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Sein eigenes Leben managen sollte der Neujahresvorsatz Nummer ein sein.

In der modernen Welt werden wir permanent mit neuen Anforderungen konfrontiert – beruflich und privat. Deshalb sollten wir regelmässig prüfen: Ist die Balance in meinem Leben bedroht? Welche Zeit eignet sich hierfür besser als die «besinnlichen Tage» zwischen den Jahren?

von Andrej Winter

Ziehe ich nach München, weil ich Karriere machen möchte, oder sind mir meine Freunde wichtiger? Spare ich 250 Euro pro Monat fürs Alter oder fahre ich zweimal pro Jahr in die Karibik? Will ich mit meinem Partner Kinder kriegen oder ist mir meine Unabhängigkeit wichtiger? Mit solchen Fragen, bei denen wir uns entscheiden müssen, werden wir in unserem Leben zunehmend konfrontiert. Denn es ist eine Illusion anzunehmen: Alles ist zugleich möglich.

Sich zu entscheiden, fällt vielen Menschen schwer, betont die Managementtrainerin Sabine Prohaska aus Wine, die unter anderem ein Selbstcoaching-Buch schrieb. «Denn wenn wir uns für etwas entscheiden, müssen wir andere Möglichkeiten verwerfen.» Dies können wir nur, wenn wir wissen, was uns wichtig ist. Sonst fassen wir zwar viele Vorsätze, doch ein, zwei Tage später sind sie vergessen. Denn unsere Vorsätze sind nicht in einer Lebensvision verankert. Hinzu kommt laut Prohaska: Was in unserem Leben wirklich wichtig ist, ist nie dringend. Es ist zum Beispiel nie dringend, joggen zu gehen. Es wäre aber gut für unsere Gesundheit. Und es ist nie dringend, sich Zeit für ein Gespräch mit dem Partner zu nehmen. Es wäre aber wichtig für die Beziehung.

Weil die wirklich wichtigen Dinge nie dringend sind, schieben wir sie oft vor uns her. Oder wir hegen die Illusion: Wenn ich alles schneller erledige, habe ich auch dafür Zeit. Die einzige Konsequenz: Wir führen zunehmend ein Leben im High-Speed-Tempo. Und irgendwann stellen wir resigniert fest: Nun führe ich zwar ein noch ge-füllteres Leben, aber kein er-fülltes Leben.

Herausforderung: Die Balance im Leben wahren

Eine solche Schieflage ist kein Einzelschicksal. Darauf weist der Führungskräftetrainer Joachim Simon aus Braunschweig hin. Immer mehr Menschen plagt das Gefühl: Mein Leben ist nicht im Lot. Eine Ursache hierfür ist: Bezogen auf ihre berufliche Laufbahn haben die meisten Menschen eine klare Perspektive.  Anders sieht es in den Lebensbereichen «Sinn/Kultur», «Körper/Gesundheit» und «Soziales Leben» aus. Hier fehlen uns häufig klare Ziele.

In der Alltagshektik übersehen wir zudem oft, dass die vier Lebensbereiche in einer Wechselbeziehung stehen. Deshalb verliert, wer zum Beispiel den Bereich «Berufliches Leben» längerfristig überbetont, auf Dauer neben seiner Lebensfreude, auch seine Leistungskraft. Denn wer krank ist, kann weder sein Leben in vollen Zügen geniessen, noch ist er voller Leistungskraft. Und wer einsam ist, ist weder «quietsch-vergnügt», noch kann er seine volle Energie auf seinen Job verwenden. Und wer in einer Sinnkrise steckt, ist weder „ebensfroh, noch sehr leistungsfähig. Denn hinter allem Tun steht die Frage: Was soll das Ganze?

Wenn wir ein erfülltes Leben führen möchten, müssen wir also für die rechte Balance zwischen den vier Lebensbereichen sorgen, betont Tanja Ninnemann, Mitinhaberin des Beratungsunternehmens Machwürth Team International, Visselhövede. Das gelingt uns nur, wenn wir eine Vision von unserem künftigen Leben haben. Diese benötigen wir auch, weil heute viele Anforderungen an uns gestellt werden, die sich nur bedingt miteinander vereinbaren lassen. Das bestätigen berufstätige Mütter sofort. Denn unregelmässige Arbeitszeiten sind heute normal – gerade in höher qualifizierten Jobs. Für berufstätige Mütter bedeutet dies: Sie können nicht mehr täglich beispielsweise Punkt 16 Uhr das Büro verlassen. Was sollen sie aber tun, wenn der Kindergarten um 16 Uhr schliesst? Noch ein Beispiel: Vielen Vertriebsmitarbeitern von Unternehmen fällt es zunehmend schwer, regelmässig private Termine wahrzunehmen. Denn immer wieder dauert ein Kundentermin länger als geplant. Also sind (Interessen-)Konflikte vorprogrammiert.

Herausforderung: das eigene Leben managen

Hieraus resultiert laut Ninnemann eine weitere Herausforderung: Wir müssen sozusagen Manager unseres eigenen Lebens werden – also Personen, die durch ihr heutiges Handeln dafür sorgen, dass sie auch künftig ein glückliches und erfülltes Leben führen. Der erste Schritt hierzu besteht darin, dass wir eine Vision von unserem künftigen Leben entwickeln. Setzen Sie sich deshalb zum Beispiel in der Zeit zwischen den Jahren hin und fragen Sie sich bezogen auf die vier Lebensbereiche:

  • Was ist mir wirklich wichtig?
  • Worin zeigt sich für mich ein erfülltes Leben? Und:
  • Was muss ich heute tun, damit ich auch morgen ein glückliches Leben führe?

Fragen Sie sich zudem: Gibt es in meinem Lebensumfeld Anzeichen dafür, dass künftig die Balance in meinem Leben bedroht sein könnte? Solche Warnsignale können sein:

  • Zwischen Ihnen und Ihrem Lebenspartner herrscht zunehmend Schweigen. Auch wichtige Freunde melden sich nicht mehr (Bereich «Soziales Leben»).
  • In Ihrem Betrieb lautet die oberste Maxime plötzlich «Sparen» (Bereich «Berufliches Leben»).
  • Sie fragen sich immer häufiger: Was soll das Ganze? (Bereich «Sinn/Kultur»).
  • Sie spüren ab und zu ein Stechen in Ihrer Herzgegend (Bereich «Körper/Gesundheit»).

Haben Sie diese Fragen für sich beantwortet, dann können Sie konkrete Vorsätze fassen und einen Massnahmenplan entwerfen, wie Sie diese realisieren. Und zwar ƒohne, dass die Gefahr besteht, dass Sie Ihre Vorsätze schon wieder vergessen haben, kaum sind die Silvesterraketen verglüht. Denn Ihre Vorsätze sind nun in einer Vision von Ihrem künftigen Leben verankert.