer Plattform. 4Switzerland ist eine Non-ProfitInteressengemeinschaft, die Privatpersonen hinter der Initiative arbeiten unentgeltlich. Mit der Werbeagentur Schmid + Wolf Kommunikation und der digitalen Werbeagentur OHO Design wird 4Switzerland von zwei kompetenten Partnern bei der Bereitstellung der 4Switzerland-Plattform unterstützt. Um die anfallenden Entwicklungs- und Betriebskosten zu decken, ist der Verein 4Switzerland.ch auf Sponsorengelder angewiesen. Überschüsse werden am Ende des Projektes vollumfänglich an die KMU ausbezahlt.

Angenommen, ich führe ein KMU und bin durch Corona in einer finanziellen Krise: Was kann ich nun tun?
Martina Lauener: Melden Sie sich einfach kostenlos auf 4Switzerland.ch an und erhalten Sie Unterstützung. Bringen Sie Ihre Wertschätzung für die erhaltene Spende zum Ausdruck, indem Sie nach Ihren aktuellen Möglichkeiten ein individuelles Dankeschön ausstellen. Mögliche Formen wären beispielsweise ein Gutschein für einen Haarschnitt, eine Gratislektion oder einen Kaffee – hier soll der individuellen Kreativität keine Grenzen gesetzt werden.

Was waren die grössten Learnings der bisherigen Wochen für die Initianten hinter 4Switzerland?
Simon Zimmermann: CrowdfundingPlattformen sind zu Beginn des Lockdowns wie Pilze aus dem Boden geschossen, und es ist nicht ganz einfach, hier als Unternehmung die Übersicht zu bewahren. Grundsätzlich hätten wir aufgrund der existenzbedrohenden Krise und der schweizweiten Bekanntmachung unserer Plattform mit mehr Anmeldungen gerechnet. Martina Lauener: Unterschätzt haben wir den Stolz der Schweizer Unternehmer und den Anspruch, welchen diese an sich selbst stellen: In persönlichen Gesprächen erfahren wir, dass massive Probleme bestehen, wie die nächsten Mieten und Monatslöhne beglichen werden sollen und vieles mehr. Dennoch erfolgen nur wenige Anmeldungen von diesen Unternehmen, wir haben auch erfahren, dass viele Hemmungen haben, ihre finanziellen Schwierigkeiten publik zu machen, indem sie sich auf einer Plattform anmelden. Wie dämmen Sie diese ein? Diese Eintrittshürde wird minimiert, wenn sich bereits mehrere Unternehmen aus der eigenen Branche und der eigenen Region angemeldet haben, man kann einen gewissen Herdentrieb beobachten. Um diesem Gefühl der Verletzung des Stolzes entgegenzuwirken, haben wir das Instrument der individuellen und anerkennenden Gegenleistung des Unternehmens implementiert. Das Prinzip einer Gegenleistung soll das potenzielle Gefühl des verletzten Stolzes der Unternehmer minimieren. Generell liegt es wohl an Schweizer Tugenden wie der Selbstständigkeit und Standhaftigkeit, welche Unternehmen hemmen, sich in dieser Zeit helfen zu lassen. Wir möchten an die Unternehmer appellieren, solche Hilfe anzunehmen.

Wie geht es mit 4Switzerland weiter?
Simon Zimmermann: Für den Verein 4Switzerland.ch stehen nach wie vor der Solidaritätsgedanke und die Unterstützung der Schweizer Wirtschaft im Vordergrund. Die finanziellen Engpässe, welche durch die Corona-Krise entstanden sind oder auch durch die anstehenden Rückzahlungen der Hilfskredite, werden nicht von heute auf morgen beglichen sein. Die Plattform 4Switzerland. ch bleibt weiterhin bestehen, und zwar solange, wie wir Schweizer Unternehmen in der schwierigen Situation unterstützen können.

www.4switzerland.ch