Fehlende Liquidität bringt ein Unternehmen in ernst zu nehmende Schwierigkeiten. Doch muss es daran unweigerlich zugrunde gehen? Selbstverständlich nicht – zum Glück! Es gibt genügend Unternehmen, die unterschiedliche – auch finanziell bedrohliche – Krisen gemeistert haben. Gewusst wie, kann ein erfolgreicher Umgang mit der knappen Liquidität mittel- und langfristig die Existenz sogar besser absichern als je zuvor.

Im Jahr 2020 gab in einem nie da gewesenen und geradezu dramatischen Ausmass deutliche Beschränkungen des öffentlichen Lebens. Auch das Geschäftsleben war in einigen Bereichen regelrecht eingefroren. Sei es auch nur auf Zeit, und traf es auch nur bestimmte Branchen ganz extrem, war doch die gesamte Wirtschaft mehr oder weniger betroffen. Der Verkauf sank oder ging sogar auf null, Lieferketten waren unterbrochen, Liquidität floss ab – dafür stieg die Unsicherheit: Reichen unsere finanziellen Mittel, um den laufenden Kosten und Forderungen nachzukommen? Wie lange halten wir wohl noch durch? Für manche Unternehmer fühlte es sich tatsächlich an wie im Krieg, ein täglicher Kampf ums Überleben. Und nicht wenige kämpfen heute noch.

Wenn die Zukunft unvorhersehbar ist 
Normalerweise sind wir es im wirtschaftlichen Umfeld gewohnt, Ziele zu planen und diese umzusetzen. In weitestgehend stabilen und vorhersagbaren Umgebungen mag das funktionieren. Aber das war nicht mehr der Fall. Die geringe Vorhersehbarkeit der Zukunft machte uns ebenso zu schaffen wie ein hohes Mass an Ungewissheit im Sinne von Nicht-Wissen oder Noch-nicht-Wissen. Wir steckten in der sogenannten VUCA-Welt. Geprägt von volatile, uncertain, complex und ambigious, zu Deutsch Unbeständigkeit, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit, waren – und sind immer noch – andere Vorgehensweisen gefragt. Nur so haben wir auch nur die geringste Chance, ein Unternehmen in der Krise und darüber hinaus erfolgreich zu gestalten.

Cash ist King
In einer akuten Krisensituation, in der Unternehmen von einem Cash-Engpass bedroht sind, gibt es ganz klare Prioritäten: zuerst Arbeiten mit dem, was du hast – auch wenn wir uns etwas ganz anderes vorstellen oder wünschen. Dann steht das Durchhalten erst einmal im Zentrum – die langfristige Strategie kann warten. Und schliesslich, der Schlüssel zum Überleben lautet: schnelle Einschätzung der Situation, eine (gute) Entscheidung und umsetzen! Nicht nur in den vergangenen Monaten, sondern auch heute und zukünftig gilt die Devise «Cash ist King». Auch wenn es nicht fortwährend im Fokus unserer Aufmerksamkeit ist, so ist Liquidität doch ein zentraler Faktor. Fehlender Gewinn tötet ein Unternehmen langsam, wie Krebs. Fehlende Liquidität hingegen tötet ein Unternehmen sofort, wie ein Herzinfarkt. Und das ist auch so, wenn von der Bilanzseite her vielleicht durchaus noch ein Gewinn zu verzeichnen ist. Kein Cash führt ein Unternehmen sehr schnell in eine (über-)-lebensbedrohliche Krise. Eine Studie des Beratungsunternehmens JPMorgan zeigt auf, dass kleine Unternehmen nur über einen ausreichenden Bargeldpuffer verfügen, um durchschnittlich 27 Tage im Geschäft zu bleiben, wenn sie kein Geld mehr verdienen. Ein Viertel der kleinen Unternehmen hält sogar weniger als 13 Cash Buffer Days in Reserve.

Der Drohende Insolvenz-Infarkt
Dass die Liquidität bedroht ist, heisst noch nicht, dass Liquidität/Cash der Engpass des Unternehmens ist. Allerdings kann ein schlechtes Cash-Management dazu führen, dass das Geld knapp wird und dann auch schnell den Insolvenz-Infarkt auslöst. Cash-Management ist also immer erforderlich. Allerdings mit unterschiedlicher Intensität und abhängig davon, wie knapp die Liquidität gerade ist, oder, anders formuliert, wie gefährlich es ist oder zu werden droht. Zu beachten ist dabei: Cash ist dann – und nur dann – der Engpass des
Unternehmens, wenn alle anderen «Zutaten» für erfolgreiches Geschäft gegeben sind und nur das Geld fehlt, das erforderlich ist, um Material oder Fremdleistungen einzukaufen, um die (ausreichend) vorhandenen Aufträge zu erfüllen. In diesem Fall können Aufträge nicht erfüllt werden, wodurch weniger Geld eingeht. In diesem Teufelskreis ist Cash tatsächlich der Engpass des Unternehmens. Allerdings führt eine Liquiditätsspritze dann – und nur dann – auch direkt dazu, dass das Geschäft wieder «flüssiger» läuft. Fehlen dagegen die Aufträge oder ist am Beschaffungsmarkt das erforderliche Material nicht verfügbar, ist Cash nicht der aktuelle Engpass des Unternehmens.

Für eine bessere Liquidität 
Falls es – eine Zeit lang – unmöglich ist, Aufträge oder das erforderliche Material zu bekommen, kann fehlende Liquidität die Existenz des Unternehmens bedrohen, weil das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, seine anderen finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. In diesem Fall ist die Frage zu beantworten: Wie sichern wir die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens, damit es – wenn wieder genügend Aufträge und / oder Material verfügbar sind – noch existiert und über genügend Liquidität verfügt, wieder in einen «normalen» Geschäftsbetrieb «hochzufahren»? Ausgehend von diesen Überlegungen gibt es wichtige Fragen und To-D, die ein Unternehmen in Krisenzeiten und der Gefahr fehlender Liquidität kennen sollten: Wie kann die (noch vorhandene, knappe) Liquidität geschützt und bestmöglich genutzt werden, um das Überleben des Unternehmens in und nach der Krise zu sichern? In solch einem Fall müssen alle Cash-Abflüsse unterbrochen werden, die nicht erforderlich sind, um das Überleben des Unternehmens sicherzustellen und den aktuellen Durchsatz zu sichern. Zudem alles sorgfältig überprüfen, ob es jetzt tatsächlich erforderlich ist. Ferner muss die Cash-Reserven verfügbar gemacht werden, auch wenn das (annehmbare) Kosten erzeugt (zum Beispiel durch Skontierung). Wie müssen zudem die Entscheidungswege und -kriterien im Unternehmen angepasst werden, um die knappe Liquidität zu schützen und für die Zukunft zu nutzen? Hier gilt es, das Cash-Buffer (rotgelb-grün) zu definieren. Darüber hinaus die Entscheidungswege und -kriterien festlegen in Abhängigkeit vom Buffer-Status.

Bei der Frage, wie kann – neben öffentlicher Förderung – zusätzliche Liquidität beschafft
und sinnvoll eingesetzt werden – ausgehend von der Annahme, dass es wieder irgendeine Form von «Normalität» geben wird in der das Unternehmen wieder Geld verdienen kann: Unternehmer / Eigentümer haben in der Vergangenheit Geld entnommen. Wenn sie das Unternehmen fortführen wollen, um damit zukünftig Geld zu verdienen, können sie jetzt Liquidität ins Unternehmen zurückbringen. Hinzu kommt, dass die Mitarbeiter durch Investition in ein an sich gesundes Unternehmen deutlich höhere Zinsen bekommen können als bei der Bank. Doch wie behält das Management stets den vollen Durchblick in solch einer Situation? Es sollte ein tägliches Review von «Days Cash On Hand» erfolgen und zudem den Trend, den aktuellen Stand und die Prognose für die nächsten 13 Wochen im Voraus im Blick haben. Schliesslich die Frage: Wann muss das Management seinen Fokus verschieben – von «Cash» auf einen anderen Engpass? Das erfolgt, wenn der Cash-Buffer nicht mehr auf Rot ist!

Fokus in Krisensituationen
Eine notwendige Voraussetzung dafür, dass ein Unternehmen nachhaltig Erfolg hat, ist, dass das Unternehmen immer mehr Geld verdient. Das heisst, der Durchsatz des Unternehmens wächst schneller als die Betriebskosten. Um das zu erreichen, braucht das Management die volle Fokussierung auf den aktuellen operativen Engpass. Das gilt erst recht in Krisensituationen, in denen sich der Engpass möglicherweise schneller ändert, als man sich das vorstellen kann. Auch wenn es schwer ist, weil wir durch schnelles umfokussieren Massnahmen gar nicht mehr ergreifen oder umsetzen können, so ist es doch möglich – vor allem, wenn man sich bewusst macht: Alles andere beschädigt – gerade jetzt – das Unternehmen.

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